Fachanwälte als Regierungsbeauftragte in Berlin gesucht

Satire

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurde berichtet, daß die Erfolgsgeschichte der Regierungsbeauftragten fortgesetzt werden soll. Die CDU – Politikerin Barbara John war als Beauftragte der Berliner Senats von 1981 bis 2003 sehr erfolgreich als Ausländerbeauftragte tätig.

Im Oktober 2012 wurde der erste Opferbeauftragte des Landes Berlin bestellt. Die Bestellung war ausgesprochen erfolgreich und rentierte sich zugleich für den ehrenamtlich tätigen Rechtsanwalt in dieser Funktion.

Diese Erfolgsgeschichte soll fortgesetzt werden. Zunächst sollen diese Positionen[1] ausgeschrieben werden:

  • Mieterbeauftragter des Landes Berlin
  • Arbeitnehmerbeauftragter des Landes Berlin
  • Kapitalmarktbeauftragter des Landes Berlin
  • Beauftrager für Gewerblichen Rechtsschutz (Abmahnbeauftragter)

Die weiteren Fachanwaltschaften sollen nach den Wahlen sukzessive berücksichtigt werden.

Voraussetzung ist die Zulassung als Rechtsanwalt in Berlin und die Verleihung des entsprechenden Fachanwaltstitels. Die Tätigkeit ist zwar ehrenamtlich (eine Aufwandsentschädigung wird gewährt), der Werbeeffekt jedoch beachtlich. Welcher Anwalt kann beispielsweise von sich berichten, daß er über ein unmittelbares Vortragsrecht beim Senator verfügt?[2] Beispielhaft soll die Bewerbung für den Opferschutzbeauftragten des Landes Berlin wiedergegeben werden, die für die neuen Regierungsbeauftragten entsprechend erfolgen soll:

Screenshot Website SenJus Opferbeauftragter

Mit ein wenig Geschick können Sie die Position nutzen, um publicity-trächtige Mandate zu akquirieren:

Tagesspiegel

Quelle: Berliner Tagesspiegel v. 19.10.2012

Der Aufruf war erfolgreich, Roland Weber vertritt die Nebenklage für die Schwester des Opfers.

Jedem potentiellen Mandanten können Sie berichten, daß Sie aufgrund Ihrer Stellung als Regierungsbeauftragter besonders geeignet sind und andere Rechtsanwälte nicht über diese Stellung innerhalb der Justiz verfügen. Sie sollten sich allerdings auch schon ein paar Argumente auf die Fragen der Mandanten einfallen lassen, ob Sie denn noch der unabhängige Vertreter der Interessen Ihres Mandanten sind und ob Sie nicht widerstreitende Interessen vertreten.


Anmerkung: Dr. Schmitz & Partner unterhalten ein eigenes Referat für Geschädigte von Gewaltopfern: Tatopfer.de

We are not amused!

Für uns gilt die Charta der Rechte des Mandanten!

II. das Recht auf einen persönlich und wirtschaftlich, auch von staatlicher Gewalt unabhängigen Anwalt,

III. das Recht auf einen Anwalt, der von Weisungen und Einflüssen Dritter frei ist,

IV. das Recht auf einen der absoluten Verschwiegenheit- auch gegenüber Gerichten und Behörden- verpflichteten Anwalt, dessen Vertraulichkeit im persönlichen, telefonischen und schriftlichen Verkehr gewährleistet ist,

V. das Recht auf einen Anwalt, der sorgfältig und ausschließlich die Interessen des Mandanten und keine widerstreitenden Interessen vertritt,

  1. [1]Selbsverständlich werden weibliche Bewerber und Schwerbeschädigte bei gleicher Qualifikation bevorzugt
  2. [2]Zudem erhalte er ein Auskunftsrecht gegenüber den Strafverfolgungsbehörden und ein unmittelbares Vortragsrecht beim Justizsenator.(Link zur Berliner Zeitung v. 17.07.2012)

Waffenrechtliche Praxis: Lachen oder Weinen?

