Ein durchschnittlich aufmerksamer Nutzer

muss demenstprechend von der Kostenpflichtigkeit ausgehen.

urteilt das Landgericht Darmstadt am 23.03.2012 – 8 O 454/10 –

Das Urteil fand keine Sympathisanten im Netz[1], ist aber endlich einmal ein landgerichtliches Urteil und bestätigt die vielen amtsgerichtlichen Entscheidungen.

Das Gericht hat, wohl weil es eine entgegengesetzte Entscheidung zu Gunsten der Klägerin kannte, hilfsweise ausgeführt:

Außerdem sind auch die Voraussetzungen für eine bewußte Täuschungshandlung – selbst wenn man den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellen würde, nicht in ausreichendem Maße dargelegt. Auch wenn der Hinweis auf die Zahlungspflicht auf der in der Anlage K1 dargestellten Webseite nicht sonderlich groß ist und inzwischen von der Politik auch eine bessere Kennzeichnungspflicht für Internetseiten gefordert wird, so ist aufgrund des vorliegenden Kostenhinweises grundsätzlich von einem Vertragsschluss der Anmeldenden mit der Beklagten auszugehen. Der Kostenhinweis ist grundsätzlich direkt neben dem Anmeldefeld sichtbar, ohne daß der Nutzer auf der Internetseite weiterscrollen müsste. Es handelt sich hierbei auch nicht um einen langen Text, in dem die Kosten versteckt sind. Ein durchschnittlich aufmerksamer Nutzer muss dementsprechend von der Kostenpflichtigkeit ausgehen.

Wen müssen wir schützen? Muß der unterdurchschnittlich aufmerksame Nutzer geschützt werden?

Wieso erfolgt eigentlich grundsätzlich die Prämisse, der Nutzer hätte den Kostenhinweis nicht wahrgenommen?

Gibt es nicht auch eine erhebliche Anzahl von Nutzern, die sich nicht um die Kostenpflicht scheren und die Leistungen in der sicheren Erwartung in Anspruch nehmen, daß die Forderung aus tatsächlichen Gründen nicht durchgesetzt werden kann?

Das Landgericht in Zivilsachen in Darmstadt urteilt, daß keine Täuschungshandlung vorläge; mal sehen, wie das Landgericht in Strafsachen in Darmstadt entscheiden wird. Es wird auch auf die Entscheidung des OLG Thüringen blicken, das auch einen Sternchenhinweis genügen läßt.

  1. [1]Ein Absurdum sondergleichen zieht weiter seine Runden.Beluga
8 Kommentare
  1. David
    David sagte:

    Neben den hier Angeklagten stehen nicht erst seit heute auch die sogenannten „Abzocker“ von Hubert Burda Media in der Kritik. Die Jungs und Mädels sollen nämlich „Arschlochgeschäfte“ über ihre Tochtergesellschaft Burda Wireless betreiben. Hubert Burda ist der Typ mit dem großen Bundesverdienstkreuz (Das hat er nicht für seine Internetdienste bekommen), der einst sagte, mit Internetdiensten ließe sich kein Geld verdienen.

    „Das wollen wir doch mal sehen“, muss er sich gedacht haben, als er etwas später die Burda Wireless GmbH innerhalb seines Konzerns gründete. Über das doch sehr beeindruckende Ergebnis berichtet der Spiegel Online:

    http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,827292,00.html

    Und so sehen die Werbeseiten des von der Gesellschaft betriebenen Anbieters „Tuneclub“ aus: http://www.oberlehrer.de/wp-content/uploads/2009/06/tune-club-abofalle.jpg

    Die Abgrenzung zwischen einer kostenlos in Anspruch zu nehmenden Leistung (100 Tune-Club Free SMS pro Woche) und dem Kauf von 100 Tunies im Tune-Club ist auf den ersten Blick nicht offensichtlich. Wie in der Werbung üblich wird prägend mit einem Vorteil geworben, der Rest steht im Kleingedruckten (siehe unten).

