Polizei – Dein Freund und Helfer

Auf dem umzäunten Grundstück steht ein teures Auto. Unbekannte brachen das Auto auf und entwendeten den Airbag und das Navi. Die Ehefrau des Halters ruft die Polizei. Und jetzt wird es spannend:

Im Rahmen der Anzeigenaufnahme stellten die Beamten eine Werkzeugkiste fest, welche sich auf der Rückbank des angegriffenen PKW befand. In dieser befand sich ein schwarzes Pistolenholster, diverse Waffenreinigungsutensilien und 3 Papschachteln mit insgesamt 103 Schuss, 9 mm Munition.

Es konnte schnell geklärt werden, daß der Ehemann zum Besitz der Munition berechtigt ist. Da er nicht vorort war, wurde die Munition der Ehefrau übergeben und im Beisein der Beamten in einem abschließbaren Tresor (Schmucktresor) verstaut.

Der Beamte schreibt dann eine Anzeige, die bei der Staatsanwaltschaft landet. Und damit es auch Spaß macht, noch eine Anzeige an die Waffenbehörde:

Ich setze Sie hiermit über den Sachverhalt in Kenntnis und bitte um die Einleitung weiterer Maßnahmen Ihrerseits, da solch grob-fahrlässiges Verhalten ein enormes Sicherheitsrisiko darstellt.

Die Staatsanwaltschaft hat das Strafverfahren sofort eingestellt. Der Akte ist nicht zu entnehmen, ob der Staatsanwalt ein Strafverfahren gegen den Polizeibeamten eingeleitet hat, der die Munition der nicht zum Munitionsbesitz berechtigten Ehefrau überlassen hat.

Fazit: Der Bürger wird Opfer eines besonders schweren Diebstahls. Die Polizei durchsucht das Auto und erstattet Strafanzeige gegen den Waffenbesitzer, der sich klugerweise sofort einen Strafverteidiger nimmt, als die Anhörung bei ihm eintrudelt. Der Polizeibeamte begeht eine Straftat nach dem Waffengesetz.

Verkehrte Welt.

14 Kommentare
  1. Miraculix
    Miraculix sagte:

    Die Strafanzeige gegen den Polizisten darf jedermann stellen.
    Wenn Sie Ort und AZ nennen fang ich gerne an …
    Da es noch andere Leser gibt werden das sicher ein paar mehr werden :)

    • RA Jede:
      Ich habe da eine angelernte Beißhemmung. Nicht weil es ein Polizist ist, sondern weil ich Strafverteidiger bin. Aber in Versuchung war ich … ;-)

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  2. Polizeiopfer
    Polizeiopfer sagte:

    Die Strafanzeige würde ich auch sofort stellen.
    Sollte man auch. Nur um den Typen mal ernsthaft spüren zu lassen, wie die Macht des Gesetzes mit Gut Gemeint umgeht.

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  3. Miraculix
    Miraculix sagte:

    Das Strafverteidiger keine Strafanzeigen stelle ist wohl so etwas wie Berufsethos.
    Kann ich sehr gut nachvollziehen. Sie müssen aber niemand daran hindern …
    Am Ende kommt ohnehin nichts dabei heraus. Wenn der Polizist etwas dabei lernt war es aber nicht vergebens :)

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  4. Katharina
    Katharina sagte:

    Aber darüber, dass jetzt waffenrechtlich gegen den Ehemann vorgegangen werden muss, sind wir uns doch hoffentlich ebenso einig wie darüber, dass die Polizei nicht ihre Augen vor diesem Fund verschließen durfte.

