Kein gemeinsames Sorgerecht für Supervisor!

Gestern vor dem Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg für Mandantin erfolgreich Antrag eines Vaters auf gemeinsames Sorgerecht abgewehrt! Obgleich es inzwischen – wie ich glaube, zu recht – allgemeine Auffassung ist, dass das gemeinsame Sorgerecht in vielen Fällen das Beste für das Kind ist (dann bleiben ihm zwei Elternteile erhalten, auf die es sich stützen kann), ist dies dennoch kein Selbstläufer. Ein gemeinsames Sorgerecht scheidet jedenfalls aus, wenn es dem Kindeswohl widerspricht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Vater das gemeinsame Sorgerecht möchte, um Kontrollbesuche in der Wohnung der Mutter durchzuführen und auch sonst Anweisungen zu erteilen. Diese Absicht bekundete der Vater in dem Verfahren und es entsprach auch ganz dem Eindruck, den er in dem Anhörungstermin vor Gericht hinterließ. Ein gemeinsames Sorgerecht setzt ein Mindestmaß an Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsbereitschaft und einer tragfähigen Beziehung zwischen beiden Elternteilen voraus. Das ist aber nicht gegeben, wenn ein Elternteil gar nicht bereit ist, mit dem anderen Elternteil über Fragen betreffend das Kind auf gleicher Augenhöhe zu verhandeln, sondern meint, praktisch als Oberaufseher Kontrolle ausüben und Anweisungen erteilen zu können. Dann ist es vorprogrammiert, dass alle Gespräche und Verhandlungen betreffend das Kind zu einem Streit ausarten und damit Fragen nicht geklärt werden und auch das Kind belastet wird.

Herrschsucht gefährdet ein gemeinsames Sorgerecht.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner.

LG Düsseldorf untersagt ERGO Werbung mit „Kundenanwalt“

Das Landgericht Düsseldorf hat es der ERGO Versicherungsgruppe auf Grund einer Klage der Rechtsanwaltskammer Berlin untersagt, bei der Werbung für Dienstleistungen, die nicht von Rechtsanwälten erbracht werden, die Bezeichnung „Kundenanwalt“ zu verwenden (Urteil vom 26.07.2013 – 34 O 8/13).

Die 4. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf hält die Bezeichnung „Kundenanwalt“ in dem Urteil zweifach für irreführend: Zum einen werde der falsche Eindruck erweckt, der „Kundenanwalt“ sei ein Rechtsanwalt, also der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Zusätzlich entstehe mit der Bezeichnung „Kundenanwalt“ der falsche Eindruck, der Anwalt vertrete den Kunden zum Beispiel gegenüber Dritten oder gegenüber der ERGO-Versicherungsgruppe.
Quelle: Pressemitteilung RAK-Berlin v. 01.08.2013

‚Mal ’ne ganz doofe Frage

Legal Tribune berichtet

Die Staatsanwaltschaft München hat gegen Uli Hoeneß Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben.

Und Burhoff bemerkt zynisch, daß er das ‚mal in Ruhe lesen muß.

Weiß irgendjemand aus den Presseberichten, was bei der Selbstanzeige „schief gelaufen“ ist?

Denn nach §§ 371, 398a AO sollte die ordnungsgemäße Selbstanzeige zur Straflosigkeit führen. Oder ist dies einer der Fälle, bei denen der Verteidiger sagt: Eine strafbefreiende Selbstanzeige zu fertigen ist genauso unwahrscheinlich wie ein erfolgreiches Klageerzwingungsverfahren?

Der Anruf der Dritten Art

Es meldet sich per Telephon Rechtsanwalt Rudi Ratlos:

… Kennen Sie einen Herrn XY?

Frau Greinert reagiert deutlich freundlicher als von uns vorgegeben:

Der Name sagt mir gerade nichts …

und informiert mich über den Anruf und die Nennung des Namens, ich rufe den Kollegen zurück. Er stellt wieder die Frage, ob ich den Herrn XY kenne, er sei von ihm beauftragt worden und wolle nun mit mir über ihn sprechen.

Ich habe – unter Aufbringung aller Kräfte versucht höflich zu bleiben – und ihn auf die Rechtslage verwiesen. Schon die Tatsache, ob jemand unser Mandant ist, oder auch nicht, unterliegt der strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht. Er kapiert es nicht:

Nun haben Sie sich doch nicht so, warum sind Sie eigentlich so garstig?

Mein Hinweis, daß er als zugelassener Rechtsanwalt das Berufsrecht kennen sollte, führte auch nicht zum Erfolg. Er gab mir dann einen Ratschlag: Ich solle doch den Herrn XY – falls ich ihn kenne – anrufen und fragen, ob ich dem Kollegen Auskunft erteilen darf.

Auf welchem Stern lebt der eigentlich? Mittlerweile weiß ich etwas mehr:

  • Er ist zum Pflichtverteidiger bestellt.
  • Er ist seit knapp 10 Jahren zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.
  • Die Homepage des Herrn Rechtsanwalt verweist auf eine Adresse, die nicht mit der Anschrift übereinstimmt, die er der Rechtsanwaltskammer Berlin als seine Kanzleianschrift mitgeteilt hat[1].
  • Dem Herrn Rechtsanwalt ist das Berufsrecht wirklich völlig fremd: § 27 Abs. 2 BRAO

Warum ich mich so aufrege?