    Unabhängig davon, ob hier möglicherweise ein zivilrechtlicher Verstoss gg. die Preisangabenverordnung vorliegt, haben diverse Staatsanwaltschaften Ermittlungsverfahren, die sich u.a. auf dem Vorwurf des Betruges begründeten, eingestellt. Beispielsweise die Generalstaatsanwaltschaft München hat mit Bescheid vom 11.01.2010 (Az: 17 Zs 48/10) eine Beschwerde gegen die Einstellung der StA München I zurückgewiesen.

    Ein Anwalt, mit dem ich eine nette Plauderei über dieses Thema hatte – und der ebenfalls nicht von einer Strafbarkeit dieser Angebotsausgestaltung im Sinne des § 263 StGB ausgeht -, sagte sehr treffend: „Naja, es ist ja Burda“.

    Möglicherweise hat irgendwer sich auch schonmal gesagt: Naja, es ist ja Olaf Tank.

    Versuchen wir das doch einfach mal…

    Antworten
  2. Klaus
    Klaus sagte:

    „Muß der unterdurchschnittlich aufmerksame Nutzer geschützt werden? “

    NATÜRLICH NICHT! EIn ausschließlicher Schutz der (über-)durchschnittlichen Hälfte der Bevölkerung ist völlig legitim und ausreichend. In sehr vielen anderen demokratischen Ländern (z.B. der islamisch-demokratischen Republik Iran) ist der Rechtsschutz ähnlich, und zwar nach nach Geschlecht oder ethnischer Herkunft, geregelt – und das seit Jahrhunderten erfolgreich!

    Ganz können wir das natürlich nicht machen. Juden rechtlos zu stellen kommt heutzutage überhaupt nicht mehr gut an. Türken gingen schon eher, aber es müssen ja auch noch Wahlen gewonnen werden. Also, wonach teilen wir die Gesellschaft ein? Nehmen wir doch einfach den IQ, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft. Alles unter 100 ist unterdurchschnittlich. Es passt auch ins Konzept: Der unterdurchschnittliche Nutzer, der entweder einen deutlichen Kostenhinweis übersieht ODER sich bewusst anmeldet und 192€ für den Erhalt eines Download-Links für weithin bekannte, kostenlose Software ausgibt, hat definitiv in einen IQ von unter 100.

    In einer aufgeklärten Gesellschaft ist das also die einzig legitime Separation in schützenswerte und schutzunwürdige Teile der Bevölkerung!!! (In einem zweiten Schritt entziehen wir den unterdurchschnittlichen Nutzern dann auch das Wahlrecht, damit hat sich das Piratenpartei-Problem erledigt).

    „Gibt es nicht auch eine erhebliche Anzahl von Nutzern, die sich nicht um die Kostenpflicht scheren und die Leistungen in der sicheren Erwartung in Anspruch nehmen, daß die Forderung aus tatsächlichen Gründen nicht durchgesetzt werden kann?“

    SEHR GUTER HINWEIS! Wir drehen einfach den Spieß um und definieren die zahlungsunwillige Kundschaft, die etwa 80% am Gesamtkundenstamm ausmacht, um zu Betrügern. Herr Burat, um die insgesamt 10.000* Strafanzeigen gegen Sie, die ja sowieso regelmäßig eingestellt werden, sind doch ein Witz, es wird endlich Zeit zurückzuschlagen und mit 500.000 Strafanzeigen gegenzuhalten: Die Zahlpflicht ist doch längst geklärt, jetzt brauchen wir endlich STRAFE, VOLLSTRECKUNG UND ERZWINGUNGSHAFT FÜR ZAHLUNGSVERWEIGERER!!!! Es geht hier schließlich nicht um Bagatellen …

    (*Anm. für unterdurchschnittliche Nutzer und die anderen, die es trotz ihrer Überdurchschnittlichkeit nicht erkannt haben: Dieser Beitrag ist insgesamt ironisch gemeint. Zahlen sind ironisch übertrieben und getroffene Aussagen stellen keine Tatsachenbehauptungen, sondern nur eine persönliche Meinungsäußerungen dar. Hilfsweise erkläre ich, dass es sich um ein Gedicht handelt und damit der künstlerischen Freiheit unterliegt. Und nur der Form halber: unterdurchschnittliche Nutzer dieses Blogs und Herr Burat haben sowieso keine Chance gegen mich.)

