Flucht in die Krankheit – kein Ausweg!

Es ist ein Dauerbrenner in der anwaltlichen Beratungspraxis als Fachanwalt für Familienrecht: Kann der für den Kindesunterhalt barunterhaltspflichtige Elternteil seiner Erwerbsobliegenheit durch Flucht in Krankheit entgehen? Davor kann ich nur warnen. Zum einen verrennt sich der barunterhaltspflichtige Elternteil (oftmals immer noch der Kindesvater) damit oft ins wirtschaftliche Abseits. Zum anderen geht diese Flucht in die Krankheit in den allermeisten Fällen schief, hilft unterhaltsrechtlich also nicht.

Die Ausgangssituation ist oftmals folgende: Der von der Kindesmutter getrennt lebende Kindesvater ist arbeitslos oder verdient gerade einmal so viel, dass er den notwendigen Selbsbehalt des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen gegenüber minderjährigen Kindern in Höhe von 1.000,00 € nicht überschreitet, strengt sich bei der Arbeitssuche gegebenenfalls auch nach einer besser bezahlten Tätigkeit oder einem Nebenjob nicht sonderlich an und möchte keinen Kindesunterhalt an die Kindesmutter, bei der das Kind lebt, zahlen. Die Gründe sind vielfältig. Oftmals könnte der Kindesvater nach seiner beruflichen Qualifikation jedenfalls in der Region Berlin und Umland bzw. Ostdeutschland, wo die Einkommen im Allgemeinen sehr niedrig sind, auch wenn er sich anstrengt, ohnehin nur ein Einkommen erzielen, was unter oder auch nur knapp über dem Arbeitslosengeld II läge. Beziehungsweise hat der Kindesvater so viele Unterhaltspflichten (unterhaltsverpflichtete Kinder), dass er kaum über das Arbeitslosengeld II hinaus kommt. Und/oder er gönnt den Kindesunterhalt der Kindesmutter z.B. nicht, weil er davon ausgeht, dass sie das Geld nicht für das Kind, sondern für andere Zwecke verwendet. Daneben gibt es natürlich noch andere Motive, deren Aufzählung hier zu weit führen würde.

Zum Problem für den Unterhaltspflichtigen wird dann seine gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber dem minderjährigen Kind gemäß § 1603 Absatz 2 S. 1 BGB, wonach er sich um eine Erwerbstätigkeit, erforderlichenfalls auch um eine Nebentätigkeit, unter Umständen sogar bundesweit bemühen muss und seine Erwerbsbemühungen im Streitfall auch nachzuweisen hat. Diesem Problem wird dann häufig durch Vorlage von Krankschreibungen und ärztlichen Attesten begegnet, was den Agenturen für Arbeit oder Jobcentern bzw. Argen überraschend oft ausreicht.

Dies ist aber zu kurz gedacht. Unterhaltsrechtlich reicht dies nur in den seltensten Fällen aus, um der Erwerbsobliegenheit zu entgehen. Denn bei genauer Betrachtung ergibt sich häufig keine allgemeine Erwerbsminderung, sondern nur eine Minderung der Arbeitsfähigkeit bezogen auf einige Tätigkeiten/Berufsfelder und auch nur von vorübergehender Dauer. Außerdem ergeben die im Streitfall von den Familiengerichten eingolten Sachverständigengutachten, dass ärztliche Atteste naturgemäß auch vom Vertrauen des behandelnden Arztes in seinen Patienten geprägt sind und die vom Patienten geschilderte Krankheitsgeschichte und geschilderten Beeinträchtigungen nicht in der gleichen Weise hinterfragen und überprüfen, wie es ein Arzt als gerichtlich bestellter Sachverständiger im Streitfall tun muss. Die geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen stellen sich dann oft als weniger schwer dar, als zunächst behauptet.

Dies ist auch nur logisch. Wäre ein Unterhaltspflichtiger nämlich zur Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen in Hinsicht auf sämtliche Erwerbstätigkeiten dauerhaft nicht in der Lage, würde dies bei richtiger Rechtsanwendung einem Arbeitslosengeld II – Bezug entgegenstehen. Vielmehr würde Erwerbsminderungsrente und/oder Sozialhilfebezug vorliegen. Dies setzt aber im Regelfall ebenfalls voraus, dass eine Begutachtung der Erwerbsfähigkeit durch zum Beispiel Jobcenter oder Deutsche Rentenversicherung stattgefunden hat.

