Unsitte: Zustellungen – sinnlose

Bild: Messerschmidt-The vexed manFrüher war alles besser! Die Kühe hatten noch größere Köpfe, waren nicht lila und die Handhabung der Zustellungen war anders (besser).

Früher war die automatische Datenverarbeitung bei den Gerichten und Rechtsanwälten noch nicht so verbreitet, und für eine Zustellung von Schriftstücken, also den Nachweis des Zugangs dieser Schriftstücke, war Arbeit zu leisten.

Es wurden Zustellungskarten verwandt, bei denen zwar einiges vorgedruckt war, aber es war ein gewisser Aufwand zu betreiben, um diese Karte auszufüllen. Der Anwalt, dem zugestellt wurde, mußte in die Lage versetzt werden, nur noch das Datum einzufügen, zu unterschreiben und die Karte (im wesentlichen auf Kosten des Absenders) zurückzusenden.

War die Karte nicht frankiert oder nicht ordnungsgemäß ausgefüllt, mußte der Anwalt an der Zustellung nicht mitwirken und dem Absender nur mitteilen, daß er an nicht ordnungsgemäßen Zustellungsversuchen nicht mitwirkt. Das hatte disziplinierende Wirkungen.

Heutzutage haben sich die Vorschriften und die Arbeitsweise der Gerichte und der Anwälte ein wenig geändert. Die „vorbereiteten“ Empfangsbekenntnisse werden quasi auf Knopfdruck erstellt und können „einfach“ auf das Fax gelegt und zurückgesandt werden.

Wir stellen seit Jahren eine stetige Zunahme der Übersendung von Schriftstücken per Empfangsbekenntnis fest. Diese Zustellungen sind aber für den Empfänger mit ziemlich viel Arbeitsaufwand verbunden, der regelmäßig nicht vom geringst entlohnten Mitarbeiter, sondern von der Bürovorsteherin erbracht wird.

Und das ist dann besonders ärgerlich, wenn es einer Zustellung nicht bedurfte, sondern der Kollege oder der Richter gedankenlos die Zustellung des Schriftstückes verfügte. Ärgerlich, weil die Unterzeichnung des Empfangsbekenntnis die Mitwirkung an der Erstellung einer amtlichen Urkunde ist, die z.B. für die Zwangsvollstreckung verwendet wird. Und die Prüfung des Empfangsbekenntnisse erfordert vielzählige Einzelschritte. Jede der Angaben muß geprüft werden.

  • Stimmen die Parteibezeichnungen und die Aktenzeichen?
  • Ist das zugestellte Schriftstück hinreichend und zutreffend bezeichnet?
    • Ist beispielsweise die als vollstreckbare Ausfertigung bezeichnete Urkunde tatsächlich eine Ausfertigung und mit richtiger Klausel versehen?
    • Ist die Urkunde vollständig, fehlen ggf. Seiten?
  • Stimmt die angegebene Faxnummer des Empfängers mit unseren Unterlagen überein oder versenden wir aus Versehen an die Bild-Zeitung? Nicht selten entspricht die für die Rücksendung des Faxes angegebene Rufnummer nicht der Absenderkennung des zuzustellenden Schriftsatzes.
  • Es gibt noch mehrere Prüfschritte, die wir hier aber nicht weiter ausführen wollen

Die Zustellung per Empfangsbekenntnis dient allein dazu, die Kosten des Absenders gering zu halten und einen schnellen Nachweis der Zustellung zu erhalten. Denn ansonsten muß die Zustellung per Gerichtsvollzieher oder Gerichtswachtmeister erfolgen.

Gegen das vereinfachende Verfahren ist nichts einzuwenden. Es setzt aber auch voraus, daß es einer Zustellung des Schriftsatzes bedarf. Die Masse der anwaltlichen Schriftsätze muß nicht zugestellt werden.

