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Munitionserwerbsberechtigung und Voreintrag

Die Munitionserwerbsberechtigung im Voreintrag kann gefährlich werden

Die Munitionserwerbsberechtigung kann (und sollte) durch eine Eintragung in die WBK erteilt werden, § 10 Abs. 3 Satz 1 WaffG. Wurde aktuell kein Jagdschein gelöst, ist dies die einzige Möglichkeit, die Berechtigung zum Besitz der Munition nachzuweisen.

Jetzt droht neues Ungemach: Wer sich einen Voreintrag für eine Kurzwaffe eintragen läßt, beantragt und erhält regelmäßig auch die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der Munition (Munitionserwerbsberechtigung) für diese Schußwaffe. Der glückliche Besitzer der WBK geht zum Waffenhändler seines Vertrauens, kauft die zum Voreintrag passende Waffe und gleich die zugehörige Munition, um sich sofort auf dem Schießstand mit dem Neuerwerb vertraut zu machen. Gesetzestreu läßt er dann bei der Waffenbehörde die WBK  entsprechend vervollständigen.

Strafverfahren wegen unerlaubten Munitionsbesitzes

Dies führte in letzter Zeit zu mehreren Strafverfahren gegen die Waffenbesitzer. Dies ist kein Scherz, sondern trauriger Ernst! Wir hatten bereits vor Jahren von einem solchen Fall berichtet mit dem Untertitel „Was haben die denn geraucht?“

Es wird mit dem Wortlaut von § 10 Abs. 3 Satz 1 WaffG argumentiert:

Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Munition wird durch Eintragung in eine Waffenbesitzkarte für die darin eingetragenen Schusswaffen erteilt.

Der Voreintrag wird nicht für eine individualisierte Waffe erteilt, sondern bspw. für eine halbautomatische Pistole, Kat. B, 9 mm. Mit diesem Voreintrag in der WBK darf der Waffenhändler dann eine entsprechende Pistole, bspw. eine Glock 19, 9 mm Luger, verkaufen und die Waffenbehörde trägt im Anschluß auf Antrag des Inhabers der WBK den Hersteller, die Modellbezeichnung und die Seriennummer ein.

So sieht der Voreintrag in einer Waffenbesitzkarte aus

Zusammengefaßt: Die Waffenbehörde trägt zunächst in die WBK eine Schußwaffe ein und erteilt eine Munitionserwerbsberechtigung in Spalte 7, das sieht dann so aus:

In meinen Augen eindeutig. Ein Verwaltungsakt, der zum Erwerb und Besitz von für die Waffe bestimmter oder zugelassener Munition berechtigt. In diesem Fall Munition für eine halbautomatische Pistole der Kat. B im Kaliber 9 mm Luger.

Keine schwebende Unwirksamkeit von Verwaltungsakten (VAen)

Die Apologeten anderer Ansicht meinen, „dass die Munitionserwerbsberechtigung noch schwebend unwirksam ist, solange die Waffe noch nicht durch die zuständige Waffenbehörde in die WBK eingetragen wurde, auch wenn die Munitionserwerbsberechtigung durch das Dienstsiegel in die WBK eingetragen wurde.“

Das kennen wir Juristen gut, schwebend unwirksam, das begleitet uns schon seit dem Studium. Und auch die Erkenntnis, daß das Verwaltungsrecht vieles anders, manches ganz anders regelt. Da hilft dann ein Blick in die teure Spezialliteratur, die Kommentare und Handbücher des Waffenrechts, nicht weiter. Grundlagenliteratur sagt uns:

Schwebende Unwirksamkeit? Das Verwaltungsrecht kennt anders als das bürgerliche Recht und das Verwaltungsvertragsrecht (-> § 58 Rn 19) keine schwebende Unwirksamkeit von VAen, die durch nachträgliche Genehmigung oder Zustimmung geheilt werden kann. (Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 24. Aufl. 2023, § 43 Rn 61)

Das ist natürlich für Waffenhändler eine heiße Kiste. So manch einer der Besuchten nach einer unangemeldeten Waffenlagerungskontrolle wird sich in der Beschuldigtenvernehmung darauf berufen, daß ihm schließlich der Waffenhändler aufgrund der gesiegelten Eintragung in Spalte 7 der WBK die Munition verkauft hat.