Wenn der Unterhaltspflichtige aber seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachkommt, wird ihm fiktiv ein Einkommen hinzugerechnet, was er erzielen könnte, wenn er seiner Erwerbsobliegenheit vollständig nachkäme.

Am Ende ergibt sich für den Unterhaltspflichtigen dann oft ein verlorener „Unterhaltskrieg“ mit entsprechenden Unterhaltsrückständen und Verfahrenskosten als Schulden.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner in Berlin.

 

 

 

 

Vergessen Sie nicht den Ehevertrag vor der Eheschließung!

Ich weiß noch, wie ich während der ersten Semester meines Studiums dachte: „Wie unmoralisch, vor der Heirat bereits an die Scheidungsfolgen zu denken, obgleich die Ehe doch eine Herzensangelegenheit ist!“ Heute, nach 14 Jahren Anwaltstätigkeit, kann ich mich in meine Denke von damals kaum noch hineinversetzen und halte sie für naiv. Wahrscheinlich ernte ich damit den Spott der Nichtjuristen nach dem Motto: Typisch Anwalt, immer an Streit denken! Aber es sind die vielen Fälle, in denen nach einer Trennung das Vermögen mühsam mit vielfältigem Streitpotenzial ermittelt, auseinandergesetzt und verteilt werden muss, die mich zu der festen Überzeugung gelangen lassen, dass man sich bei einer rechtlich so folgenreichen Entscheidung, wie der Eheschließung, auch über die rechtlichen Folgen Gedanken machen und sich anwaltlich beraten lassen sollte.

Das gilt bei dem ehelichen Güterrecht auch deshalb, weil der Zugewinnausgleich, der gilt, wenn die Eheleute nichts vereinbart haben und den jeder Ehegatte für den Fall einer Scheidung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten beantragen kann, oft zu überraschenden Ergebnissen führt. Gerade bei Langzeitehen in mittleren oder besseren Einkommensverhältnissen ist es die Ausnahme, dass die Eheleute bei einem Scheitern der Ehe auch nur annähernd abschätzen können, was bei dem Zugewinnausgleich herauskommt und über das tatsächliche Ergebnis dann oft verwundert, je nach dem erschrocken oder hoch erfreut, sind. Im Regelfall sind die Details der Berechnungsweise des Zugewinnausgleichs (z.B. durch Berücksichtigung eines auch negativen Anfangsvermögens, der Indexierung, der besonderen Berücksichtigung privilegierter Zuwendungen oder unentgeltlicher Zuwendungen, des Einflusses gemeinsamen Eigentums oder z.B. des Hauskredits auf den Zugewinnausgleich) für die Eheleute vor der anwaltlichen Beratung nämlich nicht überschaubar. Zum Teil, insbesondere bei Selbständigen, kann dann der Zugewinnausgleich auch zur Existenzbedrohung werden. Daher macht es Sinn, durch einen Ehevertrag vor Eheschließung Rechtssicherheit zu schaffen und zu regeln, was im Falle einer Scheidung gelten soll.

Dabei sind Regelungen zum ehelichen Güterrecht einer ehevertaglichen Gestaltung im Hinblick auf die nachrangige Bedeutung im System der Scheidungsfolgen weiter als Regelungen zum nachehelichen Ehegattenunterhalt und Versorgungsausgleich zugänglich, so der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, zuletzt in seinem Urteil vom 21.11.2012 – XII ZR 48/11 -. Es gilt insoweit weitgehend Vertragsfreiheit.

Selbst wenn man nichts regeln möchte, sondern bei einem etwaigen Scheitern der Ehe den Zugewinnausgleich in Kauf nimmt, sollte man sich bereits vor Eheschließung hierüber Gedanken machen.