Also, liebe Richterinnen und Kolleginnen: Wir wirken gerne an Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis mit und nutzen dieses Verfahren auch. Bevor Sie jedoch die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis verfügen, bedenken Sie bitte, ob prozessual tatsächlich die Zustellung erforderlich ist. Stöber beschreibt das im Zöller, 29. Aufl., § 165 RN 2 ZPO knackig:

Nur formlose Mitteilung erfolgt, wenn es auf die Information des Adressaten ankommt, ohne dass damit unmittelbare Rechte, Pflichten oder prozessuale Wirkungen für ihn begründet werden (vgl. … ).

Anlaß für diesen Beitrag ist mein Lieblingskollege Rudi Ratlos, der mir in einem PKH-Verfahren seinen Schriftsatz per Fax übersendet, nicht die Sollvorschrift des § 174 II S.2 ZPO beachtet, das mit übersandte Empfangsbekenntnis den Schriftsatz nicht mit dem Datum bezeichnet, das gerichtliche Aktenzeichen nicht aufführt und den Schriftsatz auch noch mit der Post übersendet, so daß er sich nun viermal in der Akte befindet. Er weiß aus seiner Ausbildung vor 20 Jahren noch, daß der Anwalt aus Kollegialität eine einfache Abschrift für den Mandanten des Kollegen beifügt.
Aaargh!

Ich habe ihn aufgefordert, mir die Zustellung zu bescheinigen, § 195 II S.3 ZPO. Sicherlich wird ihn die Aufforderung überfordern.

Neuwagen: Verbrauch nicht entsprechend Prospektangabe

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat sich im Urteil vom 27.03.2014 – 5 U 70/12 – mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Überschreiten der Verbrauchsangaben aus dem Neuwagenprospekt den Rücktritt vom Kaufvertrag begründen kann.

Ausgangspunkt des Falls war der Kauf eines Neuwagens einer bekannten rumänischen Marke.

Die Käuferin vertraute auf die Angaben zum Kraftstoffverbrauch aus dem Prospekt (Messverfahren nach Richtlinie 80/1268/EWG) und war enttäuscht als der tatsächliche Verbrauch diese Angaben erheblich überschritt.

Letztendlich erklärte sie deshalb den Rücktritt vom Kaufvertrag und wollte das Auto dem Verkäufer zurückgeben.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht konnte jedoch keinen Rücktrittsgrund erkennen.

Durch Bezugnahme auf Prospekte oder andere Unterlagen ist keine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen worden, dass der verkaufte Pkw außerorts einen tatsächlichen Verbrauch von 4,9 l/100 km aufweist.

Demnach ist eine Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts getroffen worden, dass das Fahrzeug den Prospektangaben entspricht, mithin die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind.

Durch die Angabe des Normverbrauches entsprechend der EU-Richtlinie wird seitens des Herstellers bzw. Verkäufers einzig die Haftung übernommen, dass der Neuwagen unter Laborbedingungen diese Verbrauchsangabe mit einer Toleranz von 10 % nach oben einhält.

Eine andere Entscheidung des Oberlandesgerichtes hätte wohl auch zu erheblichen Schwierigkeiten des Kfz-Gewerbes geführt.

Seit jeher wird in den Medien darüber berichtet, dass die von Herstellern angebenden Normverbräuche zum Teil erheblich unter den tatsächlichen liegen.

Man stelle sich nur vor, dass bei einer anderen Entscheidung des Gerichtes alle betroffenen Fahrzeuge zurückgegeben werden könnten.

Es wären zumindest die meisten Neuwagenhändler zum Gebrauchtwagenspezialisten geworden.

Aber es gibt auch etwas positives an dem Normverbrauch nach Richtlinie 80/1268/EWG. Die Höhe der zu zahlenden Kfz-Steuer wird auf seiner Grundlage ermittelt. Zumindest hierbei möchte wohl niemand auf Grundlage des tatsächlichen Verbrauches „abrechnen“.

Warnhinweise Fernsehserien

Eilmeldung der DSP-Agentur 2014-04-01-00:01:

Der Deutsche Bundestag hat gestern nach Redaktionsschluß in einer außerordentlichen Nachtsitzung die Fernsehprodukt-Verordnung beschlossen. Danach dürfen periodische audiovisuelle Sendungen nur ausgestrahlt werden,

wenn einer der folgenden allgemeinen Warnhinweise gemäß den Sätzen 2 und 3 gleichzeitig gesendet wird:
1. „Fernsehen tötet Gehirnzellen“ oder „Fernsehen kann tödlich sein“ oder
2. „Fernsehen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu“.

Diese allgemeinen Warnhinweise sind abwechselnd so zu verwenden, dass sie regelmäßig auf dem Bildschirm erscheinen, wobei bei den Warnhinweisen unter Nummer 1 wahlweise einer der beiden zu verwenden ist.

(1) Die Angaben sind wie folgt zu senden:
1. in Helvetika fett, schwarz auf weißem Hintergrund;
2. in Kleinschrift, mit Ausnahme des ersten Buchstabens des Hinweises, soweit nicht aus Gründen der Rechtschreibung davon abgewichen werden muss;
3. zentriert auf der für den Wortlaut bestimmten Fläche parallel zur Oberkante des Bildschirms;
4. in deutscher Sprache.

(2) Die Warnhinweise müssen mindestens 30 vom Hundert der verfügbaren Pixel des Bildschirmes einnehmen, auf dem sie wiedergegeben werden.

(3) Frühestens nach 600 Sekunden, spätestens nach 800 Sekunden ist für jeweils 30 Sekunden zusätzlich, alternierend, parallel zur Unterkante des Bildschirms auf einer Fläche von mindestens 20 vom Hundert der verfügbaren Pixel des Bildschirmes einer der folgenden Warnhinweise auszustrahlen:

  1. Fernsehen verursacht 9 von 10 Verhaltensstörungen.
  2. Fernsehen verursacht soziale Inkompetenz.
  3. Fernsehen schädigt Ihre kognitiven Fähigkeiten.
  4. Fernsehen verursacht Herzanfälle.
  5. Fernsehen verursacht Schlaganfälle und Behinderungen.
  6. Fernsehen verstopft Ihre Arterien.
  7. Fernsehen erhöht das Risiko zu erblinden.
  8. Fernsehen schädigt Ihren Bewegungsapparat.
  9. Wenn Sie fernsehen, schaden Sie Ihren Kindern, Ihrer Familie, Ihren Freunden.
  10. Kinder von Serienkonsumenten werden oft selbst zu Bildschirmhockern.
  11. Das Fernsehen aufgeben – für Ihre Lieben weiterleben. Hier finden Sie Hilfe, wenn Sie das Fernsehen aufgeben möchten: Bundeszentrale für geistige Aufklärung (BZgA) Tel.: 555 555 555
  12. Fernsehen mindert Ihre Fruchtbarkeit.
  13. Fernsehn bedroht Ihre Potenz.

Zahlen zur Anwaltschaft 2014

Presseerklärung der BRAK 6/14:

Zahlen zur Anwaltschaft
Mitgliederstatistik zum 01.01.2014

Die 28 deutschen Rechtsanwaltskammern hatten zum 01.01.2014 insgesamt 163.690 Mitglieder (Vorjahr: 161.821), davon 162.695 Rechtsanwälte, 276 Rechtsbeistände, 654 Rechtsanwalts-GmbHs und 26 Rechtsanwalts-AGs.

Die Anwaltschaft ist damit weiter gewachsen, aber wie schon in den letzten Jahren geringer als im jeweiligen Vorjahr. Während zwischen 1996 und 2001 der Mitgliederzuwachs der Rechtsanwaltskammern bei über 6 Prozent lag, 2002 bei noch 5,93 Prozent, betrug er 2003 bis 2006 nur noch etwa 4 Prozent und sinkt seit 2007 auf jetzt 1,15 Prozent.

Die meisten Mitglieder hat nach wie vor die Rechtsanwaltskammer München mit 20.969, gefolgt von der Rechtsanwaltskammer Frankfurt mit 18.135 und der Rechtsanwaltskammer Hamm mit 13.822. Die Rechtsanwaltskammer Hamburg verzeichnete mit 2,32 Prozent den höchsten Zuwachs, gefolgt von der Rechtsanwaltskammer München. In sechs Rechtsanwaltskammern ist die Mitgliederzahl gesunken, davon vier Kammern der neuen Bundesländer.

Bei 80.327.900 Einwohnern in Deutschland (Stand 31.12.2011) müssen 491 Einwohner (Babys, Alte und Politiker eingerechnet) einen Anwalt ernähren. Diese Menschen leben in 40,7 Mio privaten Haushalten, davon 3/4 in Haushalten mit nicht mehr als 2 Personen.

Wie gut, daß ich mich auf ein so exotisches Gebiet wie das Waffenrecht spezialisiert habe! 1,4 Mio potentielle Mandanten.

Karneval im Landgericht

Das Landgericht Frankfurt/Main verfasste am Mittwoch vor der Weiberfastnacht 1982 eine besonders schöne Urteilsbegründung (LG Frankfurt, Urteil vom 17. Februar 1982 – 2/22 O 495/81 –).

Zu entscheiden war, ob eine Mahnung in Versen den Verzug begründet.

Das LG führt dazu aus:

Maklerlohn begehrt der Kläger
mit der Begründung, daß nach reger
Tätigkeit er dem Beklagten
Räume nachgewiesen, die behagten.

Nach Abschluß eines Mietvertrages
habe er seine Rechnung eines Tages
dem Beklagten übersandt;
der habe darauf nichts eingewandt.

Bezahlt jedoch habe der Beklagte nicht.
Deshalb habe er an ihn ein Schreiben gericht‘.
Darin heißt es unter anderem wörtlich
(und das ist für die Entscheidung erheblich):

„Das Mahnen, Herr, ist eine schwere Kunst!
Sie werden’s oft am eigenen Leib verspüren.
Man will das Geld, doch will man auch die Gunst
des werten Kunden nicht verlieren.

Allein der Stand der Kasse zwingt uns doch,
ein kurz‘ Gesuch bei Ihnen einzureichen:
Sie möchten uns, wenn möglich heute noch,
die unten aufgeführte Schuld begleichen“.

Da der Beklagte nicht zur Sitzung erschien,
wurde auf Antrag des Klägers gegen ihn
dieses Versäumnisurteil erlassen.
Fraglich war nur, wie der Tenor zu fassen.

Der Zinsen wegen! Ist zum Eintritt des Verzug‘
der Wortlaut obigen Schreibens deutlich genug?
Oder kommt eine Mahnung nicht in Betracht,
wenn ein Gläubiger den Anspruch in Versen geltend macht?

Die Kammer jedenfalls stört sich nicht dran
und meint, nicht auf die Form, den Inhalt kommt’s an.
Eine Mahnung bedarf nach ständiger Rechtsprechung
weder bestimmter Androhung noch Fristsetzung.

Doch muß der Gläubiger dem Schuldner sagen,
das Ausbleiben der Leistung werde Folgen haben.
Das geschah hier! Trotz vordergründiger Heiterkeit
fehlt dem Schreiben nicht die nötige Ernstlichkeit.

Denn der Beklagte konnte dem Schreiben entnehmen,
er müsse sich endlich zur Zahlung bequemen,
der Kläger sei – nach so langer Zeit –
zu weiterem Warten nicht mehr bereit.

Folglich kann der Kläger Zinsen verlangen,
die mit dem Zugang des Briefs zu laufen anfangen.
Der Zinsausspruch im Tenor ist also richtig.
Dies darzulegen erschien der Kammer wichtig.

Wegen der Entscheidung über die Zinsen
wird auf §§ 284, 286, 288 BGB verwiesen.
Vollstreckbarkeit, Kosten beruhen auf ZPO –
Paragraphen 91, 708 Nummer Zwo.

Die Entscheidung ist -bestimmt wegen der Zustellung zwischen Rosenmontag und Aschermittwoch- ohne Lesen zu verstehen…