Die Regeln zur stationären Aufbewahrung von Waffen sind den meisten gut bekannt. Die zentrale aber nicht weiter ausgeführte Vorschrift ist § 36 Abs. 1 WaffG:

(1) Wer Waffen oder Munition besitzt, hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen.

Einzelheiten sind in § 13 – Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) geregelt, die der Gesetzgeber das Bundesministerium des Innern aufgrund der Ermächtigung in § 36 Abs. 5 WaffG erlassen hat.

Dort finden sich auch die Vorschriften für die vorübergehende Aufbewahrung, die dieser Beitrag genauer beleuchtet.

Es ist ein Rechtsbegriff! Der Gesetzgeber hat in § 12 Abs. 3 Nr. 6 WaffG den Begriff der vorübergehenden Aufbewahrung geschaffen und dafür extra eine Ausnahmeregelung getroffen.

Auch das Führen von wesentlichen Teilen einer Waffe, beispielsweise eines Verschlusses, bedarf der Erlaubnis (die nicht erteilt wird). Auf Reisen ist es aber ein sehr probates und sicheres Mittel, der Waffe ein wesentliches Teil zu entnehmen und mit sich zu führen. Mit dem Teil kann regelmäßig kein Schindluder getrieben werden und das beispielsweise im Hotelzimmer zurückgelassene Gewehr ist ohne Verschluß nicht verwendbar.

Dieses Dilemma hat der Gesetzgeber mit einer Neureglung aufgelöst und dabei auch in § 12 Abs. 3 Nr. 6 WaffG den Rechtsbegriff der vorübergehenden Aufbewahrung neu geschaffen; einer Erlaubnis zum Führen von Waffen bedarf nicht, wer:

6. in Fällen der vorübergehenden Aufbewahrung von Waffen außerhalb der Wohnung diesen ein wesentliches Teil entnimmt und mit sich führt; mehrere mitgeführte wesentliche Teile dürfen nicht zu einer schussfähigen Waffe zusammengefügt werden können.

Ein m.E. sehr probates Mittel, die mitgenommenen Waffen zu sichern.

In § 13 Abs. 9 – Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) hat der Verordnungsgeber geregelt, wie er sich die Aufbewahrung vorstellt.

Die Vorschrift hilft dem Rechtsanwender im Grunde genommen nur insoweit weiter, als der Verordnungsgeber ihm bestätigt, daß die strengen Regeln für die stationäre Aufbewahrung für die vorübergehende Aufbewahrung auf Reisen nicht eingehalten werden können und im Einzelnen Phantasie verlangt ist. Gefordert wird die angemessene Aufsicht oder daß „durch sonstige erforderliche Vorkehrungen“ ein Mißbrauch ausgeschlossen wird :

(9) Bei der vorübergehenden Aufbewahrung von Waffen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 oder von Munition außerhalb der Wohnung, insbesondere im Zusammenhang mit der Jagd oder dem sportlichen Schießen, hat der Verpflichtete die Waffen oder Munition unter angemessener Aufsicht aufzubewahren oder durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme zu sichern, wenn die Aufbewahrung gemäß den Anforderungen des Absatzes 1 und 2 nicht möglich ist.

Zur Vollständigkeit sei auch noch auf eine Verwaltungsvorschrift verwiesen. Noch zur Vorgängervorschrift der AWaffV ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz – WaffVwV erlassen worden, die auch nicht wirklich hilfreich ist:

36.2.15  Bei der vorübergehenden Aufbewahrung von Waffen und Munition nach § 13 Absatz 11 AWaffV müssen sich die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen nach der Dauer der Aufbewahrung und der Art und Menge der zu schützenden Gegenstände richten. Bei einem Transport von Waffen und Munition in einem Fahrzeug reicht es bei kurzfristigem Verlassen des Fahrzeuges (Einnahme des Mittagessens, Tanken, Schüsseltreiben, Einkäufe etc.) aus, wenn die Waffen und die Munition in dem verschlossenen Fahrzeug so aufbewahrt werden, dass keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Art des Inhaltes erkennbar sind. Bei notwendigen Hotelaufenthalten, z. B. am Ort der Jagd, am Ort der Sportausübung oder im Zusammenhang mit Vertreter- oder Verkaufstätigkeiten, ist die Aufbewahrung im Hotelzimmer – auch bei kurzfristigem Verlassen des Hotelzimmers – dann möglich, wenn die Waffen und die Munition in einem Transportbehältnis oder in einem verschlossenen Schrank oder einem sonstigen verschlossenen Behältnis aufbewahrt werden. Auch das Entfernen eines wesentlichen Teils oder die Anbringung einer Abzugssperrvorrichtung ist möglich.

War denn der Verordnungsgeber zum Erlaß dieser Regelung durch das Gesetz ermächtigt? Die Ermächtigung in § 36 Abs. 5 WaffG lautet:

5) 1Das Bundesministerium des Innern wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates unter Berücksichtigung des Standes der Technik, der Art und Zahl der Waffen, der Munition oder der Örtlichkeit die Anforderungen an die Aufbewahrung oder an die Sicherung der Waffe festzulegen. 2Dabei können

1. Anforderungen an technische Sicherungssysteme zur Verhinderung einer unberechtigten Wegnahme oder Nutzung von Schusswaffen,
2. die Nachrüstung oder der Austausch vorhandener Sicherungssysteme,
3. die Ausstattung der Schusswaffe mit mechanischen, elektronischen oder biometrischen Sicherungssystemen

festgelegt werden.