Denn die gesetzliche Regelung des Zugewinnausgleichs setzt voraus, dass die jeweiligen Vermögensbilanzen beider Eheleute nicht nur zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags, sondern auch zum Zeitpunkt der Eheschließung ermittelt werden. Insbesondere bei Langzeitehen kommt es oft vor, dass die nachträgliche Ermittlung und vor allen Dingen Nachweisbarkeit von Vermögenswerten bzw. Verbindlichkeiten anhand von Belegen zum Zeitpunkt der Eheschließung nur noch lückenhaft möglich ist. Das hängt auch damit zusammen, dass Kontoauszüge dann oft schon vernichtet sind und Banken nur für die zurückliegenden 10 Jahre verpflichtet sind, Kontobewegungen zu speichern und hierüber Kontoauszüge zu erteilen. Wenn sich dann eigene Guthaben bzw. Verbindlichkeiten des Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht mehr nachweisen lassen, sind finanzielle Nachteile beim Zugewinnausgleich oft die Folge.

Um diese Nachteile zu vermeiden, sollten die Eheleute – auch wenn sie keinen Ehevertrag schließen wollen – Vermögensaufstellungen, die sowohl Aktivvermögen, als auch Passivvermögen (Verbindlichkeiten) beinhalten, auf den Zeitpunkt der Eheschließung bezogen für jeden von sich aufschreiben und gemeinsam unterzeichnen. Dann kann es später über die Vermögensstände der Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung kaum noch Streit geben und es ist auch nur fair, späteren Beweisschwierigkeiten durch eine Dokumentation der tatsächlichen Gegebenheiten vorzubeugen.

Eheverträge bedürfen der notariellen Beurkundung.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner in Berlin.

Recht zur Lüge

Was macht ein Bewerber bei dem Bewerbungsgespräch und/oder Einstellungsgespräch, wenn ihm der Arbeitgeber eine unzulässige Frage stellt?

Solche unzulässigen Fragen können z.B. sein:

die Frage nach der Familienplanung,

– ob die Bewerberin schwanger ist,

– ob noch ein Kinderwunsch bestehe,

– ob die Bewerberin sich hat sterilisieren lassen,

– Frage nach Schwerbehinderung oder Gleichstellung,

– Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit,

– grundsätzlich auch die Frage nach Lohnpfändungen und Fragen zu den Vermögensverhältnissen,

– Frage nach Religionszugehörigkeit, wenn der Arbeitgeber nicht selbst ein kirchlicher Tendenzbetrieb ist,

– grundsätzlich auch die Frage nach einer Parteimitgliedschaft.

Würde der Bewerber auf eine unzulässige Frage wahrheitsgemäß antworten, dann würde der Missbrauch des Fragerechts noch belohnt werden und der Schutz des Arbeitnehmers vor unzulässigen Fragen ginge verloren.

Die Aussage verweigern kann der Bewerber auch nicht guten Mutes. Dann ist die Stelle gleich weg.

Also billigt die Rechtsprechung dem Bewerber auf solch unzulässige Fragen das Recht zur Lüge zu. Dies ist seit vielen Jahren einhellige Meinung unter den Arbeitsrechtlern und ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

In einem kürzlich entschiedenen Rechtsstreit ging es darum, ob eine Bewerberin für eine Stelle als angestellte Lehrerin auf die Frage nach eingestellten Ermittlungsverfahren lügen durfte. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 15.11.2012 – 6 AZR 339/11 – bejaht. Im Regelfall kann der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse an der Beantwortung einer Frage nach bereits eingestellten Ermittlungsverfahren bzw. der Frage, ob in den letzten Jahren vor der Einstellung, Ermittlungsverfahren gegen den Bewerber anhängig waren, haben, anders als es bei der Frage nach laufenden Ermittlungsverfahren oder strafrechtlichen Verurteilungen für bestimmte Tätigkeiten der Fall ist. Denn eingestellte Ermittlungsverfahren sind nach § 53 Bundeszentralregistergesetz auch nicht in einem Führungszeugnis für private Zwecke oder in Auskünften gegenüber Gerichten und Behörden zu erwähnen. Zu Recht wird dadurch die Unschuldsvermutung gestärkt. Denn ohne eigenes Verschulden kann es schließlich jedem nicht nur passieren, dass er Opfer einer Straftat wird, sondern auch wiederfahren, dass er Beschuldigter eines Ermittlungsverfahrens wird.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner in  Berlin.

 

Nationales Waffenregister verstößt gegen Datenschutz

Das beim Bundesverwaltungsamt geführte Nationale Waffenregister (NWR) wurde durch Gesetz vom 25.06.2012 eingeführt und sollte zum 01.01.2013 seine Arbeit aufnehmen (DIP). Geschätzte Kosten für die Inbetriebnahme 4,3 Mio €, jährlicher Aufwand ca. 2,6 Mio €. Einzelheiten finden Sie hier und hier.