Ich lästere ja gerne über die Waffenbehörden und die Gerichte. Bei diesem Leitsatz spielt sich vor dem geistigen Auge eines Waffenrechtsspezialisten ein ganzer Spielfilm ab:

Eine ordnungsgemäße Verwahrung liegt auch nicht vor, wenn die Ehefrau die anlässlich einer Steuerfahndung gefundene Waffe in Kenntnis der Zahlenkombination in einen Safe einschließt.VG VG Ansbach, Beschl. v. 11. 7. 2011 – AN 15 S 11.01195

Un die gut gewürzte Bockflinte ist doch auch superb:

[3] Am Abend des 23. 5. 2012 begab sich der Kläger zu dem Schrottplatz der Firma P., wobei er einen Tarnanzug trug und eine Gesichtsmaske angelegt hatte. Er führte eine Langwaffe (Bockflinte) mit sich. Diese war mit selbst gefertigten, mit Salz und etwas Pfeffer gefüllten Hülsen geladen. Der Kläger begab sich an die Stelle, von der er annahm, dass dort die Straftäter auf das Gelände des Schrottplatzes gelangen würden. Seinen Angaben zurfolge näherte sich um 21.20 Uhr ein mit drei Personen besetzter Pkw mit Pferdeanhänger dem Schrottplatzgelände. Während zwei Personen den Schrottplatz betreten hätten, sei der dritte Mann, ausgerüstet mit einem Funkgerät, die Zufahrtstraße zurückgegangen und habe sich in einer Hecke am Straßenrand versteckt. Er – der Kläger – habe die Polizei mit einer SMS an die Festnetznummer der Dienststelle über die Vorgänge informiert. Gleichzeitig habe er beschlossen, den Spitzel zu entwaffnen und zu verhaften. Dazu habe er sich an dessen Versteck herangepirscht und ihn aufgefordert, er solle sich mit ausgestreckten Armen und Beinen auf den Straßenboden legen. Nunmehr habe er die Polizei über die Notrufnummer 110 verständigt und um baldige Unterstützung ohne Blaulicht und Martinshorn gebeten. Nach etwa 30 Minuten sei der erste Streifenwagen erschienen. Dessen Besatzung will den Mann auf der Straße liegend festgestellt haben, daneben den Kläger mit der Bockflinte in der Hand. Den weiteren Angaben des Klägers zufolge hätten die Polizeibeamten das Eintreffen von Verstärkung abgewartet, bevor sie den Schrottplatz umstellt und durchsucht hätten. Zu diesem Zeitpunkt seien die weiteren Personen allerdings schon geflohen.[1]
VG Arnsberg, Urt. v. 18. 2. 2013 – 8 K 1999/12

  1. [1]Jagdschein ist weg, die Behörde will frühestens nach 10 Jahren eine neue Erlaubnis erteilen.

Doktorspiele in Wisconsin

Der Kollege Kochinke berichtet in seinem German American Law Journal (US-Recht auf Deutsch) von einem verfassungsrechtlich interessanten Fall, der mir allerdings wegen des Sachverhaltes aufstieß:

Doktorspiel als Verfassungsfrage
Ein Sechsjähriger spielte nach einem Arzttermin mit den Zwillingen der Nachbarn Doktor; sie werden von deren Mutter überrascht, die aufgrund guter politischer Beziehungen die Polizei und Staats­anwaltschaft für den Fall als Sexual­verbrechen interessiert. Den Eltern des Jungen gelingt es, diesen Vorwurf sowie die Aufnahme auf die Kriminellen­liste zu verhindern. Dann verklagen sie die Staats­anwaltschaft und Kreisver­waltung wegen Verletzung von Verfassungs­rechten.

Der Bericht enthält einen Link auf eine US-Datenbank, in der die Entscheidung im Volltext zu finden ist: D.B. v. James Kopp

Also nochmal: Ein Sechsjähriger spielt seine Erfahrungen beim Arzt mit den fünfjährigen Nachbar-Zwillingen nach. Im Laufe der Ermittlungen berichten diese, dieselben Untersuchungen auch ausgeführt zu haben.

Und nun beginnt der Alptraum: Massive Untersuchungen gegen den Jungen, Geplante Aufnahme in eine Sexual-Straftäter-Kartei wenn er 18 Jahre alt ist, Hinweis an die Eltern, daß der Junge seine Straftat gestehen solle und ansonsten den Eltern ihre Kinder weggenommen werden. Gegen die Zwillinge werden keine Ermittlungen geführt.

Wer die englische Sprache beherrscht, sollte die Entscheidung gelesen haben.

Und man muß sich immer wieder bewußt machen, insbesondere bei Reisen in die USA oder Überlegungen, ob man sein Kind dorthin reisen läßt (Ferienlager, Sprachschule, etc.), das ist ein Land mit einer uns völlig unverständlichen Rechtskultur.

Nachtrag:
Es gab noch einen weiteren Vorwurf. Die Ermittler haben überall sehr sorgfältig ermittelt, die Schule befragt, etc., pp. Dabei kam dann eine weitere Anschuldigung ans Tageslicht:

He (der Ermittler!) “came up with a former babysitter” who “told a story about D.B. making sexual contact with her.” Kopp “cherry-picked” the sitter’s story, “ignor[ed] contradictory testimony,” and sent a report to Moravits and Riniker recounting the sitter’s allegations and concluding that D.B. had committed a fourth-degree sexual assault against the babysitter.