    • RA Jede:
    • Wie fast immer, ist es nicht so einfach.
    • Hat sich der Ehemann denn falsch verhalten?
    • Wenn er sich Ihrer Meinung nach falsch verhalten hat, welche Norm im Gesetz stützt Ihre Ansicht?
    • In Betracht kommt lediglich § 13 Abs. 3 AWaffV, Werkzeugkasten im gesicherten Auto auf dem umzäunten Grundstück entspricht dem nicht?
    • Wenn es ein Verstoß wäre, ist er sanktioniert?
    • Natürlich darf die Polizei bei einem Zufallsfund nicht die Augen verschließen. Ist die Durchsuchung eines auf der Rücksitzbank befindlichen Werkzeugkastens rechtmäßig?
    • Wir lachen hier immer noch herzlich. Der Polizist schreibt eine Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und übergibt die Beweismittel der Ehefrau.
    • Soll ich noch verraten, daß er Wiederlader ist und die gefundenen Gegenstände keine Munition, sondern von ihm angefertigte Dummys sind?

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  5. RAin Jede
    RAin Jede sagte:

    Liebe Katharina, gegen den Ehemann muss NICHT waffenrechtlich vorgegangen werden, da er berechtigt war, die Munition im Werkzeugkasten zu haben! Die Frage ist vielmehr, wieso die Polizei das Auto, insbesondere den Werkzeugkasten, durchsucht hat – und aufgrund welcher Rechtsgrundlage? Neugier?? Und die Polizei sollte zumindest soviel Rechtskenntnisse haben, das Munition durchaus von einem Berechtigten im verschlossenen Auto mitgeführt werden darf….Das Sie das nicht wissen, ist okay.

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  6. ich
    ich sagte:

    Wieso muss -und wird- gegen den Ehemann nicht waffenrechtlich vorgegangen werden? Wurden §§ 36 und 5 Abs. 1 Nr. 2 b), c) WaffG gestrichen, ohne dass wir davon etwas bemerkt hätten?
    Aber wie hatte ich in einem anderen Blogbeitrag bereits kommentiert: Strafverteidiger bewegen sich halt nicht im Verwaltungsrecht.

    • RA Jede:
      Wie ich in einem anderen Zusammenhang schon oft geschrieben habe: erst lesen, dann denken, dann kommentieren. Hat ein Strafverteidiger behauptet, daß nicht waffenrechtlich vorgegangen wird? RA ist die Abkürzung für Rechtsanwalt. RAin für Rechtsanwältin. Die Kollegin Jede ist eine ausgewiesene Expertin im Mietrecht und ZRBG.

      Wobei ich mich tatsächlich ihrer Meinung anschließe. Ich sehe keinen Verstoß gegen die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung. Stünde statt des Autos ein Stahlblechschrank mit Schwenkriegelschloß auf dem umzäunten Grundstück, wie wäre das zu beurteilen? Sicherlich weist ein Auto auf dem umzäunten Grundstück einen höheren Widerstandsgrad auf, als eine Blechbüchse.

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  7. Lektor
    Lektor sagte:

    Strafanzeigen werden „erstattet“, nicht gestellt – wie z.B. Strafanträge.!

    • RA Jede jubelt:
      Endlich jemand, der die Sprache hochhält. Recht haben Sie. Ich habe extra nachgeguckt – und nichts gefunden. Können Sie unsere Meinung begründen? § 158 StPO hilft nicht weiter.

      Anträge werden gestellt und nicht erstattet. Völlig klar. Man stellt aber auch eine Frage, die dann irgendwann gestellt und nicht erstellt wurde. Woraus ergibt sich, daß eine Strafanzeige erstattet wurde. Oder ist es wie mein anderes Steckenpferd: Schwer und schwierig? Jedenfalls: You made my day!