Das NWR verhindert natürlich genauso wenig den Waffenmißbrauch (insbesondere mit illegalen Waffen) wie das beim Kraftfahrtbundesamt geführte Zentrale Fahrzeugregister Verkehrsunfälle.

Das Gesetz sieht in § 10 NWRG umfassende Auskunftsrechte aller möglichen und unmöglichen Dienststellen vor. Der Zoll, die Steuerfahndung, der Dienste Horch und Guck und sogar für die zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden für Zwecke des Ordnungswidrigkeitenverfahrens. Ob wohl auch die Rechtsanwaltskammern Auskünfte erhalten? Schließlich sind sie auch Ordnungswidrigkeitenbehörden.

Da ist es doch gut, daß das Gesetz auch die Auskunft an den betroffenen Wafenbesitzer geregelt hat, § 19 NWRG. Vernünftig geregelt, wie sich das der Bundesdatenschutzbeauftragte so vorgestellt hat:

Sowohl bei den Eckpunkten des BMI wie auch im eigentlichen Gesetzgebungsverfahren zum Errichtungsgesetz für das Nationale Waffenregister und zur entsprechenden Durchführungsverordnung habe ich datenschutzrechtliche Belange geltend gemacht. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die notwendigen datenschutzrechtlichen Vorkehrungen sowohl in sachlicher als auch in technischer Hinsicht Berücksichtigung gefunden haben. Das Gesetz zur Errichtung eines Nationalen Waffenregisters (NWRG) und die Verordnung zur Durchführung des Nationalen-Waffenregister-Gesetzes (NWRG-DV) bilden jetzt eine solide Grundlage für das zum 1. Januar 2013 einzurichtende Register.
Quelle: 24. TB Nr. 8.7

Im Waffenrecht ist alles anders! Was macht das NWR, das Bundesverwaltungsamt, mit Anfragen gem. § 19 II NWRG der legalen Waffenbesitzer über ihre gespeicherten Daten?

Im Widerspruch zur klaren Gesetzeslage fordert es den Anfragenden auf, amtlich beglaubigte Kopien oder amtlich beglaubigte Unterschriften beizubringen und weist dann noch zynisch darauf hin, daß damit der Grundsatz der Kostenfreiheit nicht verletzt sei, „da diese (die Auskunft) für sich weiterhin gebührenfrei (sei).“ Selbstverständlich verweist die Behörde nicht auf die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit der Datenübermittlung per Internet.

Und wozu das Ganze? Um zu verhindern, daß ein Nichtberechtigter unter Begehung einer Urkundenfälschung einen Auskunftsantrag stellt und die Behörde dann dem Berechtigten eine Auskunft erteilt, die er gar nicht haben wollte.

Nicht nur, daß das NWR mit den unsinnigen Forderungen gegen § 19 NWRG verstößt, sondern auch noch gegen den Grundsatz der Datensparsamkeit, § 3a BDSG, da es für die Arbeit nicht erforderliche Daten erhebt.

Auf unserem Spezialangebot Deutsches Waffenrecht haben wir die Einzelheiten dargestellt und analysiert: Sie halten uns für dumm!

Sie halten uns für dumm

Polizeikelle

Nachfolgend ein längerer Beitrag zur Auskunftspflicht des Bundesverwaltungsamtes (BVA) zu den dort gespeicherten Daten im Rahmen des Zentralen Waffenregisters (Nationales WaffenRegisterGesetz, NWRG) am Beispiel meines eigenen Auskunftsantrages.

Ich berichtete über das Gesetz und den Auskunftsanspruch: Zentrales Waffenregister

Dort ist das Muster eines Auskunftsantrages wiedergegeben; ich hatte den Antrag am 25.10.2012 gestellt. Nach Monaten bekam ich eine nichtssagende Zwischennachricht und mit Schreiben vom 23.05.2013 wurde ich aufgefordert, eine amtlich beglaubigte Kopie meines Personalausweises/Reisepasses oder eine amtlich beglaubigte Unterschrift durch die siegelführende Stelle vorzulegen:

NWR_Anschreiben

NWR_Antrag

NRW_Hinweis

Diese Untersuchung wird belegen, daß die Forderung der Behörde rechtswidrig ist.

