Sinnfreie Anhörung durch Waffenbehörde

Der Mandant ist im Besitz eines kleinen Waffenscheines und hat als Sportschütze eine Waffenbesitzkarte beantragt.

Nun flattert ihm dieses Schreiben vom 19.03.2015 ins Haus und er macht das einzig Richtige, er kommt zu uns!

Focus

ich beabsichtige Ihre waffenrechtlichen Erlaubniss „Kleiner Waffenschein“ gebührenpflichtig zu widerrufen, da Ihre Zuverlässigkeit nicht gegeben ist.

Im Rahmen der Überprüfungshandlungen zu Ihrem Antrag auf eine waffenrechtliche Erlaubnis vom 01.07.2014 wurde bekannt, dass Sie über einen Zeitraum von mindestens zwölf Jahren fortgesetzt im Focus kriminalpolizeilicher Ermittlungen in Bezug auf Eigentumsdelikte, Verkehrsstraftaten sowie Straftaten gegen die Persönlichkeit standen.
Dies sind gemäß § 45 Abs. 2 WaffG nachträglich bekannt gewordene Tatsachen, die zu einer Versagung hätten führen müssen.

Ich gebe Ihnen hiermit Gelegenheit, sich bis zum 09.04.2015 zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

Wenn wir gaaanz großzügig sind, bewerten wir die Behauptung „fortgesetzt im Focus kriminalpolizeilicher Ermittlungen“ nicht als Wertung, sondern als Tatsache. Wie soll er sich dazu äußern, offenbar sind die Ermittlungen verdeckt erfolgt oder führten zur Einstellung oder oder oder?

Wer im Focus kriminalpolizeilicher Ermittlungen steht erhält keine waffenrechtlichen Erlaubnisse? Offenbar hat er sich nichts zu schulden kommen lassen. Nun reicht es schon, wenn man auf dem Locus sitzt und dabei in den Focus kriminalpolizeilicher Ermittlungen gerät. Nicht, daß es eine Unschuldsvermutung gäbe; oder die Behörde Tatsachen benennt, die Zweifel an der Zuverlässigkeit erlauben. Nun reicht es schon, wenn man in den Focus gerät.

Um Nachfragen vorzubeugen: Nein, es ist kein Aprilscherz. Das ist trauriger Ernst. So stellt sich der Mitarbeiter einer deutschen Waffenbehörde rechtmäßiges Verwaltungshandeln vor. Da wird ein Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis auch nach über 8 Monaten nicht beschieden, aber ein kleiner Waffenschein soll widerrufen werden?

Und ganz wichtig: Der Widerruf einer Waffenrechtlichen Erlaubnis wegen mangelnder Zuverlässigkeit wird in das Bundeszentralregister (BZRG) und im Führungszeugnis für Behörden aufgenommen. Siehe unseren Beitrag auf dem Hauptblog.

4 Kommentare
  1. Alex
    Alex sagte:

    Der Fall ist sehr interessant und das Vorgehen der Behörde rechtsstaatlich höchst fragwürdig.

    Es könnte bereits an einer wirksamen Anhörung fehlen, wenn dem Mandanten entgegen § 28 Abs. 1 VwVfG nicht die Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Sofern Ermittlungsverfahren ohne Einstellungsbescheid eingestellt wurden (dies kann bei Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO der Fall sein, vgl. dessen Abs. 2 Satz 2) oder der Einstellungsbescheid – wie üblich (vgl. Nr. 88 RiStBV) – in tatsächlicher Hinsicht nicht näher begründet wurde, sind dem Mandanten die entscheidungserheblichen Tatsachen nicht bekannt und es ist ihm nicht möglich, klarzustellen, warum an den Ermittlungsverfahren nichts dran war und wieso daraus keine negativen Schlüsse auf seine Zuverlässigkeit gezogen werden können. Auch wurden ihm die staatsanwaltlichen Aktenzeichen zu den Ermittlungsverfahren nicht mitgeteilt. Zur Einsicht in das zentrale staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister ist er nicht befugtl. Selbst wenn ihm die Aktenzeichen mitgeteilt worden wären, hätte der Mandant ohne Verteidiger nicht Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft nehmen können (§ 147 Abs. 1 StPO), die Vorgänge also überhaupt nicht näher aufklären können.

    Vollkommen zu recht weisen Sie auch darauf hin, dass nach dem BZRG die eingestellten Ermittlungsverfahren bewusst nicht in das Führungszeugnis aufgenommen werden. Es würde einen Wertungswiderspruch darstellen, wenn wiederholt eingestellte Ermittlungsverfahren bei Waffenbesitzern über den Unzuverlässigkeitsvermerk (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b BZRG) dann gleichwohl zu Eintragungen führen würden.

    Weniger differenziert sieht es hingegen die Literatur:
    Gade/Stoppa, WaffG, 2011, § 5 Rn. 11 (zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG) „Auch wenn keine Verurteilung des Antragstellers erfolgt, so kann zumindest die mehrmalige Auffälligkeit in Ermittlungsverfahren den Schluss auf eine aggressive Grundeinstellung und ein mangelndes Konfliktvermeidungspotenzial rechtfertigen (so auch Apel/Bushart, § 5 WaffG Rn. 14). In diesen Fällen muss davon ausgegangen werden, dass sich die in der Person des Antragst. liegenden Persönlichkeitsmerkmale gleichermaßen auf den Umgang mit Waffen auswirken. Von daher ist zu befürchten, dass dieser Antragst. einen Dritte gefährdenden Umgang mit der Waffe üben wird, weshalb seine Zuverlässigkeit ausscheidet.“

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  2. Dr. Kiel
    Dr. Kiel sagte:

    Praxisnäher sieht es Meixner:

    Kurt Meixner Praxis der Kommunalverwaltung K 31 a Bund Oktober 2012 (zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG)

    Bei dieser Vorschrift geht es um die auf TATSACHEN – Vermutungen genügen nicht – gestützte Prognose waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens , das mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, der Betroffene werde künftig die öffentliche Sicherheit dadurch gefährden, dass er Waffen oder Munition missbräuchlich oder
    leichtfertig, d. h. unter Außerachtlassung jeglicher Sorgfalt, verwendet (Buchst. a) , mit diesen Gegenständen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgeht oder sie nicht sorgfältig verwahrt (Buchst. b) – s. hierzu VG Saarbrücken, Urt. vom 16. 12. 2010 – 1 K 225/10 –, Jagdr.E XVII Nr. 215 – oder Waffen oder Munition unbefugten Personen
    überlässt (Buchst. c) (s. dazu auch RN 10 zu § 45 WaffG). Die TATSACHEN müssen NACHGEWIESEN und so erheblich sein, dass sie den Schluss auf die Unzuverlässigkeit des Betroffenen zulassen (VG Käln, Beschl. vom 8. 8. 2010 – 20 L 465/10 –, Jagdr.E XVII Nr. 216).

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  3. Annette M.
    Annette M. sagte:

    Wir haben den 23. Dezember 2016
    Zwei Bekannte wurden von der Polizei angeschrieben und mitgeteilt, daß im Rahmen eines Datenaustausch eine mögliche Reichsbewegungszugehörigkeit bekannt wurde und der Kleine Waffenschein (für Tränengas) mangels möglicher Zuverlässigkeit aberkannt werden soll.
    Was war geschehen? Die Bekannten hatten sich vor 6 Jahren einen Staatsangehörigkeitsausweis ausstellen lassen und seitdem nie in Verfahren verwickelt gewesen. Keine „Knolle“, brav Steuern bezahlt, nie die BRD geleugnet, beide Apothekeninhaber und nun verdächtigt, Reichsbürgersympatihsanten zu sein. Während im Land die Ausländer-Clans der Polizei den offenen Kampf angesagt haben, fällt der verdutzte Deutsche in die Kriminalmaschinerie.
    Wie wird Zuverlässigkeit definiert?

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