Sie ahnen es bereits? Wir stehen Ihnen auch in einem solchen Fall mit Rat und Tat zur Verfügung – Kontakt

Für dieses Jahr verabschieden wir uns von Ihnen mit den besten Wünschen für ein friedliches Weihnachtsfest und ein gesundes und gutes Jahr 2024 und freuen uns darauf, Sie auch in 2024 zu unseren Lesern zählen zu dürfen!

 

 

Der Widerrufsjoker wird vom EuGH erneut ins Spiel gebracht

Sicherstellen – aber was?

Ein Beitrag für unsere Sammlung Kuriositätenkabinett. Eine wohl völlig überarbeitete und unter Zeitnot stehende Amtsrichterin hat einen Duchsuchungs- und Sicherstellungsbeschluß gefaßt, der bei den ausführenden Beamten sicherlich zur Verzweiflung führte:

Nach §§ 23 Abs.1 S.1 Nr.2, Abs.1 S.2, 24 Abs.1 und 25 Nr.1 Brandenburgisches Polizeigesetz (BbgPolG) wird die Durchsuchung der Person der Betroffenen, deren Wohnräume, Nebenräume, und der ihr gehörenden Sachen, einschließlich genutztem PKW, angeordnet.

Die vorgefundenen Sachen sind in Verwahrung zu nehmen oder in anderer geeigneter Weise sicherzustellen, um gegenwärtige Gefahren abzuwehren.

Die Entscheidung ist sofort wirksam.

Die Richterin ordnete damit unbewußt einen kompletten Auszug an. Alle vorgefundenen Sachen sind in Verwahrung zu nehmen.  Da braucht man dann einen Umzugswagen.

Aber alles ging gut. Die Polizeibeamten lasen die Gründe der Entscheidung und wußten daher, wonach sie suchen sollten.

Ach ja: Der Beschluß erging gegen einen männlichen Betroffenen.  Es gibt einfach solche Tage.

Junger Mensch

 

Junger Mensch? Warum ist es schlimm, ein Kind ein Kind zu nennen?

Es wurmt mich, wenn ich in einem Schriftsatz Rechtsbegriffe falsch verwende. Wenn ich zum Beispiel in einem Strafbefehlsverfahren vom Angeschuldigten spreche. Aber das passiert im Alltagsgeschäft nun mal. Es ärgert mich trotzdem.

Wenn der gleiche Fehler einem anderen unterläuft, sehe ich -ohne mich zu ärgern- selbstverständlich darüber hinweg.

Wenn aber ein Jugendamt in dem gerichtsförmlichen Verfahren auf Übertragung des alleinigen elterlichen Sorgerechts, § 1671 BGB, meint, den gesetzlich bestimmten Rechtsbegriff des Kindes nicht anwenden zu müssen, sondern durch „jungen Menschen“ ersetzen zu dürfen, dann ärgere ich mich nicht nur; es kräuseln sich mir die Fußnägel. Es ist auch falsch!

Die deutsche Rechtssprache ist eine Errungenschaft, mag sie auch nicht jedem gefallen.

Das Amtsdeutsch hat die Rechtssprache ohne wenn und aber zu respektieren und zu nutzen.

In einem Sorgerechtsstreit gibt es die Eltern, Mutter, Vater und die Kinder.

Der Begriff des jungen Menschen taucht im BGB nicht auf. Er hat dort auch nichts zu suchen.

Junger Mensch ist ein Begriff des Sozialrechts, § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII, und meint im Kontext der Kinder-und Jugendhilfe diejenigen, die noch nicht 27 Jahre alt sind.

Eltern können demnach auch junge Menschen sein.

Was also ist so schlimm daran, ein Kind ein Kind zu nennen?

Ich weiß es nicht!

 

Krieger schläft

Anrufbeantworter

Morgens um 09 Uhr wird der Anrufbeantworter abgeschaltet und die Aufzeichnungen derjenigen Anrufer, die uns eine Nachricht hinterlassen haben, werden abgehört.

Heute habe ich einen Anruf im wesentlichen mitgeschrieben, die Anruferin hatte uns im Internet recherchiert:

Anwältin angezeigt, weil ich finde, daß das nicht auf dem Boden der Verfassung stand, was die gemacht hat. Bisschen komplexerer Fall. Meine, es wäre ganz gut jetzt einen Anwalt dazu zu nehmen. Die Rechtsanwaltskammer prüft nicht einmal, sondern lehnt das ab. Alles ganz merkwürdig. Das kann nicht sein, irgendwie leben wir ja doch in einem Rechtsstaat. Wollte fragen, ob Sie mir weiterhelfen können, wobei ich gleich sage, das wäre mit Verfahrenskostenhilfe. Aber ich denke, daß ich die kriegen würde; was soll ich sagen, das wäre auch ein super Fall für Gerechtigkeit auch für Frauen und Alleinerziehende

Welchem Kollegen (männlich) schicke ich den Anruf auf seinen persönlichen Anrufbeantworter?

Ja, ich mache gerne Berufsrecht, habe aber keine Ahnung vom Familienrecht. Das wäre dann ja wohl ein Fall für unseren Fachanwalt für Familienrecht Andreas Schulze? Wenn ich die Anruferin richtig verstehe, ist sie von einer Anwältin als alleinerziehende Mutter in eine Opferrolle gedrängt worden: Ein Fall für unseren Opferanwalt Nikolas Krähn!

Noch habe ich keine Anhaltspunkte dafür, die Sache meiner Frau überzuhelfen. Wenn Mann nur konsequent genug nachfragt, ergeben sich vielleicht doch Bezüge zum Mietrecht oder Zweckentfremdungsrecht?

Der Vorteil einer Partnerschaft von Rechtsanwälten ist die Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen und das wäre doch so ein Fall, in dem alle Partner sich des Themas zum Wohle der alleinerziehenden Mutter annehmen und der Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit zum Durchbruch verhelfen.

 

Auslagenentscheidung bei Einstellung

Liebe Kollegen Rechtsreferendare in Nordbayern,

gestern hatte ich das besondere Vergnügen, vor einem Amtsgericht in Oberfranken zu verteidigen. Es ging um ein harmloses Kinderspielzeug, das von Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter als verbotene Waffe klassifiziert wurde und tateinheitlich um das Führen eines zu langen Messers (15,5 cm).

Einstellung § 153 II StPO

Nachdem das von uns angeregte Gutachten ergab, daß die Zwille nicht dem Waffengesetz unterliegt, stellte der Richter das  Verfahren ein:

1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Angeschuldigten[1]  Ratlos Rudi mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft und mit Zustimmung des Angeschuldigten gemäß § 153 Abs. 2 StPO
eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Der Richter Dr. X war über die Beschwerde und die Aufhebung durch das Landgericht echt erbost (zur Geschichte siehe den Link oben) und kam nach kurzer Verhandlung zum erwarteten Urteil. In einer persönlichen Anmerkung nach der Urteilsverkündung ließ er seinem Unmut freien Lauf:

Warum ich es nicht bei der Einstellung belassen hätte? Die notwendigen Auslagen des Angeklagten seien doch von seiner Kostenentscheidung umfaßt, der Kostenbeamte hätte die Verteidigungskosten als notwendige Auslagen des Angeklagten festgesetzt. Meinen Einwand, dies stimme nicht, fegte er mit dem Argument vom Richtertisch, er wisse es besser, er sei schließlich Ausbilder einer Referendararbeitsgemeinschaft und bringe dies so seinen Referendaren bei.

Notwendige Auslagen des Angeklagten

Falls Sie zu den glücklichen Teilnehmern der AG gehören:

  • Werfen Sie einen Blick in das Gesetz: § 464a Abs. 1 Satz 1 StPO definiert den Begriff der Kosten. Die Anwaltsgebühren gehören (mit Ausnahme der Pflichtverteidigergebühren) nicht zu den Kosten und Auslagen des Gerichtes.
  • § 467 Abs. 1 StPO bestimmt den Regelfall, wonach die Auslagen der Staatskasse zur Last fallen.
  • Schauen Sie bitte in die Kommentierung, bspw. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 467 StPO, RN 20:

Werden der Staatskasse nur die Verfahrenskosten auferlegt, so darf das, auch wenn es sich zweifelsfrei um einen Fall des I handelt, nicht dahin ausgelegt werden, dass auch die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten gemeint sind (m. w. N.).

  • Und auch die Kommentierung zu § 464 StPO (a. a. O.) ist eindeutig:

Rn. 12: Beim Fehlen einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, dem sie entstanden sind.

 

Moral von der Geschicht: Nicht alles was ein promovierter Amtsrichter in der Arbeitsgemeinschaft erzählt ist richtig. Sie machen nichts falsch, wenn Sie grundsätzlich über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten entscheiden.

  1. [1]nachdem der Richter zuvor einen Strafbefehl erließ, ist diese Bezeichnung natürlich, wie Sie sicherlich wissen, völlig daneben § 157 StPO