Gnadenlos schlecht

Nun habe ich mir auch endlich den Regierungsentwurf der Bundesregierung zur „Buttonlösung“ angeguckt. Er soll Verbraucher vor Kostenfallen im Internet schützen.

Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers … nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ … beschriftet ist.

Na das ist doch eindeutig und läßt keinen Spielraum und wird vor den Gerichten auch eindeutig feststellbar sein!

Ach ja, das obige Zitag lautet vollständig:

Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Da gibt der Gesetzgeber einen Wortlaut vor, was ich schon für ein Unding halte, und dann reißt er mit der Oder-Regelung wieder ein, was er vorher aufgebaut hat. Viel Spaß den Gerichten bei der Entscheidung, was eine entsprechende eindeutige Formulierung ist!

Wir werden die Wortschöpfung, die dem sprachlichen Ungetüm „zahlungspflichtig bestellen“ am nächsten kommt, prämieren und bitten um Einsendungen.

Die Begründung wollen wir im Auszug auch nicht vorenthalten:

Beschriftungen wie zum Beispiel „kostenpflichtig bestellen“, „zahlungspflichtigen Vertrag schließen“ oder „kaufen“ lassen dagegen unmissverständlich erkennen, dass mit der Betätigung der Schaltfläche auch eine finanzielle Verpflichtung eingegangen wird. Bei eBay oder vergleichbaren Internetauktionsplattformen ist eine Formulierung wie „Gebot abgeben“ oder „Gebot bestätigen“ ausreichend, denn bei der Nutzung von Internetauktionsplattformen muss für den Verbraucher – schon weil er sein Gebot beziffern muss – ohne Weiteres klar sein, dass er die Auktionsware bezahlen muss, wenn er den Zuschlag erhält.

Was dem Verbraucher klar sein muß …!

Ehepaar hortete Waffen in Wohnung

berichtet der Polizeiticker heute

Gestern Mittag wurde auf einem Polizeiabschnitt angezeigt, dass sich in einer Wohnung in Neukölln eine Vielzahl von Waffen befindet. Den eingesetzten Beamten, die gegen 13 Uhr die Wohnung in der Sonnenallee mit einem Durchsuchungsbeschluss betraten, bot sich ein erstaunliches Bild. In einem Zimmer hatten die Eheleute insgesamt 38 Schusswaffen und entsprechende Munition gelagert. Von diesen dort zum Teil „ausgestellten“ Waffen waren vier Gewehre, zwei Pistolen, ein Revolver, eine Abzugsvorrichtung und rund 300 Schuss Munition unterschiedlichen Kalibers waffenrechtlich relevant. Alle Waffen wurden sichergestellt. Gegen die 56-jährige Frau und ihren 59-jährigen Ehemann wird ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz eingeleitet.

Aus mehreren Gründen finde ich die Meldung interessant:

  • Man muß sich klar machen, daß ein Durchsuchungsbeschluß sehr schnell ergeht wenn der Tatverdacht des unerlaubten Waffenbesitzes besteht. Das war in Berlin schon immer so. Bis zur Wende kamen die Militärpolizisten in Begleitung der Berliner Polizei und hielten Nachschau.
  • Von 38 Schußwaffen waren sieben Schußwaffen „waffenrechtlich relevant“, gleichwohl wurden alle Schußwaffen sichergestellt. Warum?
  • Warum sollten die anderen Schußwaffen nicht waffenrechtlich relevant sein? Schußwaffen sind immer waffenrechtlich relevant!
  • Der Vorwurf „Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz“ (KWKG) wiegt besonders schwer. Der „Normalbürger“ denkt sich Schreckliches, jedoch gehören zu den Kriegswaffen nach der Waffenliste auch

    halbautomatische Gewehre mit Ausnahme derjenigen, die als Modell vor dem 2. September 1945 bei einer militärischen Streitkraft eingeführt worden sind, und der Jagd- und Sportgewehre.

    Und diese Feststellung gelingt meist nur besonders sachverständigen Personen. Das BKA hat beispielsweise letztens festgestellt (20.09.2010) daß eine im wesentlichen der amerikanischen Maschinenpistole MP Thompson gleichende Waffe keine Kriegswaffe im oben beschriebenem Sinne ist.

Herr Uhl, auf welcher Welt leben Sie?

Ist diese Pressemeldung vom Staatstrojaner versandt worden?

Bundes- und Landesgesetzgeber sind aufgefordert, soweit noch nicht geschehen, ebenfalls solche Rechtsgrundlagen zu schaffen. Wer dagegen wie die Bundesjustizministerin eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage für die Quellen-TKÜ verweigert und die Strafverfolgungsbehörden damit zum Rückgriff auf die allgemeine TKÜ-Rechtsvorschrift zwingt, darf nicht beklagen, dass Vorgaben nicht eingehalten würden, die es derzeit noch nicht gibt und für deren Schaffung die Justizministerin zuständig wäre. Eine Skandalsierung legitimer Maßnahmen dagegen hilft nicht weiter.“
Quelle: Pressemappe CDU/CSU Bundestagsfraktion, presseportal.de

  • Vorgaben, die es noch nicht gibt? Das BVerfG hat aufgrund der geltenden Rechtslage, der gesetzlichen und verfassungmäßigen Vorgaben, entschieden. Der vom CCC untersuchte Trojaner verstößt, ob von staatlicher oder privater Stelle angewandt, gegen geltendes Recht. Wer ihn nutzt, macht sich strafbar und kann sich aufgrund der Entscheidung des BVerfG auch nicht auf einen Verbotsirrtum berufen. Zum Nachlesen: Dosch, in: KLawtext mit vielen weiteren Nachweisen und Links auf die Entscheidung des BVerfG.
  • Vorschriften, für deren Schaffung die Justizministerin zuständig wäre? Muß ich Ihnen schreiben, wer nach unserer Verfassung Gesetze einbringen kann? Lassen Sie ‚mal hören, wie ein solches Gesetz Ihrer Meinung nach aussehen sollte! Auf dieser Welt, auf der ich lebe, würde Ihnen eine Gesetzesinitiative, die dem vom CCC untersuchten Trojaner Rechtmäßigkeit verschaffte, selbst den letzten Listenplatz versagen.

