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Berliner Anwaltsblatt löscht Interview

Berliner Anwaltsblatt im Fadenkreuz

Das Berliner Anwaltsblatt löscht die digitale Ausgabe eines Interviews mit einem Anwalt der rechten Szene  – berichtet der Tagesspiegel am 11.05.2023

Als Mitglied des Berliner Anwaltvereins, dem Herausgeber des Berliner Anwaltsblattes, bin ich natürlich aufrichtig empört und voller Abscheu und schaue mir den Artikel des Herrn Julius Geiler sorgfältig an. Was hat denn nun mein Verein oder die Schriftleitung verbockt? Das muß ja erheblich sein, die Zeitung teilt mit, die Chefredaktion bedauere den Beitrag und zitiert die Chefredakteurin Frau Rechtsanwältin Astrid Auer-Reinsdorff:

Veröffentlichung war ein Fehler

Nun also noch einmal her mit dem Artikel, bei der ersten Lektüre muß ich wohl was verpasst haben. Die erste Frage des abgedruckten Interviews lautete:

Als Strafverteidiger haben Sie auch Mandanten, die die deutsche Rechtsordnung und auch das Strafsystem ablehnen. Welche besonderen Herausforderungen bedeutete dies für Ihre Arbeit?

Die Antwort ist für einen Strafverteidiger nicht besonders spektakulär:

Solange sie nicht erwarten, dass ich ihre Position vor Gericht aktiv unterstützte, was sich nicht tue, haben solche Fälle keine Besonderheiten. Vielleicht davon abgesehen, dass diese Leute manchmal etwas speziell sein können. Aber damit stehen sie nicht allein.

Sorgfältig lese ich den Artikel; mir fällt so gar nicht auf, was zur Aufregung geführt haben könnte.

Begriffe verwandt, die gehören sich nicht!

Julius Geiler hat genauer gelesen als ich:

Im abgedruckten Gespräch nutzt Clemens dann sogar Begriffe, die eindeutig der rechten Szene zuzuordnen sind.

Sapperlot! Ich bin doch da recht empfindlich, was habe ich überlesen? Und überhaupt, wieso „Gespräch“? Hat der Herr den Artikel nicht gelesen? Die Fragen wurden über eine Maillingliste versandt und vom Kollegen per Mail beantwortet.

  • „So spricht der Jurist von „Mainstreampresse“ und einer „rechtsextremen Konspiration“ im Zusammenhang des Lübcke-Prozesses.“
    Rechtsanwalt Dr. Björn Clemens ist mit dem Juristen gemeint. „Mainstreampresse“ als Begriff, der eindeutig der rechten Szene zuzuordnen ist? Wer ein wenig googelt wird schnell eines besseren belehrt und sollte insbesondere den Beitrag der Bundeszentrale für politischen Bildung lesen.
    Der andere Satz im Zusammenhang: „Jedoch interessierten sich die Medien weniger für die eigentlichen juristischen Fragen nach einer Tatbeteiligung. Sie dienten vielmehr als Aufhänger, um eine rechtsextreme Konspiration an die Wand zu zeichnen.“
  • „An anderer Stelle im Interview wird Clemens mit dem Satz zitiert: „Leider kommt es häufig vor, dass der Prozess für den Staat ein Instrument ist, um den politischen Gegner zu bekämpfen.“
    Dieser Gedanke begegnete mir zuerst in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts und war eine ständige Behauptung vieler, die später als 68er in Amt und Würden kamen. Als Jurist und insbesondere als politisch denkender Mensch sehe ich mich in der Lage, eine derartige Behauptung zu bewerten und bedarf nicht des Schutzes gegen meinen Willen vor derartigen Äußerungen – von links oder rechts.

Mehr war an dem Interview nicht zu beanstanden.  Warum ist die Online-Fassung gelöscht worden?

Es ist aus meiner Sicht (eines zahlenden Mitglieds des Berliner Anwaltvereins und ehemaligem Autor des Berliner Anwaltsblattes) ein Skandal: Der Schriftleitung wird vorgeworfen, keine journalistische Einordnung des Interviewpartners vorgenommen zu haben. Und die Redaktion kneift, anstatt zu kämpfen.

WHAT?

Befragt wurde der Kollege Dr. Clemens zu Besonderheiten bei Mandaten mit Angeklagten, die die deutsche Rechtsordnung ablehnen. Hintergrund des Aufruhrs sind nicht die von Clemens verwandten Pfui-Worte, sondern seine Person, die als skandalös empfunden wird.

  • Clemens war in der Vergangenheit langjähriger Berater der rechtsextremen „Republikaner“ im Landtag Baden-Württembergs.
  • Von 1993 bis 2007 war er Mitglied der Partei.
  • Als Anwalt vertrat er immer wieder Akteure der rechten und rechtsextremen Szene wie den NPD-Mann Udo Pastörs.
  •  Sowohl im NSU-Prozess als auch im Mordfall Walter Lübcke verteidigte Clemens einzelne Angeklagte.
  • Der 56-Jährige ist Vorstandsmitglied der „Gesellschaft für freie Publizistik“, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.

All das kommt bei der Vorstellung Clemens’ [1]als Interviewpartner im „Anwaltsblatt“ nicht zur Sprache. Der Jurist wird lediglich als Strafverteidiger eingeordnet, …

Redaktion knickt ein

Künftig zählt im Berliner Anwaltsblatt nicht mehr, was im Beitrag steht, sondern die journalistische Einordnung des Autors oder Interviewpartners. Der Beitrag, im übrigen ganz nett, zählt nicht mehr.

Die Redaktion läßt ausrichten:

Außerdem sei dem Berliner Anwaltsverein und der überwiegend ehrenamtlich tätigen Redaktion des „Berliner Anwaltsblatt“ das Engagement gegen Rechtsextremismus „ein zentrales Anliegen.“ Man nehme die Angelegenheit zum Anlass, sensibler mit künftigen Themenbeiträgen umzugehen. Rechtsextremem Gedankengut wolle man keine Plattform bieten, heißt es weiter aus der Redaktion.

Welch ein überflüssiger Kotau. Widerlich. Ich wünschte mir, das Engagement gegen Extremismus wäre ein zentrales Anliegen der Schriftleitung.

Es ist doch klar: Was der Kollege Dr. Clemens antwortete dürfen Sie nicht mehr lesen. Allenfalls journalistisch eingeordnet. Mit einem Label versehen: Achtung! Der Kollege vertritt (gemeint ist wohl verteidigt) Akteure der rechten Szene.

Sehr geehrte Redaktion des Berliner Anwaltsblattes: Sie haben mein Vertrauen verspielt. Sie hätten den Kollegen verteidigen müssen! Nicht mehr der Beitrag zählt, sondern Ihre Einordnung der Person. Wird sie bei jedem Autor und Interviewpartner vorgenommen? Nach welchen Maßstäben? Vielleicht könnten Sie mir auch noch das Denken abnehmen und nach dem Artikel eine politisch korrekte Bewertung verfassen? Falls ich wieder mal einen Beitrag einreiche, könnten Sie mir bitte eine Liste der Pfui-Worte zur Verfügung stellen? Mit der political correctness habe ich es nicht so.

Ein Hinweis für die, die uns noch nicht kennen: Wir verteidigen keine Taten, sondern Menschen, denen die Begehung von Straftaten vorgeworfen wird. In uns finden Sie nicht Ihren ersten Richter, sondern Verteidiger, die Ihnen ihr Wissen zur Verfügung stellen und sich dem Kampf ums Recht für Sie stellen.

 

  1. [1]Der Mann beherrscht den Apostroph! Setze ein Apostroph‚ wenn Namen‚ die auf ‚s‘ enden‚ im Genitiv stehen! Andreas Auto ist nicht gleich Andreas‘ Auto!
Cannabis und Verkehr

Qualitätsjournalismus

Sie interessieren sich für Qualitätsjournalismus? Wir haben wieder einmal Hanebüchenes gefunden.

Wenn Sie nach diesem Satz in Google suchen lassen: „Eine noch von der alten Bundesregierung beschlossene Waffenrechtsnovelle“ zeigt Google zahlreiche Treffer für bekannte deutsche Zeitungen an. Beispielsweise die FAZ, die Süddeutsche und dergleichen mehr „Leitmedien“.

Finde den Fehler!

Was eine alte Bundesregierung ist, erschließt sich ohne weiteres.

Mit Novelle wird in der Gesetzgebungslehre ein Änderungsgesetz bezeichnet, das ein oder auch mehrere andere bereits bestehende Gesetze in einzelnen Teilen abändert, erläutert wikipedia.

Also ein Waffenrechtsgesetz, das von der alten Bundesregierung beschlossen wurde.

Fällt es Ihnen jetzt wie Schuppen von den Augen?

Darf ich nicht von „seriösen“ Medien erwarten, daß die Begrifflichkeiten der Gewaltentrennung sich in den Hirnen ihrer Journalisten eingebrannt haben?

Die Bundesregierung beschließt keine Gesetze! Nein, nein, nein!

Wer einfach eine dpa-Meldung übernimmt, entledigt sich nicht der Verantwortung für den übernommenen Teil.

Schalldämpfer

Wir haben uns hier schön öfter mit dem Thema Schalldämpfer befaßt und verweisen insbesondere auf den Beitrag  aus 2015 „Jagd mit Schalldämpfer„, der auch darauf hinweist, daß Schalldämpfer den Mündungsknall – nicht den Geschoßknall – mindern.

Der Gesetzgeber – Sie erinnern sich, Bundestag und Bundesrat? – hat unter anderem aus Gründen des Gesundheitsschutzes den Zugang von Jägern zu Schalldämpfern erleichtert. Auch, um Verwaltungsaufwand zu mindern.

Und nun diese Schlagzeilen des Qualitätsjournalismus:

Nachfrage nach Schalldämpfern verdoppelt

oder

Mehr als doppelt so viele Schalldämpfer nach Rechtsänderung

Zugrunde liegt eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke nach illegalen Schalldämpfern, mit der auch nach den Verkaufszahlen der legal erworbenen Schalldämpfer seit Inkrafttreten des Gesetzes gefragt wurde.

Hauptsache das Wort „Waffen“ kommt in der Meldung vor, dann wird sie auch veröffentlicht.

 

Definitionshoheit

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Der bisherige OLG-Richter Alexander Meyberg wurde zum Richter am Bundesgerichtshof ernannt. Er wird Mitglied des IX. Zivilsenats.

titelte die LTO Legal Tribune Online. Sie erklärte dem Leser dann auch das Aufgabengebiet:

Der IX. Zivilsenat, dem Meyberg vom Präsidium zugeteilt wurde, befasst sich vornehmlich mit dem Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht sowie dem Berufsrecht der Rechtsanwälte und Steuerberater.

Herzlichen Glückwunsch, Herr Meyberg!

Stimmt halt nicht alles, was so in den Zeitungen steht.

Ansprüche von und gegen Rechtsanwälte und Schadensersatzansprüche gegen Rechtsanwälte wegen Pflichtverletzungen (IX. Senat) sind zivilrechtliche Ansprüche und haben mit Berufsrecht wenig zu tun.

Für das Berufsrecht ist der Senat für Anwaltssachen zuständig.

Aberr woher sollte der Autor der LTO das auch wissen, er hat aus der Pressemitteilung des BGH zitiert.

Die Pressestelle sollte es allerdings besser wissen. Obwohl, ein Zyniker schrieb in seinem Berufsrechtskommentar, daß die Bezahlung der Fachliteratur keine Berufspflicht im Sinne des § 43 BRAO darstelle (weder Satz 1 noch Satz 2).

Spannende Sachen passieren

und wir erfahren es nicht aus der Presse, sondern dem Internet.

Übernahme von Kaiser´s Tengelmann durch EDEKA:
Ministererlaubnis gestoppt

Teilweise hörte und las man von einem „Urteil“ des Oberlandesgerichtes Düsseldorf und einem maßlosen Bundesminister, der Berufung einlegen würde. Hallo Jounallie: Wieviel Ähnlichkeit haben die Worte Urteil und Beschluß? Was mag wohl der Grund dafür sein, daß es zwei zu diskriminierende Worte sind?

Dabei hat es Ihnen doch der Pressederzent des OLG Düsseldorf sehr sorgfältig und bravourös aufbereitet. Sie hätten gar nicht zu recherchieren brauchen; nur lesen:

12. Juli 2016 Pressemitteilung Nr. 25/2016 OLG Düsseldoerf

Hier ist der Beschluß: VI – Kart 3/16 (V)

Und noch eine spannende Sache: Vor ein paar Minuten lief die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes über den Ticker:

Nach Ablauf der in Sachen „Erbschaftsteuer“ gesetzten Frist zur Neuregelung soll das Normenkontrollverfahren erneut auf die Tagesordnung

Das ist die sehr dürre Pressemitteilung Nr. 41/2016 vom 14. Juli 2016 in Sachen 1 BvL 21/12 des Bundesverfassungsgerichtes.

Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes für verfassungswidrig erklärt. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen (vgl. Pressemitteilung Nr. 116/2014 vom 17. Dezember 2014).

Zwar gelten die für verfassungswidrig erklärten Vorschriften des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes fort. Da eine entsprechende Gesetzesänderung bis heute nicht vorliegt, hat der Vorsitzende des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, nunmehr mit Schreiben an die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat vom 12. Juli 2016 mitgeteilt, dass der Erste Senat sich nach der Sommerpause Ende September mit dem weiteren Vorgehen im Normenkontrollverfahren um das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz befassen wird.

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Frist gesetzt und der Gesetzgeber hat sie nicht eingehalten. Das Gericht wird beraten …

Worüber?

Spannend. Sehr spannend.

Bei der Richterbesoldung (schlechter als Berliner Richter werden nur noch die albanischen besoldet) hat das BVerfG entschieden:

Sofern der Gesetzgeber ein (Änderungs‑)Gesetz erlässt, welches seinerseits Gegenstand eigenständiger Prüfung in einem konkreten Normenkontroll- oder Verfassungsbeschwerdeverfahren sein kann, ist der Weg über § 35 BVerfGG grundsätzlich versperrt.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 35/2016 vom 22. Juni 2016

Nur ähnlich, nicht gleich. Aber …

Spannend. Sehr spannend.

Nachtrag:

Es wird immer spannender. Soeben läuft eine korrespondierende Meldung über den Ticker:

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesrat hat beschlossen, zu dem vom Bundestag am 24. Juni 2016 verabschiedeten Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (18/5923, 18/6279, 18/8911, 18/8912) den Vermittlungsausschuss anzurufen. Dies teilt der Bundesrat in einer Unterrichtung (18/9155) mit.

Damit ist wohl sichergestellt, daß der 1. Senat Ende September beraten wird bevor das vom Bundestag verabschiedete Gesetz in Kraft treten kann.

Alles Betrüger – BKA ermittelt gegen russische Pflegebanden

old-lady-417174_640Im Pflegewesen wird betrogen – Pflegebetrug! Von den Diensten und den Bedürftigen.

Und wieder sind es die Russen, die kriminelle Pflegedienste bandenmäßig und organisiert aufziehen, um die Sozialkassen in Milliardenhöhe zu prellen.

Laut Berichten der DIE WELT und des Bayerischen Rundfunks rechnen die im Visier der Ermittler aufgetauchten Pflegedienste nicht-erbrachte Leistungen ab, sie fälschen Protokolle und wenn der 85-jährige, aktive Breakdancer dem medizinischen Dienst stöhnend, den Rollator nutzend die Tür öffnet, dann teilen sie sich das so ergaunerte Pflegegeld. Sie tauchen laut dem von der WamS zitierten Abschlußbericht des BKA hauptsächlich dort auf, „wo sich durch Sprachgruppen geschlossene Systeme bilden.“

Logisch. Emigranten leben in Großstädten und ziehen nicht aufs Land. Was sollen sie auch dort. Da versorgen die Kinder ihre pflegebedürftigen Eltern noch. Da funktioniert der Generationenvertrag noch.

Ein durch Sprachgruppen geschlossenes System bedeutet in diesem Kontext nichts anderes, als dass Russen von Russen gepflegt werden wollen. Das ist nicht verwerflich, muß man doch davon ausgehen, dass ein pflegebedürftiger russische Emigrant nur in seltenen Fällen die deutsche Sprache wirklich beherrscht. Wer im Alter auf Pflege von außerhalb der Familie angewiesen ist, ist schon arm genug dran. Kann er mit seinem Pfleger nicht einmal in einer gemeinsamen Sprache kommunizieren, ist er noch ärmer dran.

Ob eine Begutachtung durch den medizinische Dienst der Krankenkasse diesen Belangen gerecht werden will, darf angezweifelt werden.

Dr. Schmitz & Partner haben sich in vergleichbaren Fällen auf die Verteidigung der Betreiber in Verdacht geratener Pflegedienste konzentriert, das werden wir wohl überdenken müssen.

Wenn in einer russischen Rentner-WG die Mietglieder ihren Pflegedienst überreden, sie nicht zweimal täglich, wie bewilligt, zu duschen, sondern statt der zweiten Brause in der WG-Küche Blinys zuzubereiten, dann wird bald auch gegen sie wegen bandenmäßigen Betruges ermittelt werden.

Wenn diese Zeit des Kochens dann als Duschen abgerechnet wird, so ist das selbstverständlich Betrug, aber vielleicht auch einfach eine am Menschen orientierte, vorsatzausschließende Pflege.

Wir machen auch HausHeimbesuche!