Doktorspiele in Wisconsin

Der Kollege Kochinke berichtet in seinem German American Law Journal (US-Recht auf Deutsch) von einem verfassungsrechtlich interessanten Fall, der mir allerdings wegen des Sachverhaltes aufstieß:

Doktorspiel als Verfassungsfrage
Ein Sechsjähriger spielte nach einem Arzttermin mit den Zwillingen der Nachbarn Doktor; sie werden von deren Mutter überrascht, die aufgrund guter politischer Beziehungen die Polizei und Staats­anwaltschaft für den Fall als Sexual­verbrechen interessiert. Den Eltern des Jungen gelingt es, diesen Vorwurf sowie die Aufnahme auf die Kriminellen­liste zu verhindern. Dann verklagen sie die Staats­anwaltschaft und Kreisver­waltung wegen Verletzung von Verfassungs­rechten.

Der Bericht enthält einen Link auf eine US-Datenbank, in der die Entscheidung im Volltext zu finden ist: D.B. v. James Kopp

Also nochmal: Ein Sechsjähriger spielt seine Erfahrungen beim Arzt mit den fünfjährigen Nachbar-Zwillingen nach. Im Laufe der Ermittlungen berichten diese, dieselben Untersuchungen auch ausgeführt zu haben.

Und nun beginnt der Alptraum: Massive Untersuchungen gegen den Jungen, Geplante Aufnahme in eine Sexual-Straftäter-Kartei wenn er 18 Jahre alt ist, Hinweis an die Eltern, daß der Junge seine Straftat gestehen solle und ansonsten den Eltern ihre Kinder weggenommen werden. Gegen die Zwillinge werden keine Ermittlungen geführt.

Wer die englische Sprache beherrscht, sollte die Entscheidung gelesen haben.

Und man muß sich immer wieder bewußt machen, insbesondere bei Reisen in die USA oder Überlegungen, ob man sein Kind dorthin reisen läßt (Ferienlager, Sprachschule, etc.), das ist ein Land mit einer uns völlig unverständlichen Rechtskultur.

Nachtrag:
Es gab noch einen weiteren Vorwurf. Die Ermittler haben überall sehr sorgfältig ermittelt, die Schule befragt, etc., pp. Dabei kam dann eine weitere Anschuldigung ans Tageslicht:

He (der Ermittler!) “came up with a former babysitter” who “told a story about D.B. making sexual contact with her.” Kopp “cherry-picked” the sitter’s story, “ignor[ed] contradictory testimony,” and sent a report to Moravits and Riniker recounting the sitter’s allegations and concluding that D.B. had committed a fourth-degree sexual assault against the babysitter.

Bisher kannte ich nur die Fälle, in denen die Babysitter von Übergriffen durch den Vater berichteten. Aber von einem Sechsjährigen? Fehlen denen eigentlich alle Kenntnisse über die Entwicklungsphasen der Kinder?

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