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Im Sand liegende Sanduhr

Gericht ohne Richter

Mit der Richterin wurde ein Termin für die Hauptverhandlung abgesprochen, Hotel und Hin- und Rückflug gebucht.

Heute erreicht mich die Mitteilung

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Jede,

in der Strafsache

gegen Rudi Ratlos

wird mitgeteilt, dass der Termin am 12.08.2024 nicht stattfinden kann, da die Strafabteilung
des Amtsgerichts Entenhausen derzeit ohne Richter ist.

Finde nur ich das skandalös? Im WWW habe ich dazu nichts gefunden. Da ist die Justizverwaltung nicht in der Lage, den Gerichtsbetrieb in Strafsachen eines ganzen Gerichtsbezirkes aufrecht zu erhalten.

Wir berichteten bereits über die unsäglichen Wartezeiten bei den Verwaltungsgerichten (Statistik Verwaltungsgerichte), dort sind wenigstens, wenn auch nicht in ausreichender Anzahl, Richter vorhanden.

Hier ruht die Strafrechtsprechung vollständig. In dieser Sache ist vor einem Jahr Anklage erhoben worden und ein Verhandlungstermin ist nicht absehbar. Die Europäische Menschenrechtskonvention verlangt, daß über eine Anklage in angemessener Frist verhandelt werden muß, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK.

Natürlich gibbet die Verzögerungsrüge. Von der gerichtlichen Feststellung, daß die Verfahrensdauer unangemessen war, kann sich der Angeklagte auch nichts kaufen und was die Geldentschädigung (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG) angeht, sind die Gerichte ziemlich knauserig.

In der Regel will der Mandant einen möglichst schnellen Termin, mancher allerdings profitiert von einer langen Verfahrensdauer.

So oder so, wir erläutern Ihnen die Sachverhalte und beraten Sie im Detail.

So erreichen Sie uns

 

Krieger schläft

Das wird spannend

Geschäftsverteilungsplan verblüfft

Ab und zu hat der Anwalt es auch mit Gerichten zu tun, die er nicht kennt. Tunlichst sieht er sich dann den Geschäftsverteilungsplan an, um sich „schlau zu machen“.

So in einer neuen Sache, für die ein Senat des Kammergerichtes zuständig ist, und hinter jedem Namen der Richterinnen steht eine Zahl, die in der Fußnote erläutert wird:

Dies bedarf einer weiteren Erläuterung:

Jede der fünf Richterinnen ist im Wesentlichen mit Verwaltungstätigkeiten beschäftigt. Zu 90%! Präsidiumsarbeit frißt viel Zeit.

Der Begriff Gericht bezeichnet einerseits eine Behörde. Es ist essentiell für die Gewaltenteilung, daß die Verwaltungsaufgaben der Behörde von unabhängigen Richtern erledigt werden. Alle Richterinnen dieses Senates sind zu 90% mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt.

Darüber hinaus bezeichnet Gericht aber auch den Spruchkörper, also den Einzelrichter, das Schöffengericht, etc., also die typische von Richtern erwartete Tätigkeit. In diesem Senat des Kammergerichtes soll 10% der Arbeitszeit, die nicht erfaßt wird, für die richterliche Tätigkeit aufgewandt werden. Vermutlich darüber hinaus ein wesentlicher Teil der „Überstunden“. Sicherlich läßt sich ein Senat eines Oberlandesgerichtes nicht mit ein paar Wochenstunden Arbeit führen.

Böse formuliert: Ein Spruchkörper bestehend aus Teilzeitrichterinnen. Da hilft auch nicht, daß ihm mehr als die notwendigen drei Richter, § 122 GVG, angehören und so die Arbeit auf mehr Köpfe verteilt wird.

Verwaltungssenat?

Ist ein solcher Senat, dem alle Richterinnen nur einen geringen Bruchteil ihrer Arbeitszeit widmen können, noch gesetzlicher Richter im Sinne des Grundgesetzes? Gibt die Vorsitzende eines solchen Verwaltungssenates dem Spruchkörper noch das eigene Gepräge?

Aber wie kann man das besser machen? Der mit Verwaltungsaufgaben befaßte Richter muß Bodenkontakt behalten, die richterliche Tätigkeit aus eigener ständiger Erfahrung kennen. Der Recht sprechende Richter soll nach Möglichkeit von Verwaltungstätigkeit freigehalten werden. Irgendeiner meckert immer ;-)

Ich bin jedenfalls neugierig und freue mich, die Richterinnen kennen zu lernen. Wenn Sie einen von uns kennen lernen wollen, ist es ganz einfach, mit uns einen Termin auszumachen. Anders als beim Gericht haben wir für Sie einen Termin in kürzester Zeit, meistens bereits am nächsten Tag. Kontakt

 

 

Schiedsrichter zeigt die rote Karte

Statistik Verwaltungsgerichte

Landunter bei den Brandenburger Verwaltungsgerichten

Das Sparen an der Justiz macht sich sofort in der Statistik bemerkbar und die Bürgerin merkt es an der Gerichtspost in ihrem Briefkasten:

teile ich Ihnen mit, dass Sie zeitnah nicht mit einem Termin in der Sache rechnen können, da diesem Verfahren noch eine Vielzahl anderer Verfahren vorgehen.

Und der Rechtsanwalt soll es dann seiner Mandantin erklären. Also versuche ich es zunächst mit nackten Zahlen.

Das statistische Bundesamt veröffentlichte zuletzt im Februar 2024 die Zahlen der Republik des Jahres 2022 als umfangreiche Excel-Tabelle: Statistischer Bericht – Verwaltungsgerichte – 2022

Die Verwaltungsgerichte erledigten im Jahr 2022 insgesamt 167.600 Verfahren. Davon entfielen auf die speziell eingerichteten Asylkammern 81.695 Verfahren. Im Durchschnitt dauerten die Verfahren 18,4 Monate. Die Asylkammern benötigten im Schnitt 22,9 Monate bis zur Erledigung, die allgemeinen Kammern 14,1 Monate. Soweit die bundesweiten Zahlen.

Dauer der Verfahren in Brandenburg im Vergleich zum Bund

Während also im bundesdeutschen Durchschnitt der Bürger vor den allgemeinen Kammern ca. 1 Jahr und 2 Monate wartete, dauerten die Verfahren in Brandenburg durchschnittlich 28,5 Monate – dort vergehen bis zu einer Erledigung 2 Jahre, 4 Monate und 2 Wochen im Schnitt. Das ist der Spitzenplatz unter den deutschen Ländern. In Rheinland-Pfalz 6,0 Monate, in Berlin 12,9 und in Bayern 12,1 Monate.

Das sind die Zahlen aller erledigten Fälle. Darunter Eilverfahren (2,3 Monate) und auch die Erledigungen durch Klagerücknahme, etc.

Wie lange muß man im Schnitt in Deutschland auf ein Urteil der Verwaltungsgerichte warten?

Im Schnitt wartet die Bürgerin auf ein Urteil der allgemeinen Kammern 22,1 Monate; 6,7 % warten länger als 36 Monate auf die Entscheidung.

Brandenburg Schlusslicht

Wer in Brandenburg vor den Verwaltungsgerichten sein gutes Recht einfordert, wartet durchschnittlich 40,2 Monate (3,5 Jahre) auf das Urteil, ein Viertel der Verfahren dauert länger als 3 Jahre. Berlinerinnen warten nur halb so lang – 20,2 Monate und am schnellsten geht es in Rheinland-Pfalz mit 7,2 Monaten bis zum Urteil.

Mehr als 895 Milliarden € Steuern sind 2022 geflossen. Niemals waren es zuvor mehr. Offensichtlich sind unsere Politiker der Ansicht, daß nicht mehr Geld in die Justiz, insbesondere die Rechtsprechung fließen sollte. Justiz ist im Wesentlichen Ländersache.

Ihren Abgeordneten im Land finden Sie hier. Fragen Sie ihn nach seinen Prioritäten und warum die Justiz deutlich unterfinanziert ist. Meines Erachtens stimmt die Priorisierung der zu finanzierenden Aufgaben nicht mehr. Bei vielen Berichten kann ich nur noch verzweifelt mit den Zähnen knirschen, wofür alles Geld da ist.

Wir jedenfalls sind für unsere Mandanten da und stehen auch die ggfls. lange Verfahrensdauer mit ihnen durch. Kontakt

 

Honi soit qui mal y pense

Die Schlagzeile der Pressemeldung des BVerfG:

Erfolgreicher Eilantrag eines deutschen Staatsangehörigen gegen seine Auslieferung nach Ungarn

Die Pressemeldung des Bundeverfassungsgerichtes hat mir schier die Schuhe von den Füßen gerissen:

  • Einem deutschen Staatsbürger werden von den ungarischen Behörden Straftaten vorgeworfen.
  • Ungarn beantragt die Auslieferung des Deutschen nach Ungarn.
  • Das Kammergericht hat die Auslieferung des Antragstellers mit Beschluss vom 27. Juni 2024 für zulässig erklärt. Dieser Beschluss ging dem Bevollmächtigten des Antragstellers eigenen Angaben zufolge am selben Tag um 17.26 Uhr zu.
  • Bereits n der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 2024 wird mit der Auslieferung begonnen.
  • Am Morgen des 28. Juni 2024 wird der Delinquent um 06:50 Uhr den österreichischen Behörden zwecks Durchlieferung an die ungarischen Behörden übergeben.
  • Am 28. Juni um 07:38 Uhr geht der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht ein.
  • Um 10:00 Uhr wird der Deutsche den ungarischen Behörden übergeben.
  • Gegen 10:50 Uhr untersagt das BVerfG einstweilen die Übergabe an die ungarischen Behörden und unterrichtet die Generalstaatsanwaltschaft Berlin telephonisch gegen 11:00 Uhr über den Beschluß,
  • die per eMail um 11:47 Uhr mitteilt, daß die Übergabe bereits um 10:00 Uhr erfolgt sei.

Wohlmeinende behaupten, in Berlin sei die Verwaltung dysfunktional. Mir drängt sich der Verdacht auf, die Verwaltung hat dem Betroffenen den Rechtsschutz effektiv entzogen.

BVerfG Beschluss vom 28.06.2024 – 2 BvQ 49/24

Nachtrag:

Die Legal Tribune Online berichtet, daß den Behörden der Antrag beim BVerfG bekannt war: Eilantrag beim BVerfG erfolgreich: Auslieferung von Maja T. nach Ungarn rechtswidrig . In: Legal Tribune Online, 28.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54882/ (abgerufen am: 28.06.2024 )

Selbstjustiz

Nancy Faeser: „In einem Rechtsstaat darf es keinen Raum für Selbstjustiz geben“

Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat mit Urteil vom 31.05.2023 – 4 St 2/21 – die Angeklagte Lina E. und drei weitere Angeklagte zu Freiheitsstrafen verurteilt. Daneben hat es mehreren Geschädigten Schmerzensgeld sowie Schadensersatz zugesprochen. Einen Teil der Vorwürfe hat der Senat als nicht erwiesen angesehen.

Aus der Pressemitteilung des OLG v. 31.05.2023:

Die Angeklagte Lina E. wurde wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, mehrfacher gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Urkundenfälschung, Diebstahl und Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Im Übrigen wurde die Angeklagte von dem Vorwurf der Beteiligung an zwei weiteren gefährlichen Körperverletzungen freigesprochen.

Und dann stellt sich diese Ministerin hin und behauptet, es handelte sich um Selbstjustiz. Ich bin fassungslos.

Wie so häufig, hilft ein Blick in den Duden oder Wikipedia: „Als Selbstjustiz (oder Eigenjustiz) bezeichnet man die gesetzlich nicht zulässige Vergeltung für erlittenes Unrecht, die ein Betroffener im eigenen Namen selbst übt.

Eine der Taten beschreibt der Senat des OLG wie folgt:

a) Am 8. Januar 2019, kurz nach 11.00 Uhr, griff die Vereinigung im Leipziger Stadtteil Connewitz einen mit Kanal- und Rohrreinigungsarbeiten beschäftigten Arbeiter an, der eine Strickmütze eines in »rechten Kreisen« beliebten Modelabels trug. Während die Angeklagte Lina E. einen Arbeitskollegen unter Vorhalt eines großen Reizstoffsprühgeräts davon abhielt, einzugreifen, schlugen mindestens vier Angreifer den Arbeiter so zusammen, dass dieser zeitweise das Bewusstsein verlor. Der Geschädigte erlitt durch die Misshandlungen Kopfplatzwunden, mehrfachfragmentierte Brüche des Jochbeins sowie weitere schwere Verletzungen. Knochenfragmente mussten mit einer Metallplatte fixiert werden. Von der grundsätzlich notwendigen Entfernung der Platte wurde abgesehen, weil der Geschädigte möglicherweise erblinden würde.

Selbstjustiz? Frau Faeser, Herr VorsRiOLG, wir sprechen nicht dieselbe Sprache. Das ist noch nicht einmal als Vigilantismus zu bezeichnen, denn auch dabei steht die Herstellung von Gerechtigkeit im Vordergrund. Schwere Körperverletzungen sind niemals gerecht, erst recht nicht als Sanktion.