Gesetzliche Grundlage ist § 19 NWRG:

§ 19 Auskunft an den Betroffenen; Berichtigung von Daten

(1) Die Registerbehörde erteilt dem Betroffenen entsprechend § 19 des Bundesdatenschutzgesetzes Auskunft. Über die Erteilung einer Auskunft entscheidet die Registerbehörde im Benehmen mit der Waffenbehörde, die die Daten übermittelt hat.

(2) Der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 muss die nachfolgenden Angaben zur antragstellenden Person enthalten:

1. Familienname,
2. Vornamen,
3. Anschrift und
4. Tag, Ort und Staat der Geburt.

(3) Die Auskunft kann auch im Wege der Datenübertragung über das Internet erteilt werden. Dabei ist zu gewährleisten, dass dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit, insbesondere im Hinblick auf die Vertraulichkeit und Unversehrtheit der Daten, getroffen werden. Die Identität des Antragstellers ist nachzuweisen mittels:

1. eines elektronischen Identitätsnachweises,
2. eines Identitätsbestätigungsdienstes,
3. einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder
4. eines anderen elektronischen Nachweisverfahrens, welches über einen entsprechenden Stand der Technik zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit verfügt.

(4) Sind gespeicherte Daten unrichtig oder unvollständig, hat die Registerbehörde unverzüglich einen entsprechenden Hinweis an die zuständige Waffenbehörde zu übermitteln. § 8 Absatz 2 gilt entsprechend.

Damit hat das Gesetz die Anforderungen an den Antrag klar definiert.

Für den Regelfall ist die Identität des Antragstellers durch die Angaben seiner Personalien ausreichend nachgewiesen. Nur für den Fall der Übermittlung im Internet sind vom Gesetzgeber besondere Anforderungen an die Identifizierung vorgesehen.

Das Bundesamt fordert durch die amtlich beglaubigte Unterschrift für den Fall der „einfachen“ Auskunft sogar mehr, als der Gesetzgeber für den Fall der „Internetauskunft“ vorgesehen hat.

Bei der qualifizierten elektronischen Signatur verfügt der Verwender über eine Signaturkarte und eine Zahlenkombination. Jeder, der im Besitz der Karte und der Zahlenkombination ist, kann eine qualifizierte elektronische Signatur erstellen. Die vom Gesetzgeber geforderte Signatur beweist demgemäß nur, daß die Karte unter Verwendung der richtigen Zahlenkombination eingesetzt wurde. Wer die Signatur vornahm ist nicht erkennbar.

Das reichte dem Gesetzgeber als Sicherheit aus.

Bei der vom BVA geforderten beglaubigten Unterschrift muß sich die Urkundsperson über die Identität des Unterschreibenden versichern, die Identität ist sichergestellt.

Die Anforderungen des Nationalen Waffenregisters, beglaubigte Kopien der Ausweisdokumente vorzulegen, sind weder geeignet noch erforderlich.

Die Vorlage einer beglaubigten Kopie des Ausweisdokumentes beweist die Identität des Antragstellers nicht. Jeder kann mit einem beliebigen (fremden) Ausweis zum Notar gehen und eine beglaubigte Fotokopie erstellen lassen, ohne eine Begründung abgeben zu müssen. Die Beglaubigung erhöht die Sicherheit nicht, sie kostet nur Geld. Wer sollte im übrigen ein Interesse daran haben, eine Kopie zu fälschen?

Die Anforderungen sind auch nicht erforderlich. Im Antrag gibt der Antragsteller die im Gesetz geforderten Daten bekannt. Sie werden im Regelfall mit den von den Waffenbehörden übermittelten Daten übereinstimmen. Das NWR übersendet dem Berechtigten die Auskunft.

Wenn ein Nichtberechtigter den Antrag stellt (und dabei eine Urkundenfälschung begeht), erhält der Berechtigte die Auskunft über seine gespeicherten Daten. So what? Wo ist der Schaden?

Für die Fälle der abweichenden Adressen würde im Einzelfall das Verlangen auf Übersendung einer aktuellen Meldebestätigung ausreichen.

