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Auslagenentscheidung bei Einstellung

Liebe Kollegen Rechtsreferendare in Nordbayern,

gestern hatte ich das besondere Vergnügen, vor einem Amtsgericht in Oberfranken zu verteidigen. Es ging um ein harmloses Kinderspielzeug, das von Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter als verbotene Waffe klassifiziert wurde und tateinheitlich um das Führen eines zu langen Messers (15,5 cm).

Einstellung § 153 II StPO

Nachdem das von uns angeregte Gutachten ergab, daß die Zwille nicht dem Waffengesetz unterliegt, stellte der Richter das  Verfahren ein:

1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Angeschuldigten[1]  Ratlos Rudi mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft und mit Zustimmung des Angeschuldigten gemäß § 153 Abs. 2 StPO
eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Der Richter Dr. X war über die Beschwerde und die Aufhebung durch das Landgericht echt erbost (zur Geschichte siehe den Link oben) und kam nach kurzer Verhandlung zum erwarteten Urteil. In einer persönlichen Anmerkung nach der Urteilsverkündung ließ er seinem Unmut freien Lauf:

Warum ich es nicht bei der Einstellung belassen hätte? Die notwendigen Auslagen des Angeklagten seien doch von seiner Kostenentscheidung umfaßt, der Kostenbeamte hätte die Verteidigungskosten als notwendige Auslagen des Angeklagten festgesetzt. Meinen Einwand, dies stimme nicht, fegte er mit dem Argument vom Richtertisch, er wisse es besser, er sei schließlich Ausbilder einer Referendararbeitsgemeinschaft und bringe dies so seinen Referendaren bei.

Notwendige Auslagen des Angeklagten

Falls Sie zu den glücklichen Teilnehmern der AG gehören:

  • Werfen Sie einen Blick in das Gesetz: § 464a Abs. 1 Satz 1 StPO definiert den Begriff der Kosten. Die Anwaltsgebühren gehören (mit Ausnahme der Pflichtverteidigergebühren) nicht zu den Kosten und Auslagen des Gerichtes.
  • § 467 Abs. 1 StPO bestimmt den Regelfall, wonach die Auslagen der Staatskasse zur Last fallen.
  • Schauen Sie bitte in die Kommentierung, bspw. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 467 StPO, RN 20:

Werden der Staatskasse nur die Verfahrenskosten auferlegt, so darf das, auch wenn es sich zweifelsfrei um einen Fall des I handelt, nicht dahin ausgelegt werden, dass auch die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten gemeint sind (m. w. N.).

  • Und auch die Kommentierung zu § 464 StPO (a. a. O.) ist eindeutig:

Rn. 12: Beim Fehlen einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, dem sie entstanden sind.

 

Moral von der Geschicht: Nicht alles was ein promovierter Amtsrichter in der Arbeitsgemeinschaft erzählt ist richtig. Sie machen nichts falsch, wenn Sie grundsätzlich über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten entscheiden.

  1. [1]nachdem der Richter zuvor einen Strafbefehl erließ, ist diese Bezeichnung natürlich, wie Sie sicherlich wissen, völlig daneben § 157 StPO

Danke, U.F.!

Hier ist heute eine Kiste mit leckerem deutschen Rotwein eingetroffen.

Da der Kiste keine Karte des edlen Spenders beigefügt war, sondern nur der Name, auf diesem Weg unser herzliches Dankeschön.

Ein wunderbares Sauerkirscharoma mit Holznuancen und einem Hauch Vanille. Kommt bestimmt gut zu einem Hasenragout.

Erkennen Sie die Rechtsanwaltskammer?

donkey-618972_640Die Rechtsanwaltskammer beim BGH lassen wir mal außen vor.

Wobei mich deren Beschwerdestatistik interessieren würde.

Wer mag wohl solchen Unsinn verzapfen, wie er unten im Schnipsel wiedergeben ist?

Es fängt schon mit dem Dr. an: Nein, ich führe keinen Doktor-Titel.

Auskunftsverlangen

So wenige Worte[1]. So viele davon falsch.

Den Unsinn mit der Auskunftsverpflichtung habe ich hier schon einmal erläutert, der Kammer schon x-mal.

Wer hatte sich denn da beschwert? Und worüber? Denn § 11 Abs. 1 BORA lautet:

§ 11 Mandatsbearbeitung und Unterrichtung des Mandanten

(1) Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, das Mandat in angemessener Zeit zu bearbeiten und den Mandanten über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten. Dem Mandanten ist insbesondere von allen wesentlichen erhaltenen oder versandten Schriftstücken Kenntnis zu geben.

Und dann beschwert sich der Schuldner einer Versicherung über deren Anwalt wie folgt:

Beschwerde

Ist doch der Knall im All, oder? Und die Kammer prüft tatsächlich, ob der Rechtsanwalt vielleicht seine Pflichten gegenüber der Versicherung nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.

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Kleine Hilfe: Die Kammer ist eine der 7 mitgliederstärksten Kammern in Deutschland. Also sehr erfahren in der falschen Bearbeitung von Beschwerden. Berlin ist es nicht, ich bin doch kein Nestbeschmutzer …

Sie brauchen noch einen Tip? Dieselbe Kammer sieht auch einen Anfangsverdacht wegen Umgehung des Gegenanwaltes, wenn der Mahnbescheid nicht dem gegnerischen Kollegen zugestellt wurde. Vielleicht könnnen darüber auch nur die ReNos lachen? „Welche Zeile war das nochmal?“

Aber so haben Sie auf einer Seite wenigstens die Websites der Rechtsanwaltskammern in Deutschland aufgeführt. Dort finden Sie die Kontaktdaten.

  1. [1]„im Hinblick auf §“ ziehen wir vier ab, sind doppelt – würde Hans Rosenthal gesagt haben hätte.

Viel Erfolg bei der Suche – Beauty Contest

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Herr Jede, was soll ich mit dieser eMail machen?

An: Anwalt
Betreff:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich suche einen Anwalt, der mich in einer Sprungrevision vor dem Bundesverwaltungsgericht vertritt. (Erstberatung nicht erforderlich, da schon viele erfolgt):
Ich erwarte, dass die Deckungsanfrage(n) bis zur endgültigen Zu -/ Absage der Versicherung kostenlos durchgeführt wird.
Ich habe zwei Versicherungen. Die Reihenfolge der Abfrage lege ich fest, da ich Höherstufungen verhindern möchte. Falls keine haftet, werde ich den Prozess nicht führen. Alle Kosten müssen von der RSV abgegolten werden; ich erwarte, dass keine privat zu tragenden anfallen und nur mit einer Versicherung abgerechnet wird.
Bei einer Versicherung kann bei Ablehnung ein Gutachten auf Kosten der Versicherung geschrieben werden; danach entscheidet mein Anwalt. Ich erwarte, dass Sie bereit sind, es zu schreiben. Bei einer ist ein Stichentscheid versichert.
Es muss verfügt werden.
Das Mandat muss aufgrund der Entfernung telefonisch, brieflich oder per Mail durchgeführt werden.
Ich erwarte Kopien aller Schriftsätze (unserer, die der Gegenseite und des Gerichts); brieflich oder per Mail.
Hintergrundinformationen liegen als Anhang bei; Sie können mich (fast immer) telefonisch erreichen.

Mit freundlichen Grüßen
Susi Sorglos

Nicht ausgedacht. Realität.

Krieger schläft

Ich liebe Baden

Es geht mir hier nicht um Hygiene.

Ich wurde in Baden sozialisiert. Ich weiß: Es gibt Badische und Unsymbadische.

Und manchmal gehen mir die Badener [1] furchtbar auf den Keks. Beispielsweise, wenn sie Entscheidungen treffen, die mich mit dem Gefühl der Ohnmacht zurücklassen. Da gibt es so eine Kammer eines badischen Landgerichtes; Sie wollen eine Durchsuchung Live erleben?

Aber jetzt sind sie definitiv zu weit gegangen und untergraben meine Autorität in der Lehrlingsausbildung.

Insubordination!

Was bilden die sich eigentlich ein. Diese, diese, diese … Aargh!

Paginieren und foliieren – was ist der Unterschied?

Ich muß weiter ausholen, damit Sie mich verstehen:

Herr Jede, ich habe die Amtsakte kontrolliert und gescannt. Sie ist auch ordnungsgemäß paginiert!

Das letzte Wort sprach die Auszubildende mit einem unglaublichen Triumph in der Stimme aus. Sie kennt mich mittlerweile gut und wußte, was passieren wird:

Frau Brewer! Akten werden nicht paginiert, sondern foliiert!.

Mit einer unglaublichen Geste legte sie mir die unsymbadische Ermittlungsakte aus Baden auf den Tisch und zeigt mit dem Finger auf die Zahl „1“ in der oberen rechten Ecke des ersten Blattes.

 

 

Na und? Blatt 1!

Nein, Seite 1!

und blättert um zu Blatt 2 der Akte, dort findet sich die Zahl „3“ rechts oben am Blattrand. Und so fort, „5“, „7“, „9“ …

Tatsächlich. In der Akte sind nicht die Blätter numeriert, sondern die Seiten. Man war aber sparsam (auch die in Baden können sparen) und hat nur die Vorderseiten der Blätter numeriert.

Ich habe mich dann doch noch rausreden können und darauf verwiesen, daß dies ja nur meine Aussage bestätige: Man könne das Blatt (lateinisch: folium) markieren oder die Seite (lateinisch: pagina). Paginieren und Foliieren sei halt ein Unterschied.

Badischer Aktenknoten

Das Beste kommt zum Schluß:

 

Badischer Aktenknoten

Sie sehen den Badischen Aktenknoten auf der Rückseite der Akte.

In Baden werden die Akten nicht wie wohl sonst überall in der Mitte des Blattes gelocht [2], sondern am oberen Rand.

Mit dem Badischen Aktenlocher, zu beziehen über den Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen (VAW), werden zwei Löcher mit einem Durchmesser von ca. 2,5 mm und einen Abstand von 43 mm zueinander und einem Abstand zum linken Rand von ca. 15 mm und zur Oberkante von 20 mm gelocht. Also ganz weit oben links (klicken Sie oben auf den Akt des Grauens).

Mit Hilfe des Aktenstechers als Fädelhilfe wird die Badische Aktenschnur durch die Löcher geführt und auf der Rückseite der Akten mittels des Badischen Aktenknotens verbunden.

Das Ganze nennt sich Badische Aktenheftung und ist eine sehr praktische Angelegenheit und sollte dringend bundesweit, ach was, europaweit eingeführt werden. Wie der Knoten gemacht wird? Auch dafür gibt es im Internet Anleitungen: Hier

Die freundliche Mitarbeiterin auf der Geschäftsstelle hat mir zugesagt, mich den Knoten beim nächsten Besuch zu lehren. Bis dahin soll ich einfach eine Schleife machen, sie bringe das schon in Ordnung für mich.

Ich liebe Baden! [3]

Jedenfalls verteidigen wir auch erfolgreich in Baden. Nehmen Sie mit uns Kontakt auf, gerne in badischer Mundart: Kontakt

  1. [1]Es heißt ja auch nicht Frankfurtser.
  2. [2]Selbstverständlich gibt es dafür eine ISO-Norm: ISO 838
  3. [3]Vorzugsweise im warmen Wasser – (Bodensee – aber nur die badischen Strandabschnitte)