Bisher kannte ich nur die Fälle, in denen die Babysitter von Übergriffen durch den Vater berichteten. Aber von einem Sechsjährigen? Fehlen denen eigentlich alle Kenntnisse über die Entwicklungsphasen der Kinder?

BAG duldet keine Schluderei bei Massenentlassungen

In Betrieben mit in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmern muss ein Arbeitgeber, wenn er eine Vielzahl von Arbeitnehmern in zeitlichem Zusammenhang entlassen will, vergleiche wegen der näheren Voraussetzungen § 17 Kündigungsschutzgesetz, vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat unterrichten, bereit sein, mit ihm zu beraten und der Agentur für Arbeit die Massenentlassung anzeigen. Dabei kommt es oftmals zu Zeitdruck beim Arbeitgeber, der schnell Personalkosten reduzieren will, zu Fehlern bei der Beteiligung des Betriebsrats und bei der Massenentlassungsanzeige.

In einem kürzlich vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber der Massenentlassungsanzeige nicht die Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt.

In seinem Urteil vom 22.11.2012 – 2 AZR 371/11 – hat das Bundesarbeitsgericht die Rechtsfrage entschieden, ob Fehler in einer Massenentlassungsanzeige zur Unwirksamkeit der Kündigungen führen oder nachträglich geheilt werden können bzw. nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führen, sondern den Arbeitgeber nur an der tatsächlichen Durchführung der Entlassung hindern.

Nunmehr ist klar, dass eine Kündigung nichtig ist, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs eine erforderliche Massenentlassungsanzeige nicht fehlerfrei und somit nicht wirksam erstattet worden ist.

Eine Heilung von Fehlern, z.B. die spätere Nachholung der Beifügung einer Stellungnahme des Betriebsrats, oder die spätere Rücknahme anderer Kündigungen, ändert nichts mehr an der Unwirksamkeit der Kündigung.

Damit werden die Beteiligungsrechte des Betriebsrats und der Schutz des Arbeitnehmers vor Massenentlassungen gestärkt. Früher wurden hierzu unternehmerfreundlichere Rechtsauffassungen vertreten, die es ermöglichten, den Sinn und Zweck der Vorschriften über die Massenentlassungsanzeige auszuhebeln. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall kam der Arbeitnehmer in den Vorinstanzen vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht noch nicht zu seinem Recht. Die Wende in der Auslegung der Vorschriften über die Massenentlassungsanzeige wurde letztlich aber aus Europa eingeleitet. Der Gerichtshof der Europäischen Union hatte in der Rechtssache Junk – C – 188/03 -entschieden, dass nicht die tatsächliche Durchführung der Entlassung, sondern die Kündigungserklärung Entlassung im Sinne des Gesetzestextes ist und der Arbeitgeber Massenentlassungen erst nach dem Ende des Konsultationsverfahrens mit dem Betriebsrat und im Anschluss an die Massenentlassungsanzeige vornehmen darf.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner.

Kein gemeinsames Sorgerecht für Supervisor!

Gestern vor dem Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg für Mandantin erfolgreich Antrag eines Vaters auf gemeinsames Sorgerecht abgewehrt! Obgleich es inzwischen – wie ich glaube, zu recht – allgemeine Auffassung ist, dass das gemeinsame Sorgerecht in vielen Fällen das Beste für das Kind ist (dann bleiben ihm zwei Elternteile erhalten, auf die es sich stützen kann), ist dies dennoch kein Selbstläufer. Ein gemeinsames Sorgerecht scheidet jedenfalls aus, wenn es dem Kindeswohl widerspricht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Vater das gemeinsame Sorgerecht möchte, um Kontrollbesuche in der Wohnung der Mutter durchzuführen und auch sonst Anweisungen zu erteilen. Diese Absicht bekundete der Vater in dem Verfahren und es entsprach auch ganz dem Eindruck, den er in dem Anhörungstermin vor Gericht hinterließ. Ein gemeinsames Sorgerecht setzt ein Mindestmaß an Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft und einer tragfähigen Beziehung zwischen beiden Elternteilen voraus. Das ist aber nicht gegeben, wenn ein Elternteil gar nicht bereit ist, mit dem anderen Elternteil über Fragen betreffend das Kind auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln, sondern meint, praktisch als Oberaufseher Kontrolle ausüben und Anweisungen erteilen zu können. Dann ist es vorprogrammiert, dass alle Gespräche und Verhandlungen betreffend das Kind zu einem Streit ausarten und damit Fragen nicht geklärt werden und auch das Kind belastet wird.

Herrschsucht gefährdet ein gemeinsames Sorgerecht.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner.