Pfiffig, diese Versicherungen

Single-Versicherung

Eine Single-Versicherung. Toll! Sofort geht die Phantasie mit dem Strafverteidiger durch. Wie hoch ist die Versicherungssumme? Single-Versicherung ist ein anderes Wort für Scheidungsschmankerl, schließlich will man nach der Scheidung nicht ganz nackt dastehen?

Oder wird die Versicherungssumme für den Fall gezahlt, daß er/sie den/die Single doch rumgekriegt hat? Eine Aussteuerversicherung?

Ooah, doch nur eine Haftpflichtversicherung :-(

Sagen Sie mal, Herr Rechtsanwalt

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wollen die mich beleidigen? Da steht auf dem Briefpapier XY-Rechtsanwälte l.m.a.A!

Lieber Rudi Ratlos, Sie haben sich verguckt. Da steht LL.M oder LLC oder LLP.

LLC steht beispielsweise für Limited Liability Company. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das sind besonders kluge Rechtsanwälte, die gründen nicht eine 1-€-Anwalts-GmbH in Deutschland, sondern eine Gesellschaft in den USA. Ob es eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft ist, weiß man nicht als Mandant. Die Rechtsanwaltskammern wissen es auch nicht. Da weiß man bei einer LLP wenigstens, daß es eine Limited Liability Partnership ist.

Sicher weiß man aber, daß keiner für die Schulden haftet. Na ja, stimmt nicht ganz, die Gesellschaft haftet mit ihrem Vermögen. Also den Tischen, Stühlen und Zierpflanzen. Na ja, muß auch nicht stimmen. Vielleicht sind die gemietet, geleast für die schönen Büroräume im Glaspalast einer der ersten Adressen der Stadt. Fragen Sie die doch mal warum die das machen! Und fragen Sie so lange, bis Sie die Antwort verstanden haben!

Da ist doch LL.M viel seriöser. Das ist nicht der Master of Desaster. Das ist der Master of Laws. Nicht des Rechtes, sondern der Rechte. Na ja, stimmt nicht ganz. Das war früher mal so. Master des weltlichen und des kirchlichen Rechts. Wenn Sie das hinter dem Namen eines Anwalts sehen, hat er ca. ein Jahr „drangehängt“ und in der Regel ein Aufbaustudium im Ausland absolviert.

Papier ist alle!

© Bild: Peter Röhl/pixelio.de

Praktikumsbericht

Sonntagabend, 22 Uhr 35. Der Abend vor meinem ersten Tag in der Kanzlei Schmitz & Partner am Kurfürstendamm. Ich habe vier Wochen Seminararbeit und acht Stunden Zugfahrt hinter mir und bin gerade dabei meinen Koffer auszupacken. Meine Gedanken drehen sich hauptsächlich um den Schlaf, den ich nachzuholen habe, als ich einen entgangenen Anruf auf meinem Handy entdecke.

Als ich zurückrufe, ist Herr Jede immer noch wach. Ob ich morgen früh auch um 7 Uhr kommen kann statt um zehn? Er hat kurzfristig erfahren, dass er mit einem Kollegen nach Frankfurt Oder fahren muss, um ihn bei einem Strafprozess zu unterstützen.

Natürlich kann ich.

Meine Augenlider rebellieren zwar, als ich am nächsten Morgen um Punkt sieben Uhr ins Auto steige, aber Herr Jede hat zu diesem Zeitpunkt schon herausgefunden, dass ich keinen Kaffe mag und die halbe Akte mit mir diskutiert. Im Auto möchte er hinten sitzen, nach eigenen Angaben, um noch ein bisschen zu schlafen.

Tatsächlich schläft er ungefähr fünf Minuten, den Rest der Fahrt nutzt er, um mich über die Struktur der deutschen Gerichtsbarkeit und das anwaltliche Berufsrecht aufzuklären. Als wir und die 10 Sachakten in Frankfurt ankommen, habe ich bereits in der ersten Unterbrechung der Verhandlung (Herr Jede nutzt die Gelegenheit, um mich darüber aufzuklären, dass das nicht dasselbe wie ein Aussetzung ist) meinen ersten Rechercheauftrag.

Ich bin zwar müde, aber überglücklich. Es ist der Alltag eines Strafverteidigers und ich bin mittendrin.

In der Kanzlei Schmitz & Partner gibt es tatsächlich (fast) nichts, was man nicht einmal ausprobieren dürfte. Mandantengespräch? Dabei. Relative Revisionsgründe bei fehlerhafter Einführung von Schriftstücken im Selbstleseverfahren? Recherchiert. Antrag an die Staatsanwaltschaft gem. § 170 II StPO? Verfasst. Zwischendurch einen Brief an einen Mandanten ins Englische Übersetzen und eine zivilrechtliche Klage beim Kollegen schreiben? Erledigt. Ein Plädoyer verfassen und vor laufender Kamera halten? Aktenvortrag fürs Referendariat übern? Abgehakt.

Herr Jede lebt nach dem Grundsatz, dass nur eine ordentliche Diskussion zeigt, ob die eigene Meinung tatsächlich richtig ist. Und von diesem Grundsatz werden auch Praktikanten nicht ausgespart. Ich darf, nein, ich soll mich in den Besprechungen rege an den Diskussionen beteiligen und wenn ich einmal von mir aus nichts sage, wird nachgefragt, was ich davon halte.

Ich darf überall dabei sein, soll alles ausprobieren und aus meinen Fehlern am besten so viel wie möglich lernen. Deshalb werden sie im Zweifel auch dreimal geduldig mit mir diskutiert, wenn ich mal wieder der Meinung bin, die Kritik sei unangebracht. Und vor allem werde ich ernst genommen, als jemand, der tatsächlich etwas lernen und weiterkommen will, jemand dem man etwas zutrauen kann. Die Devise ist „learning by doing“ und ich glaube kaum, dass ich jemals vorher in 4 Wochen so viel gelernt habe, wie in diesem Praktikum. Einen vollumfänglicheren Einblick in die Arbeit eines Strafverteidigers hätte ich mir kaum wünschen können – dafür noch einmal ein herzliches Dankeschön!

Staatliche „Apps“: Hier die nützlich unnützliche Variante des Zolls…

Nimmt der Deutsche Zoll dem versierten Smartphone-User jetzt die letzt Ausrede, falls mal wieder 10 Stangen Zigaretten, 8l Alkohol oder ein neues Notebook bei einer Auslandsreise ins Gepäck gerutscht sind und man am Flughafen aus Versehen den grünen -nichts zu verzollen- Ausgang genutzt hat?

Mhh…zumindest bietet der Zoll auf seiner Website die Zoll und Reise App an.

Als Jurist denke ich sofort: „Hoffentlich sind da schön viele Fehler drin und die Freimengen zu hoch angegeben, haha Verbotsirrtum…“

Die Ernüchterung kommt nach der Installation. Als erstes wird einem ein Nag-Screen angezeigt, in dem es heißt:

„Bitte haben Sie Verständnis, dass diese App nur unverbindliche Hinweise geben kann und für die Kontrollbeamtinnen und -beamten nicht bindend ist. Im Zweifelsfall wenden Sie sich bitte vor Ort an den deutschen Zoll oder die Servicehotline.“

Gekrönt ist das ganze mit einem Button auf dem „Akzeptieren“ steht.

Na toll, dann kann man ja gleich den freundlichen Zigarettenverkäufer am Urlaubsort befragen….

Aber testen wir das ganze mal. Mit der App habe ich die unten abgebildete Warenliste erstellt. Die App stellt fest, dass 58,23 € Abgabe an der Grenze gezahlt werden müssten.

Warenliste der Zoll und Reise App

Ich glaube, die Entwickler haben sich bei dem eingangs erwähnte Nag-Screen was gedacht.

Dem Ergebnis der App würde ich jetzt nicht vertrauen wollen.