Die vom BVA aufgestellten Forderungen sind rechtswidrig. Darüber hinaus ist beachtlich, daß das Amt in seinen Erläuterungen nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung verweist. Der neue Pesonalausweis wäre dafür prädestiniert.

Das ist einfachste Gesetzesauslegung!

Von den Fachleuten beim Nationalen Waffenregister hätte ich darüber hinaus zumindest erwartet, daß sie die Gesetzesbegründung kennen.

Im Rahmen der Ausführungen zu den mit dem Gesetz verbundenen Bürokratiekosten wird die oben erarbeitete Selbstverständlichkeit noch einmal ausgeführt:

Da der Nachweis der Urheberschaft nur bei elektronischer Datenübertragung geführt werden muss und davon ausgegangen wird, dass diese Form von nur ca. 20 Prozent gewählt wird, ergibt sich eine Fallzahl von 608 und ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 3 Minuten. (Seite 16)

In der Einzelbegründung zum Gesetz wird die Norm des § 19 NWRG erläutert und ausdrücklich darauf verwiesen, daß in den Fällen des Absatz 2 die dort aufgeführten Angaben als Identitätsnachweis ausreichend sind:

Nach Absatz 2 ist zum Zwecke des Identitätsnachweises die Angabe bestimmter Grundpersonalien erforderlich. Absatz 3 trägt den modernen Kommunikationsbedingungen Rechnung und lässt grundsätzlich die Auskunftserteilung an den Betroffenen auch im Wege der elektronischen Datenübertragung über das Internet zu. Zur Wahrung der Authentizität, Vertraulichkeit und Integrität ist auf Seiten des Antragstellers erforderlich, dass die Urheberschaft durch einen dem Stand der Technik entsprechenden elektronischen Nachweis geführt wird. (Seite 26)

Der Gesetzestext ist eindeutig. Die Begründung des Gesetzentwurfes weist ebenfalls daraufhin, daß als Indentitätsnachweis im Regelfall die Angaben gem. Absatz 2 der Vorschrift ausreichend sind.

Gleichwohl fordert die Behörde ungeeignete und nicht erforderliche Nachweise. Ist wirklich ein Schuft, wer Böses dabei denkt?

Hinzu kommt, daß die Forderung des Nationalen Waffenregisters auf Übersendung der Kopie des Ausweisdokumentes gegen das geltende Datenschutzrecht, den Grundsatz der Datensparsamkeit (§ 3a BDSG), verstößt. Mit der Forderung nach Übersendung der Kopie des Ausweises werden personenbezogene Daten erhoben, die für die Erfüllung des Zweckes nicht erforderlich sind. Und das sind nicht wenige:

  • Die Tatsache, daß der Antragsteller im Besitz eines Personalausweises oder Reisepasses ist
  • Das Foto des Ausweisinhabers
  • Die Ausweisnummer
  • Die Angabe des Gültigkeitszeitraumes und damit das Ausstellungsdatum
  • Die Augenfarbe
  • Die Größe des Inhabers
  • Die ausstellende Behörde

Wollen wir wetten, daß des bald eine Gesetzesänderung gibt, die dem NWR die Erhebung dieser Daten und deren automatische Verarbeitung gestattet?

Die obigen Ausführungen sind das Ergebnis der Anwendung des normalen Handwerkszeuges eines Juristen und erfordern keine Spezialkenntnisse.

Es stellen sich mir ein paar Fragen:

Wenn die Behörde nach Monaten der Vorbereitung nicht weiß, daß sie sich rechtswidrig verhält, wie ist es um die Befähigung der Mitarbeiter bestellt?

Ist eine Behörde mit derart unqualifizierten Mitarbeitern in der Lage, ihre Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen?

Die Daten sind hochsensibel. Wenn schon einfachste Aufgaben nicht richtig erfüllt werden, wie steht es um die anspruchsvolleren Aufgaben?

Oder, ich wage es gar nicht zu denken: Steckt System dahinter? Hat die Behörde absichtlich die Antragsteller gegängelt, um sie von ihren berechtigten Ansprüchen abzuhalten?

Wird das Musterschreiben jedesmal neu verfaßt und es handelt sich um eien Tippfehler oder hat beim Textbaustein jemand nicht gemerkt, daß das Possessivpronomen der 3. Person Singular im Genitiv stehen muß?

© Photo: Armin Bachert/pixelio.de