Es ist ein Alleinstellungsmerkmal der Anwaltschaft, daß sie in allen Rechtsangelegenheiten beraten und vertreten darf und zur absoluten – strafbewehrten – Verschwiegenheit verpflichtet ist. Wer zu uns kommt darf ohne Ausnahme darauf vertrauen, daß alles, was uns anvertraut wurde, – dazu gehört insbesondere bereits die Information, daß jemand unseren Rat wollte – nicht nach außen gelangt.

Deshalb sollen die Mitarbeiter auf Nachfragen auch mitteilen, daß wir Rechtsanwälte sind und keine Auskunfteien.

Können Sie mir mal schnell mit der Adresse von Susi Sorglos aushelfen …

Kann im worst case in einem Familiendrama enden.

Die Charta des Mandanten ist uns eine Verpflichtung und kein Lippenbekenntnis

  1. [1]Die Daten sind in einem öffentlichen Register abrufbar.

Das tut man einem Kind nicht an!

Seit 14 Jahren Anwalt und man erlebt immer wieder Neues! Gestern führte ein Termin in einem einstweiligen Anordnungsverfahren vor dem Amtsgericht Bad Liebenwerda zu dem vorhergesehenen und rechtlich wenig spektakulärem Ergebnis: Der Versuch einer Mutter, einen Ferienumgang mit einem 9-jährigen Kind dazu zu missbrauchen, einen Aufenthaltswechsel herbeizuführen und den Vater, der das Kind seit 5 Jahren in seinem Haushalt betreut, vor vollendete Tatsachen zu stellen, scheiterte. Das Kind kehrt zu meinem Mandanten zurück!

Trotz gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrecht steht der alltägliche Aufenthalt des Kindes nicht in freiem Belieben eines Elternteils, sondern ist ein Aufenthaltswechsel mit dem anderen Elternteil zu vereinbaren oder zuvor eine Entscheidung des Familiengerichtes herbeizuführen. Andernfalls macht man sich unter Umständen einer Entziehung Minderjähriger (Tatalternative List) gemäß § 235 Absatz 1 Ziffer 1 StGB strafbar, ganz zu schweigen davon, dass man mit einem solchen Vorgehen eine tragfähgige Beziehung zwischen den Eltern als Voraussetzung für ein gemeinsames Sorgerecht zerstört und dies für alle Beteiligten, insbesondere für das Kind, eine Zumutung ist. Der Junge mußte sich vor der Anhörung durch die Richterin übergeben, nicht weil die Richterin so schrecklich gewesen wäre – das war sie ganz und gar nicht -, sondern weil dem Kind die ganze Situation unangenehm war, vermutlich insbesondere, sich positioinieren zu müssen. Kinder lieben für gewöhnlich beide Elternteile und wollen es auch beiden Eltern recht machen.

In dem Verfahren stellte sich heraus, dass die Mutter sich bereits seit vielen Monaten mit der Absicht der Herbeiführung des Aufenthaltswechsels trug und auch oft mit dem Kind darüber sprach, nur mit dem Vater nicht. Der Vater erfuhr davon durch eine Einladung des Jugendamtes zu einem Gespräch, die er während der Abwesenheit des Kindes zum Ferienumgang erhielt. Auf Nachfrage bei der Mutter, was das soll, erfuhr er davon, dass das Kind bei ihr bliebe. Er war über das Vorgehen überrascht, erschüttert und in der Zwischenzeit bis zu dem Gerichtstermin auch mit den Nerven ziemlich fertig. Verständlich! Das wäre jedem anderen Vater oder jeder anderen Mutter in vergleichbarer Situation sicherlich ähnlich gegangen.

Was mir fast die Schuhe auszog: Die Anwältin der Mutter prahlte damit, dass sie selbst mit dem Kind gesprochen hatte und sich davon überzeugt hätte, dass es angeblich unbedingt zur Mutter wolle. Wenn wir Anwälte, die wir in solchen Verfahren ja nicht das Kind, sondern einen Elternteil vertreten, auch noch anfangen, an den Kindern „herumzuzerren“ und ihnen irgendwelche Aussagen suggerieren, tun wir wirklich nichts Gutes. Klar muss man das Wohl des Kindes im Blick haben und wenn man der Meinung wäre, die Mandantin/der Mandant handelt nicht zum Wohle des Kindes, sich mit der Mandantin/dem Mandant auseinandersetzen. Notfalls muss man eben das Mandat ablehnen. Aber auch noch als Anwalt eines Elternteils das Kind anhören, das ja bereits vom Gericht angehört wird und in dem Verfahren seinen eigenen Anwalt, den Verfahrensbeistand, bekommt, geht gar nicht!

Übrigens kann man von den Zuständen in Bad Liebenwerda als Berliner Anwalt nur träumen. Der Termin war am 3. Werktag nach der Antragstellung. Das ist wirklicher Eilrechtsschutz!

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner.