Sex sells – führt zu mehr Klicks und Wählerstimmen

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  • Sie kocht ein romantisches Dinner,
  • eine Flasche Rioja, Alta Reserva 2005, vielleicht auch zwei,
  • Kerzenschein,
  • verliebte Blicke.
  • Sie erzählt ihm von ihrem letzten Einkauf im Dessous-Laden,
  • und fragt ihn, ob er noch etwas anderes möchte …

Männer, laßt die Hose zu! Es reicht nicht mehr, auf ein klares Nein! zu warten. Künftig geht ihr in den Knast:

(1) Wer unter Ausnutzung einer Lage, in der eine andere Person

2. aufgrund der überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig ist oder
3. im Fall ihres Widerstandes ein empfindliches Übel befürchtet,
sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder an sich von dieser Person vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, …

Bedingter Vorsatz reicht.

Jeder vernünftige Mann wird sich von ihr ein Revers unterschreiben lassen. Das ist zwar auch nicht sicher, sicher lustmindernd, aber immerhin:

  1. Ich bin aufgrund meines körperlichen und psychischen Zustandes zum Widerstand fähig.
  2. Die nun folgenden sexuellen Handlungen überraschen mich nicht.
  3. Ich rechne nicht mit einem empfindlichen Übel wenn ich Widerstand leiste.
  • Vielleicht schätzt sie ihren psychischen Zustand falsch ein?
  • Wird es in Zukunft spezialisierte Beischlaf-Psychologen geben, die der Frau ein Attest ausstellen, das sie immer mit sich führen kann?
  • O.K., nach dem Bericht vom Dessous-Einkauf war Susi Sorglos nur überrascht, daß er ihr den Revers vorlegte.

Das Justizministerium hat den Entwurf auch begründet:

Eine enge zeitliche Kongruenz zwischen Widerstand und Übel ist nicht erforderlich. Der Tatbestand ist daher zum Beispiel auch erfüllt, wenn das Opfer Widerstand unterlässt, weil es befürchtet, dass anderenfalls in der Zukunft eine Kündigung ausgesprochen wird.

Tja, Pech, mein Lieber, es war weder Liebe noch Lust – auch wenn Du es nicht gemerkt hast.

Es gilt dann noch mehr: „Never fuck the team!“ Nur dumm, daß die Vorschrift nicht auf Sex am Arbeitsplatz beschränkt ist. Vielleicht während des Koitus öfter nachfragen?

Und die auch in diesem Entwurf gebetsmühlenartig wiederholte verlogene Argumentation mit Europarecht, das angeblich die Gesetztesänderung notwendig macht, stimmt auch nicht:

Istanbul-Konvention
Artikel 36 – Sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigung
1 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgendes vorsätzliches Verhalten unter Strafe gestellt wird:
a) nicht einverständliches, sexuell bestimmtes vaginales, anales oder orales Eindringen in den Körper einer anderen Person mit einem Körperteil oder Gegenstand;
b) sonstige nicht einverständliche sexuell bestimmte Handlungen mit einer anderen Person;
c) Veranlassung einer Person zur Durchführung nicht einverständlicher sexuell bestimmter Handlungen mit einer dritten Person.
2 Das Einverständnis muss freiwillig als Ergebnis des freien Willens der Person, der im Zusammenhang der jeweiligen Begleitumstände beurteilt wird, erteilt werden.
3 Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Absatz 1 auch auf Handlungen anwendbar ist, die gegenüber früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen oder Partnern im Sinne des internen Rechts begangen wurden.

Diese Bedingungen der Istanbul-Konvention erfüllt das deutsche Sexualstrafrecht seit Jahrzehnten. Man muß schon besondere Fähigkeiten haben, um aus dieser Passage die Notwendigkeit der oben wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen herzuleiten. Darüber hinaus ist die Konvention von Deutschland zwar unterzeichnet aber nicht ratifiziert worden – und sollte es auch nicht werden.[1]

Prof. Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes, hat zur Entstehungsgeschichte der Norm Erbauliches beigetragen und Fr. Künast beschrieben, der die ZEIT Platz für eine Erwiderung einräumte:

Fischer, Sexuelle Gewalt – Sexualstrafrecht Teil 1 Die Schutzlückenkampagne[2]
Fischer, Sexuelle Gewalt – Sexualstrafrecht Teil 2 Es gibt keinen Skandal[3]

Ich bin der ZEIT unglaublich dankbar für den Abdruck der Erwiderung Künasts. Ich liebe es, wenn meine übelsten Vorurteile bestätigt werden. Finden Sie darin ein Argument? Gar ein tragfähiges?

Künast, Fischer allein im Rechtsausschuss[4]

Wer nun denkt, ach, na ja, die Künast. Der irrt.

Dieser Beitrag sollte Teil 2 des Beitrages Sag dem Rechtsstaat leise servus werden.

Der Entwurf stammt aus dem Hause Maas. Das ist der Minister. Bundesminister. Justizminister. ‚Tschuldigung ich muß wegen der ständigen Änderungen immer nachgucken: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz heißt das jetzt.

Der glänzte auch auf der Pegida-Nachfolgeveranstaltung am 13. Januar 2016 im Deutschen Bundestag:

Es ist bedauerlicherweise nun einmal so, dass die Rechtsprechung in der Vergangenheit nicht wegen Vergewaltigung verurteilen konnte, wenn sich ein Opfer nicht ausreichend zur Wehr gesetzt hat.
Wenn Frauen auf Widerstand verzichten, weil sie sich ansonsten noch größerer Gewaltanwendung ausgesetzt sehen, dann hat auch das in der Vergangenheit dazu geführt, dass nicht bestraft werden konnte, zumindest nicht im Rahmen dessen, was nach § 177 Strafgesetzbuch möglich ist.

Daß diesen Aussagen der Nicht-Jurist zustimmen mag, ist verständlich. Gleichwohl sind sie falsch. Der Minister hat jedoch zwei juristische Staatsexamina.[5]. Das ist der Mann, der den Generalbundesanwalt in die Wüste schickte:

Was sagt der Strafverteidiger dazu?

„***Piep***“

Nachtrag 25.01.2016 15:18h
Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung über den von Künast und Fischer herangezogen Fall: Vergewaltigung – wie würden Sie entscheiden. Stimmen Sie ab!

  1. [1] Die Konvention erläutert den Begriff der sexuell bestimmten Handlung wie folgt: „Mit der Bezeichnung „sexuell bestimmt“ wird eine Handlung beschrieben, die eine sexuelle Konnotation hat, im Unterschied zu solchen, die keine solche Konnotation oder Nuance aufweisen.“ Ich denke, zwischen den Lesern und mit besteht Einigkeit, daß nicht jede Handlung, die eine sexuelle (was ist das?) Nuance aufweist, Tatbestandsmerkmal einer Straftat sein sollte.
  2. [2]Der Bundestag diskutiert, ob das Sexualstrafrecht verschärft werden soll. Doch wissen die Abgeordneten überhaupt, von was sie reden? Oft leider nicht.
    Eine Kolumne von Thomas Fischer
  3. [3]Unser Sexualstrafrecht ist bereits von einer kaum zu überbietenden Dichte, Schärfe und Kompliziertheit. Wir sollten es endlich einmal in Ruhe lassen.
    Eine Kolumne von Thomas Fischer
  4. [4]Bundesrichter Fischer hat in seiner Kolumne behauptet, im Sexualstrafrecht bestehe kein Handlungsbedarf. Diese These ist aber falsch, ebenso wie sein Politikverständnis.
    Ein Gastbeitrag von Renate Künast
  5. [5]Bitte keine Witze über das Landesprüfungsamt für Juristen Saarland, es hatte am Nachmittag des 20. Januar 2016 und am Donnerstag , den 21. Januar ab 11 Uhr geschlossen. Internet-Abfrage v. 23.01.2016 14:30
2 Kommentare
  1. RA Jede
    RA Jede sagte:

    Sowohl Künast, als auch Fischer, beziehen sich u.a. auf eine veröffentlichte Entscheidung.