Nebenbei rate ich dringend davon ab die angegebene Warenliste zu erwerben oder im Handgepäck nach Deutschland einzuführen (im aufgegebene Gepäck aber bitte auch nicht…)!

Lehrstunde des Grauens

Carsten Hoenig und wir verfolgen als Strafverteidiger die Durchsuchungen im Zusammenhang mit DroidJack mit wachsendem Entsetzen.

Uns wurde freundlicherweise der Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichtes Gießen zugespielt und uns geht es wie CRH: Wir können es kaum glauben. Ich gehe davon aus, daß die uns vorliegenden Beschlüsse identisch sind. Ausschließlich der Verdacht des Kaufs des Programms führte entgegen der klaren Rechtslage zu den Durchsuchungen.

DroidJack

Dazu passen natürlich Bestrebungen, Barzahlungen zu unterbinden.

Der übliche Textbaustein für einen Durchsuchungsbeschluß vieler Staatsanwaltschaften lautet:

weil aufgrund von Tatsachen zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln, nämlich …

,

den die Richter natürlich übernehmen. Macht viel zu viel Arbeit, etwas am Entwurf der Staatsanwaltschaft zu ändern, die den Entwurf bereits auf dem Papier des Gerichtes ausdruckt, folglich werden Aktenzeichen und Datum regelmäßig mit der Hand eingetragen.

Diese Tatsachen verschweigt der Beschluß dann aber tunlich. Sie wären im Beschluß konkret zu bezeichnen. Stattdessen wird darauf verwiesen, daß der Tatverdacht auf den Ermittlungen der ZIT und des Bundeskrminalamtes beruht. Eigentlich kann sich der Staatsanwalt doch die Begründung sparen und schreiben „Der Verdacht ergibt sich aus den aktenkundigen Tatsachen, die ich überprüfte und für überzeugend beurteilte.“

Und das uns hier besonders interessierende Merkmal, daß zum legalen Erwerb weitere objektive Merkmale hinzutreten müssen, umgeht der Beschluß „brilliant“ [1]:

  1. Die Software enthält keine legitimen Funktionalitäten und taugt damit nur für Straftaten. [2]
  2. Dies läßt einen nachfolgenden Einsatz der Schadsoftware zur Begehung von Straftagen als sehr wahrscheinlich erscheinen.
  3. Unter Berücksichtigung kriminalistischer Erfahrungswerte bestehe daher der Verdacht, daß er die Software zur Vorbereitung der Straftaten erworben und bereits – wie beabsichtigt – verwendet hat.
  4. Da der Bösewicht Geld für die Software bezahlt hat ist die Annahme begründet, daß er versuchen wird, mit den Einnahmen aus dem betrügerischen Einsatz der Opferdaten die Ausgaben für die Software zu kompensieren.

Das traut sich nichtmal eine Studentin im 1. Semester angemessen zu kommentieren.

Mit der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität ZIT in Gießen haben wir schon zuvor Erfahrungen gesammelt, die hierzu passen.

Wenn die Herren Richter am Bundesverfassungsgericht diese Nachrichten lesen, werden sie sich sicherlich erstaunt die Augen reiben. Mehrere legale „Nutzer“ von Schadsoftware hatten Verfassungsbeschwerde gegen die Vorschrift des § 202c StGB erhoben und das Gericht hat die Beschwerde nicht angenommen – 2 BvR 2233/07 -. Die Beschwerdeführer seien nicht von der Norm unmittelbar betroffen und die Verfassungshüter führten ausführlich aus, daß schließlich noch mehr zur Straftat hinzugehöre als der Besitz der Schadsoftware (vgl. Kommentar 3)

  1. [1]Die Verwendung des Begriffes ist hier aus blankem Zynismus erfolgt
  2. [2]Lieber Leser, sicherlich haben Sie sich auch schon die Frage gestellt, wie man wohl ein Programm zur Abwehr von DroidJack entwickelt ohne im Besitz des Programms zu sein?