    Antworten
  3. Klaus
    Klaus sagte:

    @David: Alleine der Name Burda garantiert doch schon für die Seriosität dieses Geschäftsmodells (Beweis: Der fängt auch mit „Bur“ an)

    Antworten
  4. RA Jede
    RA Jede sagte:

    @ Klaus:

    Herzlichen Dank für Ihren – polemischen – Beitrag! Sehr schön!

    Aber gestatten Sie bitte den Hinweis, daß er letztlich feige ist und Sie sich vor einer Entscheidung drücken.

    Wer muß und wer soll geschützt werden?

    Das ist die entscheidende Frage. Wir haben zu entscheiden in einem Spektrum vom Analphabeten, der den Hinweis „Jetzt zahlen!“ nicht versteht, über den durchschnittlichen Nutzer (nach der Gaußschen Normalverteilung ≥ Mittelwert) bis hin zum Kautelarjuristen mit zwei Staatsexamina, der die AGBs entworfen hat.

    Wenn wir am oberen Ende ansetzen, ist nahezu die gesamte Bevölkerung ungeschützt dem Markt ausgesetzt. Wenn wir am unteren Ende ansetzen, gibt es keinen Markt mehr, jedes Geschäft wäre Betrug.

    Wo endet Schutz und beginnt die Bevormundung?

    Antworten
  5. Klaus
    Klaus sagte:

    Der Schutz der Bevölkerung ist natürlich eine Sache, aber die objektive Analyse der Geschäftsmodelle, um die es hier geht, doch eine ganz andere.

    Die zentrale Frage ist doch: Würde sich tatsächlich der durchschnittlich informierte und aufmerksame Nutzer ernsthaft und bewusst auf diesen Seiten unter voller Kenntnis der entstehenden Kosten und gebotenen Leistungen anmelden? Das ist doch ganz klar zu verneinen! Die Angebote sind in der Regel nachgewiesen nutzlos bzw. bedienen sich an kostenfreien Angeboten aus dem Internet. Jedenfalls steht die angebotene Leistung nie in einem realistischen Verhältnis zum verlangten Preis, der Erstellungsaufwand der Angebote ist marginal, besteht oft aus statischen html-Seiten mit ansonsten frei verfügbaren Informationen. Der wissende Kunde würde zumindest mit seiner Anmeldung einen Kaufpreis bestätigen, ohne vorher die tatsächliche Gegenleistung zu kennen. Alleine dieser Punkt ist unrealistisch; dieser Kunde würde sich zumindest in Anbetracht des aufgerufenen Preises von 192€ kurz an unabhängiger Stelle über die gebotene Leistung informieren, womit es natürlich auch nicht zum Vertragsschluss kommen würde – google kann schließlich jeder bedienen, das Internet ist voll mit Beschwerden über diese Angebote, Verbraucherschutzverbände warnen seit langem.

    Zusätzlich wird natürlich von den Anbietern im Rahmen der „unternemerischen Freiheiten“ alles getan, um zu vermeiden, dass der unterdurchschnittlich aufmerksame Nutzer auf die Kostenpflicht des Angebotes aufmerksam gemacht wird:

    – es gibt keine Möglichkeit, zwischen alternativen Zahlungsmethoden zu wählen, wie es sonst bei seriösen Angeboten üblich ist.
    – der Kostenhinweis ist im Fließtext versteckt.
    – der entsprechende Fließtext wird in der Überschrift als „Vertragsinformation“ statt als „Zahlungsbedingung“ oder „Kostenhinweis“ bezeichnet.
    – die Aufmerksamkeit des Nutzers wird um den Kostenhinweis herum gelenkt, z.B. durch Darstellung in separaten, optisch abgetrennten Spalten, Plazierung zwischen anderen, irrelevanten Informationen o.ä..
    – es gibt keine Bestellbestätigung.
    – Die Rechnungsstellung erfolgt regelmäßig erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist.

