Verfahrenskosten auch für Scheidungsfolgesachen absetzbar!

Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 19.02.2013 – 10 K 2392/12 E – einer Steuerbürgerin in einem Streit gegen das Finanzamt recht gegeben, dass nicht nur die Kosten für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich, sondern auch für den Zugewinnausgleich und nachehelichen Unterhalt als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind.

Dabei stützt es sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.05.2011 -IV R 42/10-, wonach notwendige Zivilprozesskosten (das erstreckt sich auch auf das Familienrecht und das Arbeitsrecht) unabhängig vom Gegenstand des Prozesses als außergewöhnliche Belastung absetzbar sind, wenn die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mindestens so aussichtsreich erschien, dass keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Misserfolg absehbar war.

Demzufolge ist die früher von den Finanzämtern vertretene Auffassung, nur die Kosten für die eigentliche Scheidung und den zwangsläufig durchgeführten Versorgungsausgleich seien absetzbar, Kosten für sonstige Verfahren hingegen nicht, nicht mehr haltbar.

Unser Bundesfinanzministerium hält an dieser unhaltbaren Auffassung dennoch fest. In seinem Nichtanwendungserlass gemäß Schreiben vom 20. Dezember 2011 bittet unser Bundesfinanzministerium unsere Finanzämter darum, das Urteil des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Fall hinaus nicht anzuwenden. Es begründet dies damit, dass der Finanzverwaltung keine Instrumente für eine eindeutige Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses zur Verfügung stünden und im Hinblick auf eine mögliche gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von Zivilprozesskosten, die auch die rückwirkende Anknüpfung an die bisher geltende Rechtslage einschließt, Prozesskosten auch für eine Übergangszeit nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Mit anderen Worten: Unser Bundesfinanzministerium beabsichtigt seit knapp zwei Jahren möglicherweise ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das die Rechtsprechung des höchsten deutschen Finanzgerichtes aushebelt.

Dieser Nichtanwendungserlass ist kein Recht. Er entfaltet keine Außenwirkung, ist insbesondere nicht bindend für Bürger und Gerichte. Dennoch halten sich die Finanzämter an diese rechtswidrige Verwaltungspraxis. Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist hingegen Recht. Da die Finanzgerichte in der Regel die tragenden Gründe höchstrichterlicher Entscheidungen berücksichtigen, sollte man es auf einen Streit mit dem Finanzamt ankommen lassen. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzgerichte der höchstrichterlichen Rechtsprechung, nicht aber dem rechtswidrigen Nichtanwendungserlass, folgen werden.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner in Berlin.

Literalität Bußgeldbehörde

Wir berichteten über geschätzte 9,5 Millionen Analphabeten (Erwachsene) in Deutschland: Hier!

Anlaß war eine Behörde, die rechtliches Gehör nur schriftlich gewähren will.

Wir bekamen die Akte mit Frist bis zum 27.07.2013, schickten der Behörde die Akte mit der Mitteilung zurück, daß wir nach Rücksprache mit dem Mandanten eine Einlassung abgeben werden.

Am 18.07.2013 erläßt die Behörde den Bußgeldbescheid.

Auf Nachfrage, ob Rechtliches Gehör dort auch schriftlich nicht „gehört“ werde, teilt die nette Sachbearbeiterin mit, daß sie meine Mitteilung wohl „überlesen“ habe.

Zufall? Natürlich. Man kann was überlesen, mache ich auch.

Andererseits, …

Verantwortliche Vernehmung verfehlt ihren Zweck

aus der Begründung eines Antrages der Staatsanwaltschaft auf Überwachung der Telekommunikation:

Die Schreiben vom TT.MM.JJJJ hat der Beschuldigte Rudi Ratlos abgesandt, obwohl er bereits zuvor durch die Polizei verantwortlich vernommen worden war.

Messerscharfer Schluß des Verteidigers: Formulierungsaufwand für den Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls (nicht erlassen) zur Begründung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr sollte nicht vergebens sein?

Jedenfalls darf die Vernehmung nicht als Disziplinierungsmaßnahme genutzt werden.

Rechtsschutzversicherung muss auch für Verfahren vor dem Familiengericht bezahlen

… jedenfalls dann, wenn es sich um keine Streitigkeit aus dem materiellen Familienrecht (im Wesentlichen Scheidung, Versorgungsausgleich, Sorgerecht, Umgangsrecht, Unterhalt, Zugewinnausgleich, Ehewohnung, Haushaltsgegenstände), sondern z.B. um ein nebengüterrechtliches Verfahren, wie eine Streitigkeit um den Gesamtschuldnerausgleich für von einem Ehepartner getragene Kosten/Lasten für ein gemeinsames Grundstück handelt. So hat es das LG Bremen in seinem Beschluss vom 14.06.2012 – 6 T 294/12 – entschieden.

Das gleiche gilt z.B. für

  • Ansprüche zwischen Ehegatten oder geschiedenen Ehegatten auf Rückgewähr wegen Widerrufs einer Schenkung aufgrund groben Undanks,
  • Ausgleichsansprüche wegen eines von den Ehegatten gemeinsam aufgenommenen Darlehens und
  • Ansprüche auf Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft zwischen geschiedenen Ehegatten,

selbst wenn die Ansprüche auf eine Scheidungsfolgenvereinbarung gestützt werden.

Auch wenn diese Ansprüche vor dem Familiengericht verhandelt werden, handelt es sich materiell-rechtlich nicht um eigentlich familienrechtliche, sondern schuldrechtliche Ansprüche.

Es bleibt abzuwarten, ob dies die Rechtschutzversicherungen in Zukunft berücksichtigen.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner in Berlin.

Anwaltsschwemme

Bei mir schlug eine Anfrage auf:

Als letzte Zulassungsvoraussetzung fehlt mir noch die Bescheinigung eines Anwaltspraktikums, daher suche spontan noch einen Platz. Wegen der Beanspruchung durch die Examensvorbereitung wäre ich nicht unaufdringlich und würde Sie nicht übermäßig mit Arbeitswünschen belästigen.

Wetten, der wird Anwalt? Er wird ca. drei Monate nach dem Examen feststellen, daß die Noten für einen künftigen Richter oder Staatsanwalt nicht ausreichen und auch andere Dienstherren nicht auf ihn gewartet haben. Seine Deutschkenntnisse werden sich nicht verbessert haben. Das Sozialamt wird ihm dann wohl die Robe bezahlen.