Deutliche Worte

Ich fand die Entscheidung des AGH Nordrhein-Westfalen v. 07.01.2011 – 2 AGH 48/10 – nicht kommentierungsfähig, allein schon, weil sie aufgrund eines „belehrenden Hinweises“ erging und sich damit der Zugang zum AGH „ergaunert“ wurde. Ich stand mit der Auffaussung wohl alleine, ist sie doch häufig zitiert.

Nun hat der Kollege Wedel im Anwaltsblatt 2011, 753 auch noch den zivilrechtlichen Teil besprochen: „Massenhaftes Inkasso: Inkasso- plus RVG-Gebühr – geht das wirklich nicht?“

Sauber und nüchtern den status quo zur Rechtsfrage dargestellt. Zur Leistung der AGH-Richter: „Erstes Fazit: Gewissenhaftes Arbeiten sieht anders aus.“

Und das nicht nur aus zivilrechtlicher Sicht. Zuvor schon hatte Kleine-Cosack schon in der NJW die Entscheidung zerrissen, er hat sie als „unhaltbar“ bezeichnet.

Wir sollten diese Entscheidung einfach ignorieren. Sie ist des Kommentars nicht wert. Auch nicht der Feststellung, daß schlicht die Darstellung der zivilrechtlichen Rechtslage unzutreffend erfolgte. Was mich verwundert: Hatten die beiden OLG Richter sich gegenüber den drei Anwälten im AGH nicht durchsetzen können oder haben sie sie absichtlich ins Messer laufen lassen? Denn von den Richtern stammt der Mist sicherlich nicht.

Staatstrojaner: Und keiner hat davon gewußt?

Die Deutschen wissen es durch eine Ohrfeige des Fürstlichen Obergerichtes v. v. 24.05.2011 – 14 RS.2009.150 – schon länger. Dort wurde schon klar ausgeführt, was Bayerische Behörden so veranstalten:

Mit Beschluss vom 02.04.2009 ordnete das Amtsgericht … die Überwachung des Tefekommunikationsverkehrs des Beschuldigten … an, wobei ausdrücklich erkannt wurde, dass „die Durchsuchung eines Computers nach bestimmten auf diesem gespeicherten Daten sowie das Kopieren und Übertragen von Daten von einem Computer, die nicht die Telekominunikation des Beschuldigten über das Internet mittels Voice-over-IP betreffen unzulässig seien.“ Dieser ausdrücklichen Anordnung zuwider fertigten die die Überwachung ausführenden Beamten offensichtlich im zeitlichen Abstand von 30 Sekunden während aktiv geschaltetem lnternet-Browser Screenshots von der Bildschirmoberfläche des Computers des Beschuldigten … an, was sie nur konnten, weil sie auf diesem Computer unzulässigerweise eine „Spionagesoftware“ installiert hatten. Mit Beschluss vom 20.01.2011 erkannte das Landgericht … , dass der Vollzug des Beschlusses des Amtsgerichts … im Umfange der Anfertigung der erwähnten Screenshots rechtswidrig gewesen sei.

Wäre die … der ersuchenden Behörde tatsächlich, wie in der Beschwerde behauptet und gemäss derzeitigem Erkenntnisstand nicht auszuschliessen, aufgrund des dadurch, dass auch grafische Bildschirminhalte (Screenshots) kopiert und gespeichert wurden, rechtswidrig vollzogenen Beschlusses des Amtsgerichts … vom 02.04.2009 bekannt geworden, so stünde der Rechtshilfegewährung der gernäss Art. 2 Bst. b EuRhÜbk und gleichermassen gernäss Art. 2 RHG vorbehaltene inländische ordre public entgegen.

Der Kollege Sevriens
blogte schon am 21.02.2011: “Rechtmäßigkeit der Überwachung von Computer mit Trojaner, der alle 30 Sekunden Bildschirmausdrucke erstellt

Und auch der Spiegel hat schon im Heft 9/2011 beschrieben, wie in diesem Fall der Bayerntrojaner auf dem Flughafen Franz-Josef-Strauß auf den Laptop des Beschuldigten eingespielt wurde:

Das bayerische Landeskriminalamt setzte bei Ermittlungen ein rechtswidriges Spionageprogramm ein.

Hoeren schreibt jetzt dazu im Beck-Blog: Der Bundestrojaner: Jetzt muss Schluß sein.

Die Masche ist bekannt und es wird nicht bald Schluß sein. Es hat seinen Grund, warum wir unseren Top-Mandanten eine sichere Telekommunikation bieten: Key-Client Es sind auch die Mitbewerber, vor denen man sich schützen muß, nicht nur vor dem BayLKA.

Ob wohl Strafverfahren gegen die Beamten des LKA geführt werden, die den im Beschluß des Amtsgerichtes umgrenzten Umfang der Ermittlungen einfach ignorierten?

Update 11.10.2011
Der Beschluß des LG Landshut 4 Qs 346/10 auf ijure.org. Dort auch der zugrundeliegende Beschluß des AG Landshut v. 02.04.2009 II Gs 1200/09 (StA Landshut 45 Js 11552/08).