    Unter diesen Gesichtspunkten ist wohl eine ernsthafte, gerichtsverwertbare Analyse dieser Angebote, z.B. auch durch ein wahrnehmungspsychologisches Gutachten, meines Wissens nie passiert. Es oblag immer der subjektiven Meinung des Gerichts, was man vom durchschnittlichen Nutzer erwarten darf – Ob nun gerade ein Richter, dessen Lebensinhalt aus dem Durchlesen vom Kleingedruckten in Verträgen besteht, die richtige Person ist, das zu beurteilen, weiß ich nicht.

    Aus entsprechenden Gutachten könnte man allerdings objektiv ableiten, ob da tatsächlich bewusst relevante Vertragsbestandteile verschleiert werden, um Benutzer zum Vertragsabschluss zu bringen. Ob der Kunde dann einen IQ von 50 oder 150 hat, wird in diesem Moment natürlich irrelevant; der Betrug wäre nachgewiesen.

    Und nicht zuletzt, um auf die Frage, Wer muß und wer soll geschützt werden?, zurückzukommen: Wenn man eine Seite entsprechend gestaltet, gerade um grenzdebile Deppen reinzulegen, müssen doch auch diese geschützt werden, oder nicht?

    Antworten
  6. RA Jede
    RA Jede sagte:

    @ Klaus:

    Die dauernde Wiederholung macht eine Behauptung nicht zutreffend.

    Würde sich tatsächlich der durchschnittlich informierte und aufmerksame Nutzer ernsthaft und bewusst auf diesen Seiten unter voller Kenntnis der entstehenden Kosten und gebotenen Leistungen anmelden? Das ist doch ganz klar zu verneinen! Die Angebote sind in der Regel nachgewiesen nutzlos bzw. bedienen sich an kostenfreien Angeboten aus dem Internet. Jedenfalls steht die angebotene Leistung nie in einem realistischen Verhältnis zum verlangten Preis, …

    „Das ist doch ganz klar zu verneinen!“?

    Aus wessen Sicht? Trifft das Gleiche nicht auch auf Millionen anderer Angebote zu? Wieso kaufen die Leute die Bild-Zeitung? Oder, noch schlimmer, die Süddeutsche? Schalten Sie den Fernseher an und fragen sich, warum das gesendet wird? A. B, oder C. Rufen Sie an! Der Gewinner … Schaffen Sie es zwei Stunden vor dem Fernseher zu sitzen und Privatsender zu gucken ohne zu k…? Wobei die öffentlich-rechtlichen sich auch dem nicht vorhandenen Publikumsgeschmack anpassen müssen. Alles verbieten? Alles Betrug?

    Stellen Sie sich vor ein Regal im Supermarkt und fragen sich, wieso die Leute so etwas kaufen?

    Würde sich tatsächlich der durchschnittlich informierte und aufmerksame Käufer ernsthaft und bewusst auf dieses Produkt unter voller Kenntnis der entstehenden Kosten und gebotenen Leistungen auf den Kauf einlassen? Das ist doch ganz klar zu verneinen! Die Angebote sind in der Regel nachgewiesen nutzlos bzw. verpacken kostenfreie Angebote. Jedenfalls steht die angebotene Leistung nie in einem realistischen Verhältnis zum verlangten Preis,..

    Wer bestimmt das? Sie? Jemand anders?

    Antworten
  7. Klaus
    Klaus sagte:

    Wer bestimmt das? Sie? Jemand anders?

    Normalerweise der Markt, über Angebot und Nachfrage. Nehmen wir mal an, es gäbe tatsächlich einen nennenswerten Markt im Bereich des Angebots kostenpflichtiger Downloads freier Software. Der durchschnittliche Informatik-Student hätte ein entsprechendes Angebot in einer Woche zusammengezimmert (ich bin selbst Dipl.-Ing. und kann das beurteilen), er könnte sehr schnell sehr günstige Preise anbieten, große Investitionen sind hierfür gar nicht notwendig. Also wieso treten hier keine Mitbewerber in einen echten Wettbewerb zu den „etablierten“ 192€-Anbietern? Ganz einfach: Weil dieser Markt gar nicht existiert, weil niemand freiwillig Geld dafür ausgibt, weil alles nur inszeniert wird, um Leuten Vertragsschlüsse anzuhängen, die diese gar nicht wollen.

    Antworten

Trackbacks & Pingbacks

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert