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Olaf Tank nun auch in Landshut angeklagt – Staatsanwaltschaft verweigert Aktenübersendung

Atomkraftwerk Isar 2Auch in diesem Verfahren, wie im Parallelverfahren Darmstadt, begrüßt die Verteidigung die Möglichkeit, ihre Argumente nunmehr einem unabhängigen Gericht vortragen zu können und vertraut auf die Strafgerichtsbarkeit.

Wo nur heißer Dampf ist, brennt kein Feuer!

In Bayern gehen die Uhren aber anders. Ein schwieriges Pflaster für die Berliner Verteidiger. Wir sind es gewohnt, von der Staatsanwaltschaft entsprechend Recht und Gesetz die Gelegenheit zum rechtlichen Gehör zu erhalten. Dazu gehört die Akteneinsicht in die vollständigen Akten der Ermittlungsbehörde, wie sie dem Gericht vorzulegen sind. Dies ist bisher trotz mehrfacher Beschwerden nicht geschehen. Der Ton ist rauh:

Die Ermittlungen waren und sind noch nicht abgeschlossen; ein vollständige Akteneinsicht während laufender Ermittlungen ist in aller Regel schon aus tatsächlichen Gründen nicht durchführbar. Von einer bewussten Täuschung kann damit keine Rede sein. Wie Ihnen mit Schreiben vom 15.01.2012 bereits mitgeteilt wurde, werden Sie vor einer Abschlussverfügung noch Einsicht in die ausstehenden Aktenteile erhalten.

Das war die Beschwerde wegen der Übersendung einer CD in Beantwortung eines Antrages auf Akteneinsicht ohne Hinweis auf deren Unvollständigkeit. Ich werde mir in Landshut angewöhnen, grundsätzlich eine Vollständigkeitsbescheinigung anzufordern.

Dann kam es Dicke:

in Anlage erhalten Sie eine DVD mit den restlichen Aktenbestandteilen, soweit sie elektronisch vorliegen. Die Kontoauskünfte, welche 9 Bände umfassen und Grundlage für den Arrestbeschluss sind, sind nicht elektronisch vorhanden. Dies umfasst insbesondere hinsichtlich des Sonderbandes „Vermögensabschöpfung“ die Akten, so wie sie dem Gericht vorgelegt wurden. Eine Aktenübersendung wird nicht erfolgen, da diese zu umfangreich sind. Darauf besteht auch kein Anspruch. Wenn Sie sich selbst von der Vollständigkeit der elektronischen Fassung überzeugen wollen, steht es Ihnen frei, sich davon hier in der Staatsanwaltschaft zu überzeugen. Lediglich der Vollständigkeit halber weise ich darauf hin, dass die Aktenführung Sache der Staatsanwaltschaft ist. Beschwerden gegen diese werden daher nicht dazu führen, dass die Akte umgestaltet wird.

Nun, die Staatsanwaltschaft versendet verschlüsselte DVDs, die nicht lesbar sind, worauf wir hingewiesen haben. Auch eine von uns beauftragte Fachfirma konnte nur bestätigen, daß keine Datei auf den DVDs vorhanden war. Bisher ist bei uns keine lesbare DVD eingegangen.

Der zweite Verteidiger im Verfahren hat eine lesbare DVD erhalten. Die schlechte Qualität der von der Staatsanwaltschaft durchgeführten Digitalisierung führt dann dazu, daß ein Band mit 25 Blättern 1,75 MB groß ist und das Lesen nur qualvoll erfolgen kann.

Wir werden daher nun die Gelegenheit nutzen und Akteneinsicht beim Gericht beantragen und hier weiter berichten.

Besonderes Augenmerk werden wir auf die Frage richten, warum wohl in Landshut während eines in Darmstadt laufenden Parallelverfahrens angeklagt wird, in dem gleiche Taten als uneigentliches Organisationsdelikt angeklagt sind. Ist es zumutbar, sich gleichzeitig in zwei Umfangsverfahren verteidigen zu müssen? Haben sich die Staatsanwaltschaften abgesprochen und wollen Entscheidungen von zwei verschiedenen Senaten des BGH einholen?

Journalismus geht anders

Wir sind mit einer Pressemitteilung am Samstag, 31.03.2012 um 14:35 ins Netz gegangen und haben über die Zulassung der Anklage berichtet. Für Presseanfragen haben wir eine eigene eMail-Adresse eingerichtet.

Keine Reaktion der Presse, das Thema interessiert keinen.

Die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet dann am 04.04.2012 über die Zulassung der Anklage und berichtet,

Staatsanwaltschaft sichert Vermögen des Osnabrücker Skandal-Anwalt Olaf Tank – Zur Entschädigung der Opfer

Warum fragt man nicht die, die es wissen müssen und sich dazu bereit erklärt haben, nicht uns? Was dabei herauskommt wenn jemand ohne saubere Recherche schreibt, ist im verlinkten Bericht zu sehen:

Den mutmaßlichen Schaden decken die gesicherten Werte nicht ab. Den beziffert die Landshuter Behörde auf über 4,6 Millionen Euro. „Das ist die Summe, die nach unseren bisherigen Ermittlungen durch die Hand von Herrn Tank gegangen ist“, sagte Staatsanwalt Georg Freutsmiedl. Im Bundesanzeiger steht die exakte Summe: 4652720,12 Euro. Die Sicherung wird veröffentlicht, damit Geschädigte ihre Ansprüche geltend machen können. Sie müssen dazu der Staatsanwaltschaft Landshut den Schaden nachprüfbar darlegen.

Olaf Tank hat Beschwerde gegen die Sicherung seines Vermögens eingelegt. Darüber entscheidet das Oberlandesgericht München.

Zunächst einmal ist die Aufforderung, den Schaden bei der Staatsanwaltschaft Landshut nachprüfbar darzulegen, um an den sichergestellten Werten zu partizipieren, völliger Unsinn. Wer Geld aus den sichergestellten Beträgen erhalten will bedarf eines zivilrechtlichen Urteils, eines Titels. Also: Ab zum Geicht und Klage erheben. Die Zivilgerichte urteilen aber sehr unterschiedlich. Bisher sind bis auf wenige Ausnahmen nur Entscheidungen der Amtsgerichte bekannt, die die Klagen abgewiesen haben, vgl. unsere Pressemitteilung. Die Wahrnehmung der NOZ ist diesbezüglich sehr selektiv. Wir stellen ihr aber gerne unsere Sammlung zur Verfügung.

Daß das Oberlandesgericht über eine Beschwerde gegen einen Arrest entscheidet, ist doch sehr ungewöhnlich. Warum fragt denn keiner nach?

Zuständig für den Arrest ist das Amtsgericht. Beschwerde wird beim Landgericht dagegen eingelegt. Dann ist Schluß! Nix Oberlandesgericht! Es sei denn, …

der Betroffene erfährt erstmals durch die Entscheidung des Landgerichtes von seinem „Glück“ und dann soll ihm natürlich die Möglichkeit gegeben werden, sich gegen den Arrest zu wehren. Mit anderen Worten: Die Staatsanwaltschaft ist zunächst mit ihrem Antrag gescheitert und erst mit der Beschwerde gegen diese Entscheidung erfolgreich gewesen. All das hätte der Journalist durch eine einfache Frage an einen Anwalt erfahren können, ohne die Akte zu kennen.

Stellen sich für den Journalisten keine Fragen, warum gegen den Anwalt, der das Inkasso für die angeblich betrügerischen Seiten betrieb und der bereits seit Monaten nicht mehr in der Branche tätig ist, Arreste in Millionenhöhe ausgesprochen werden und gegen seine Auftraggeber keine Arreste bekannt werden (Bundesanzeiger)? Warum wird von bisherigen Ermittlungen erzählt, wenn die Durchsuchungen und Beschlagnahmungen über ein Jahr zurückliegen? Wie lange braucht die StA Landshut, um sortierte Kontoauszüge mit Zugang zu den Datenbanken auszuwerten? Das macht bei uns der Lehrling im zweiten Jahr.

Hallo NOZ! Da sind doch Fragen über Fragen.

Perseus

Keiner liest mehr Korrektur, ein Buchstabe falsch und aus dem begnadeten Künstler, dem feinmechanische Kunstwerke zu Ehren benannt sind, wird ein Sekretär Voltaires. Oder sollte der Roman des Berliner Strafverteidigers im Kopf des Staatsanwaltes gespukt haben?
(c) Bild: Marie-Lan Nguyen

Anklage gegen Olaf Tank zugelassen

„Nur wer blind ist oder die rechte Bildschirmseite einfach ignoriert, kann diesen Kostenhinweis nicht wahrnehmen.“

Die Verteidigung begrüßt die Zulassung der Anklage im „Abo-Fallen-Verfahren“ durch das Landgericht Darmstadt.

Das Landgericht hat die Anklage der Staatsanwaltschaft v. 28.04.2011 mit Beschluß v. 26.03.2012 zugelassen.

Die Verteidigung hat nun Gelegenheit, den in den Medien, insbesondere den Internetmedien, erhobenen Vorwürfen in öffentlicher Verhandlung entgegenzutreten und damit auch gehört zu werden.

Dieses Strafverfahren ist hochpolitisch, bundesweit abgestimmt und letztlich das Ergebnis tausender von Strafanzeigen, zu denen u.a. in Internetforen aufgerufen wurde.

Dieses Verfahren ist einmalig. Während in anderen Verfahren eine Manipulation der Webseiten Gegenstand der Verhandlungen ist, ist dies in diesem Verfahren nicht der Fall. Die Task-Force „ZIT“ der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, die die Anklageschrift verfaßt hat, wirft den Angeklagten als zentralem Anklagepunkt vor, daß der nachfolgend beispielsweise wiedergegebene Kostenhinweis nicht bereits auf der ersten Ebene der Website, sondern erst auf der dritten Ebene erfolgte:

Die Öffentlichkeit wird sich in den Verhandlungen ein Bild von den beanstandeten Seiten machen können und auch die zahlreichen zivilrechtlichen Urteile zur Kenntnis erhalten, die die Rechtmäßigkeit der Seitengestaltung bestätigten. Die Öffentlichkeit wird Gelegenheit erhalten, die Begründungen dieser Urteile zu bewerten und mit den Begründungen der vereinzelt gebliebenen Urteile zu vergleichen, die zu anderen Ergebnissen kamen und sich so selbst ein Bild verschaffen können.

Beispielhaft für die in den Publikationen verschwiegenen Urteile sei aus der Entscheidung des AG Aschaffenburg – 126 C 2528/09 – vom 30.06.2010 zitert:

Zum anderen ist auf der entsprechenden Internet-Seite der Beklagten klar und deutlich der Hinweis auf die Kostenpflicht angebracht. Nur wer blind ist oder die rechte Bildschirmseite einfach ignoriert, kann diesen Kostenhinweis nicht wahrnehmen.

Da ist es nicht ohne Tragik, daß der Richter am Amtsgericht Marburg, Thomas Drengenberg, in der Entscheidung v. 08.02.2010 – 91 C 981/09, die u.a. in Internetforen als „Beleg“ für die Rechtswidrigkeit beworben wird, dieses anders „sah“: Er ist seit mehr als 25 Jahren „komplett blind“.

Die Öffentlichkeit wird sich auch darüber ein Bild machen können, daß bundesweit zahllose staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren von den zuständigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten mit der Begründung eingestellt wurden, daß ein strafbares Verhalten nicht zu erkennen ist.

Das angerufene Gericht wird auch über diese Staatsanwälte „zu Gericht sitzen“ und entscheiden müssen, ob den Angeklagten angesichts dieser Entscheidungen ein Vorwurf gemacht werden kann.

Die Staatsanwaltschaft wird erklären müssen, warum ihre Rechtsmeinung den Entscheidungen der für Wettbewerbssachen zuständigen Zivilkammern der Landgerichte überlegen sein soll, die die Gestaltung der Webseiten auf die diversen Anträge der Verbraucherschutzverbände hin überprüften.

 

Es ist so einfach

Gesetz und Rechtsprechung sind eindeutig: Der Ermittlungsrichter hat den Antrag der Staatsanwaltschaft sorgfältig zu prüfen und selbst zu entscheiden. Das macht manchesmal viel Arbeit.

Vor mir liegt eine Akte mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft, einen Arrest über mehrere Millionen Euro anzuordnen.

Soweit eine Aufstellung über die Auswertung der Datenbank gewünscht wird, kann diese
elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Ein Ausdruck unterblieb bislang, weil es sich
dabei um mindestens 750 Seiten (je nach Layout) handelt.

An das Amtsgericht XY (Ermittlungsrichter)
urschriftlich mit Sonderband „Vermögensabschöpfung“ und Hilfsakte
mit dem Antrag,
Beschluss gemäß beiliegender Anlage zu erlassen und die Überstücke auszufertigen.

Die beiliegende Anlage ist ein Entwurf mit dem Briefkopf des Amtsgerichtes mit Landeswappen und Pipapo.

Selbst die Unterschriftsleiste ist vorbereitet. Er muß nur noch unterschreiben, der fleißige Richter!

Chapeau! Der Richter war fleißig und hat sich vor einer Auseinandersetzung mit der Staatsanwaltschaft nicht gescheut.

Er blieb seinem Auftrag treu und unabhängig und wollte die Unterlagen sehen. Der Kollege Hoenig beschrieb vor ein paar Jahren das genaue Gegenteil: Oberfaule Richter, was sich nach meiner Einschätzung durchgesetzt hat.

Es ist eine Unsitte! Vielleicht sollten wir Verteidiger mal die gewünschte Entscheidung auf dem Briefkopf der Gerichte einreichen? Führt sicherlich zu einem Verfahren wegen unberechtigter Nutzung des Wappens