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  8. Katharina
    Katharina sagte:

    So besonders diebstahlssicher scheinen im konkreten Fall aber weder das Auto noch das Grundstück gewesen zu sein …

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  9. Miraculix
    Miraculix sagte:

    In den aktuellen Kommentaren zum §36 wird ein PKW durchgehend als nicht ausreichend sicher beurteilt.
    Zitat aus Lehmann/v. Grotthuss :
    „Auch ein verschlossener PKW bietet im Allgemeinen nicht die erforderliche Sicherheit, dass darin befindliche Schusswaffen oder Munition nicht in die Hände Unbefugter gelangen können. Eine solche Verwahrung durch eine zum Besitz von Schusswaffen berechtigte Person entspricht nicht dem verantwortungsbewussten Verhalten, das ihr zuzumuten und billigerweise von ihr zu erwarten ist.“

    Das ist dünnes Eis und sicher nicht zur Nachahmung zu empfehlen. Wenn die Verwaltung die Zuverlässigkeit in Frage stellt hat man erst mal einige Probleme die nicht nötig wären.

    • RA Jede:
      Natürlich ist das nicht zur Nachahmung empfohlen. Da ist schlicht ein Fehler passiert. Ich habe auch schon vergessen ein Patronenetui wegzuschließen und habe es den ganzen Abend mit mir in der Hosentasche rumgetragen (rechtmäßig?).

      Ich halte, formuliere das mal vorsichtig und bitte die Frechheit zu entschuldigen, diese Kommentarstelle für selten geistlos. Bla, bla, ohne Sinn und Verstand. Im Allgemeinen, verantwortungsbewußt, billigerweise, zuzumuten, … Schlimmer geht es nimmer. Wird aber gedruckt und auch zitiert.

      Ob sich der Autor schon einmal Gedanken darüber gemacht hat, daß zwischen Waffen und Munition differenziert werden muß?

      Ob es vielleicht einen Grund hat, daß der Gesetzgeber den Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten von Munition nicht sanktioniert? Oder habe ich eine OWi übersehen, auch ich mache Fehler im Waffenrecht?

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  10. Miraculix
    Miraculix sagte:

    Ich gehe davon aus daß der Kommentator den Fall von „nur Munition“ gar nicht auf dem Radar hatte. Das ergibt sich aus den RN im unmittelbaren Umfeld. Diese und ähnlich geistlose Formulierungen findet man in vielen Urteilen, das wird wohl abgeschrieben sein (ohne darüber nachzudenken – leider).
    Dumm ist dabei, daß die Sanktion über die kalte Küche des Verwaltungsrechts vom SB (statt vom Gesetzgeber) in Form der Unzuverlässigkeit bestimmt werden kann. Aber dumme Stellen gibt es ja im WaffR noch mehr :(

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  11. Katharina
    Katharina sagte:

    Sprachlich hilft Ihnen vielleicht § 469 StPO weiter („leichtfertig ERSTATTETE unwahre ANZEIGE“).

    Und in der Sache natürlich § 5 WaffG („Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht, … 2. bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie … b) mit Waffen ODER MUNITION nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden …“). Darauf, dass die unsachgemäße Aufbewahrung keinen OWi-Tatbestand erfüllt, kömmt es dem Gesetzgeber also eindeutig nicht an.

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  12. Dr. Kiel
    Dr. Kiel sagte:

    Wie gut, dass man den Patronen nicht ansehen konnte, ob sie eine Zünd- und Treibladung enthalten, und der Ehefrau übergeben wurden.

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  13. Dietmar
    Dietmar sagte:

    hat der Polizist nicht rechtswidrig gehandelt, in dem er einer nicht erwerbsberechtigten Person, Munition zur Aufbewahrung anvertraut hat? Den Schlüssel vom Waffenschrank, darf diese Person (Ehefrau) auch nicht im Zugriff haben. Hierin sehe ich das eigentlich Problem.
    Ob jetzt Munition etwas in einer Werkzeugkiste, auch noch unverschlossen etwas zu suchen hat ist die nächste Frage?

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  14. Miraculix
    Miraculix sagte:

    Den Schlüssel zum Waffenschrank hat die Ehefrau offensichtlich nicht, die Patronen wurden deshalb im Schmucktresor eingeschlossen.
    Und ja, der Polizist hat rechtswidrig gehandelt. Darum geht es ja gerade in diesem Artikel. Mach aber nix, some pigs are more equal …

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