    Die Feststellungen des Gerichtes im Fall der 15-jährigen können von jedem nachgelesen werden. Selbstverständlich kann man sich alles auch anders vorstellen, aber das ist es nun einmal, was das zuständige Gericht als Sachverhalt festgestellt hat (Auszug):

    Der Angeklagte sagte im weiteren Verlauf des Abends zu L und C, dass sie die Wohnung nunmehr verlassen sollten. Frau L und Frau C taten was der Angeklagte von ihnen wollte und gingen aus der Wohnung.

    Auch aus Wahrnehmung der Zeugin T befanden sich Frau L und Frau C im Bereich des Treppenhauses. Die Zeugin hatte den Eindruck gewonnen, dass die Wohnungstür nur angelehnt war.

    Dann sprach der Angeklagte mit der Zeugin T und ging zu ihr herüber. Er begab sich zu der Zeugin auf die Matratze. Der Angeklagte legte sich zu der Zeugin. Die Zeugin war oben herum mit einem Top, darunter einem Büstenhalter und unten herum mit Boxer Shorts, darunter einem Tanga Slip bekleidet. Der Angeklagte forderte die – sexuell nicht unerfahrene – Zeugin T auf, sich auszuziehen. Sie sagte zunächst: „Nein, mache ich nicht.“

    Was dann im Einzelnen geschah, konnte die Kammer nicht in allen Einzelheiten aufklären. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Zeugin ihre zunächst abwehrende Haltung aufgab und sich freiwillig und selbständig und ohne weitere Einflussnahme des Angeklagten entkleidete.

    Anschließend legte sie sich rücklings auf die Matratze und hob ihre Beine hoch, um dem Angeklagten ein Eindringen seines Penis in ihre Scheide zu ermöglichen. Der Angeklagte vollzog dann mit ihr den vaginalen Geschlechtsverkehr. Er ejakulierte in der Zeugin. Den Geschlechtsakt selbst erlebte die Zeugin als unbefriedigend und sie wollte ihn nicht. Während des Geschlechtsverkehrs verhielt sich die Zeugin allerdings für den Angeklagten nicht erkennbar abwehrend, sondern ließ den Geschlechtsverkehr über sich ergehen. Den Geschlechtsakt empfand sie als Übergriff. Sie widersetzte sich dem Angeklagten aber weder verbal noch tätlich. Dass der Angeklagte Kenntnis von dem entgegenstehenden Willen der Zeugin erlangte, ließ sich nicht feststellen.

    Die Zeugin T ging davon aus, dass sich noch weitere Bewohner in dem Haus befanden, sie verhielt sich während des Geschlechtsakts leise, weil sie nicht wollte, dass Nachbarn durch Geräusche auf den Geschlechtsverkehr aufmerksam wurden.

    Nach dem Geschlechtsverkehr zog sich die Zeugin T wortlos wieder an. Dann kamen Frau L und Frau C zurück in die Wohnung. Bei der Rückkehr mussten die Damen L und C nicht die Tür aufschließen, da die Wohnungseingangstür nicht abgeschlossen war. Mit den beiden Frauen sprach die Zeugin nicht über das, was in deren Abwesenheit geschehen war.

    Die Zeugin T blieb in der Wohnung, obwohl sie diese auch hätte verlassen können. Die Zeugin hatte zu keiner Zeit die Erwartung, dass sie die Wohnung nicht auf ihren Wunsch verlassen konnte.

    Im weiteren Verlauf des Abends gerieten Frau C und der Angeklagte heftig in Streit. Der Angeklagte schlug mit einem Staubsaugerrohr auf Frau C ein. Frau L und Frau C baten die Zeugin T, deshalb die Polizei zu rufen. Die Zeugin T lief in das Badezimmer und rief von dort mit ihrem Mobiltelefon die Polizei. Die Beamten kamen zum Tatort und nahmen die Ermittlungen auf. Hinweise auf ein Sexualdelikt erhielten sie nicht. Die Zeugin T machte ihnen gegenüber keine dementsprechenden Angaben.
    OpenJur

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    Antworten
  2. T_X16
    T_X16 sagte:

    In dem Urteil steht der Sachverhalt aber noch etwas anders und führt für mich z.B. zu einem anderen Eindruck als der von Ihnen als Kurzfassung präsentierte SV.

    Z.B. dass T minderjährig war und um das hohe Aggressionspotential des Angeklagten wußte, wenn man seinen Wünschen nicht nackam und dass L + C ihm hörig waren sowie ein anderer Geschehensablauf bei der „interessanten Stelle“:
    Aus dem Urteil, Rn. 13:
    „Der Angeklagte kam dann zu der durch die gesamte Situation verängstigten 15 jährigen T auf die Matratze und forderte sie auf, sich auszuziehen. Er beabsichtigte nun, mit der Jugendlichen den Geschlechtsverkehr durchzuführen. Die Geschädigte T weigerte sich jedoch zunächst, sich auszuziehen und sagte deutlich: „Nein“. Daraufhin zog der Angeklagte jedoch der Zeugin einfach ihre Boxershorts und den Tanga selbst herunter. Ihre Oberbekleidung ließ er der Zeugin an. Dies ging für die Geschädigte T alles sehr schnell und sie sah sich nicht in der Lage, sich den Handlungen des Angeklagten zu entziehen. Dieser war ihr aufgrund seines durchtrainierten Körpers körperlich überlegen und für die Zeugin aufgrund seines vorangegangenen Drogen- und Alkoholkonsums unberechenbar. Ihr war auch bewusst, dass die beiden Zeuginnen C und L genau wussten, was der Angeklagte nun mit ihr beabsichtigte und sie keinerlei Hilfe von den beiden Frauen, die dem Angeklagten absolut hörig waren, erwarten konnte. Daher wagte die Zeugin keinerlei körperliche Gegenwehr, so dass der Angeklagte ihre Beine hochheben konnte, während die Zeugin auf dem Rücken lag.“

    In dem von Ihnen präsentierten Sachverhalt steht dagegen:
    „Der Angeklagte forderte die – sexuell nicht unerfahrene – Zeugin T auf, sich auszuziehen. Sie sagte zunächst: „Nein, mache ich nicht.“

    Was dann im Einzelnen geschah, konnte die Kammer nicht in allen Einzelheiten aufklären. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Zeugin ihre zunächst abwehrende Haltung aufgab und sich freiwillig und selbständig und ohne weitere Einflussnahme des Angeklagten entkleidete.“

    Ich wüßte gerne, warum Sie es entgegen dem, was im Urteil dazu steht, genau so darstellen und nicht anders?

    • RA Jede:
      Und ich wüßte gerne warum ich Sie nicht verstehe. Ich habe die Entscheidung korrekt zitiert, die ich kommentiert habe. Ich habe darauf verlinkt. Die Entscheidung ist im Wortlaut identisch mit der in juris wiedergegebenen Entscheidung. Was wollen Sie also? Daß ich eine Entscheidung fälsche?

      Ganz ausführlich finden Sie die Entscheidung unter dem Link im Beitrag und auf unserer Seite Vergewaltigung – Wie würden Sie entscheiden?

      Es geht hier nicht um richtig oder falsch. Es geht nicht darum, daß unsere Gesellschaft Sex mit Kindern toleriert. Es geht um einen Straftatbestand. Fällt ein Sachverhalt unter die Norm oder nicht, ist die Frage. Und man muß schon moralisch ziemlich übel drauf sein, um zu behaupten, das sei eine Vergewaltigung gewesen.

    Antworten

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