Satz 2 bestimmt mit den drei Regelungsbereichen abschließend die Reichweite der Verordnung für die Aufbewahrung von Waffen.

Die für die vorübergehende Aufbewahrung getroffenen Regelungen sind von der Ermächtigung nicht gedeckt. Was festgelegt werden darf, ist im Gesetz in den drei Regelungsbereichen festgelegt.

Der Verordnungsgeber hat den ihm gesetzten Rahmen überschritten.

Wie wir zuvor dargestellt haben, hat der Verordnungsgeber die ihm in § § 36 Abs. 5 WaffG erteilte Ermächtigung überschritten.  Er ist nur berechtigt,

1. Anforderungen an technische Sicherungssysteme zur Verhinderung einer unberechtigten Wegnahme oder Nutzung von Schusswaffen,
2. die Nachrüstung oder der Austausch vorhandener Sicherungssysteme,
3. die Ausstattung der Schusswaffe mit mechanischen, elektronischen oder biometrischen Sicherungssystemen

zu treffen. Er hat gerade nicht die Anforderungen an technische Sicherungssysteme zur Verhinderung der Wegnahme getroffen, sondern allgemeine Regelungen bestimmt, deren Erlaß dem Gesetzgeber vorbehalten ist.

Es gibt auch eine sehr empfindliche Strafvorschrift, § 52 Abs. 3 Nr. 7a WaffG, wonach mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, wer

7a. entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird,

Die Vorschriften haben wir oben wiedergeben.

Vor dem 06.07.2017 war die Regelung in § 52a WaffG a.F. enthalten. Die Strafvorschrift betraf nur Verstöße gegen die stationäre Aufbewahrung; mit der Übernahme sollte eine Erweiterung auf die Fälle der vorübergehenden Aufbewahrung nicht verbunden sein [1]. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart beispielsweise sieht dies anders und klagt auch Verstöße gegen die vorübergehende Aufbewahrung an.

Unter Strafe gestellt wird ein Verstoß gegen die in n § 13 AWaffV „genannten Vorkehrungen“. „Sonstige erforderliche Vorkehrungen“ im Sinne des Absatzes 9 sind dies nicht.

Strafvorschriften müssen dem Bestimmtheitsgebot aus der Verfassung genügen.

Das BVerfG hat mit seiner Entscheidung „Rindfleischetikettierung“ v. 21.09.2016 – 2 BvL 1/15 – noch einmal diese Erfordernisse herausgearbeitet.

Legt die Blankettstrafnorm nicht vollständig selbst oder durch Verweis auf ein anderes Gesetz fest, welches Verhalten durch sie bewehrt werden soll, sondern erfolgt dies erst durch eine nationale Rechtsverordnung, auf die verwiesen wird, müssen daher nach Art. 103 Abs. 2 GG und – soweit Freiheitsstrafe angedroht wird – in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes und nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Rechtsverordnung vorhersehbar sein (vgl. BVerfGE 14, 174 <185 f.>; 14, 245 <251>; 75, 329 <342>; 78, 374 <382 f.>; stRspr). Um den Grundsatz der Gewaltenteilung zu wahren, darf dem Verordnungsgeber lediglich die Konkretisierung des Straftatbestandes eingeräumt werden, nicht aber die Entscheidung darüber, welches Verhalten als Straftat geahndet werden soll (vgl. bereits BVerfGE 14, 174 <187>; 14, 245 <251>; 22, 21 <25>; 23, 265 <269 f.>; 75, 329 <342>; 78, 374 <383>).
(BVerfG, Beschluss vom 21. September 2016 – 2 BvL 1/15 –, BVerfGE 143, 38-64, Rn. 47)

Vorliegend handelt es sich um eine Blankettstrafnorm, die die Nichteinhaltung von Vorkehrungen unter Strafe stellt, die in der Rechtsverordnung beschrieben werden. Diese Regelung wird den vom BVerfG beschriebenen Anforderungen nicht gerecht.

Selbst wenn man das außer Acht läßt, ist die in der Verordnung aufgenommene Verpflichtung,

oder durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme zu sichern,

völlig unbestimmt und zeigt dem verpflichteten Waffenbesitzer nicht auf, welche Vorkehrungen er zu treffen hat und durch welche Unterlassungen er sich demgemäß einer Strafbarkeit aussetzen würde. Der Normadressat kann durch die Formulierung “ sonstige erforderliche Vorkehrungen“ nicht konkret genug erkennen, was er tun oder lassen soll. Das ist aber Voraussetzung für die Bestimmheit der Norm.

Hier zeigt sich die Liederlichkeit des Gesetzgebers, der ein Ergebnis unter Strafe stellen will und sich nicht die Mühe macht zu bestimmen, welche konkreten Anforderungen der Waffenbesitzer zu erfüllen hat. Diesen Fehler setzt der Verordnungsgeber fort und bestimmt seinerseits wiederum nicht, was konkret getan werden soll.

Es kann vom Gesetzgeber verlangt werden zu definieren, was er für strafbar erachtet.

Wenn Sie in eine der vielen Strafbarkeitsfallen tappen, informieren Sie sich bei uns, wir sind auf das Waffenrecht spezialisiert. Kontaktieren Sie uns!

  1. [1]vgl. Gade, WaffG, 2. Aufl., § 52, RN 58a ff