DroidJack Durchsuchungen – einfach mal so

744569_web_R_B_by_Tim Reckmann_pixelio.deNicht nur bundesweite Durchsuchungen bei Käufern der Software DroidJack, sondern eine konzertierte Aktion bei der in Zusammenarbeit mit Europol auch in Großbritannien, Frankreich, Belgien und der Schweiz Wohnungen durchsucht wurden.

Interessant ist die Erklärung der Staatsanwaltschaft, daß den Käufern das verbotene Ausspähen von Daten und Computerbetrug vorgeworfen wird. Die Software ließe sich ausschließlich illegal verwenden.

Obwohl Agenturmeldung, scheint sie nicht besonders verbreitet worden zu sein. SPON hat sich des Themas angenommen und ein Betroffener berichtet auf dem gulli-board

Es scheint sich keiner mehr darüber aufzuregen, ich komme mir vor wie der einsame Mahner in der Wüste.

Es kommt überhaupt nicht darauf an, ob man die Software auch legal nutzen kann, was ziemlich wahrscheinlich ist. Der Erwerb und Besitz des Programmes ist legal. Die Strafverfolgungsbehörden schließen aus dem legalen Erwerb einer Software messerscharf, daß sie auch illegal genutzt wird und beantragen den Erlaß eines Durchsuchungsbeschlusses. Und das Gericht macht mit. Wohlgemerkt: Hier hat ein Richter entschieden, daß das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung gebrochen werden darf, da die gesetzlichen Voraussetzungen (Tatverdacht) vorlägen.

Hatten wir das nicht schon’mal? Hat sich nicht ein berühmter Richter am Bundesgerichtshof in der ZEIT dafür entschuldigt? [1]

Das BVerfG hat im Edathy-Beschluß nicht formal entschieden, daß

die von ihm (Edathy) als verfassungsrechtlich grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, ob ein strafprozessualer Anfangsverdacht auch an ein ausschließlich legales Verhalten des Beschuldigten ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte anknüpfen könne, ist daher nicht entscheidungserheblich.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 74/2014 vom 29. August 2014

Aber klar auf die Rechtsprechung verwiesen, wonach weitere Anhaltspunkte vorliegen müssen.

In der Rechtsprechung ist andererseits auch geklärt, dass ein Anfangsverdacht für die Begehung einer Straftat durch ein an sich legales Verhalten begründet werden kann, wenn weitere Anhaltspunkte hinzutreten.
Fundstelle wie oben, Hervorhebungen hier

In den DroidJack-Fällen wird wohl das Bundesverfassungsgericht die grundsätzlich bedeutsame Frage beantworten müssen. Und ich habe keinen Zweifel wie die Antwort aussehen wird. Sie ist selbst in Kleinkommentaren zur StPO beantwortet. Jeder Idiot kann sich die Antwort denken. Ansonsten passiert das, was Fischer (s.o) vorgedacht hat:

Verheerender als die praktische Sinnlosigkeit einer solchen Strafverfolgung ist der Verlust ihrer Legitimität. Es ist, so lautet die Botschaft, weder möglich noch nützlich, noch ausreichend, sein Verhalten an den gesetzlich bestimmten Grenzen zu orientieren. Denn die immer höhere, immer weiter vorverlagerte Bestrafung … führt – gegen alle Ankündigungen der Rechtspolitiker – in Wahrheit nicht dazu, dass jene sich für das Recht (also das Erlaubte) und gegen das Unrecht entscheiden können oder auch nur wollen. Und wenn sie es täten, hülfe es ihnen nichts: Die Bemühung, nur und gerade das zu tun, was noch erlaubt ist, begründet erst recht den Verdacht, dass die wahren Verbrechen jetzt bloß verschleiert werden sollen.
Auch hier wieder: Hervorhebung durch uns

Den Kommentaren „Ich finde das richtig“ sei nochmal Fischer (s.o.) entgegengehalten:

Der vernichtenden Gewalt des Redlichen kann nur entkommen, wer sie freudig begrüßt und aktiv unterstützt. Gerechtfertigt wird dies mit der goldenen Regel aller Stammtische: Wer nichts zu verbergen hat, muss auch nichts befürchten. Ganz ähnlich sieht man das in Nordkorea.

Ich werde versuchen dranzubleiben. Pfeifen Sie bitte!

Update 28.10.2015 10:04h
Hier die PM der in unserer Kanzlei sehr beliebten ZIT [2], die hier nicht durch besondere Professionalität aufgefallen ist. Auffällig dafür der Briefkopf (die Pressemitteilung rufen Sie auf: Hier!):

ZIT

Bild Grundgesetz © Tim Reckmann/pixelio.de

  1. [1]Vorsitzender Richter am BGH Thomas Fischer: Bitte entschuldigen Sie, Herr Edathy
  2. [2]Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität.
6 Kommentare
  1. Miraculix
    Miraculix sagte:

    Selbst wenn das BVerfG sagt daß diese Durchsuchungen unrechtmäßig waren wird das keinen Staatsanwalt auch nur im geringsten tangieren. Sie werden weiterhin genau so verfahren und dafür vermutlich noch belobigt werden.

    Und das gäbe es nicht mal in Nordkorea.

    Antworten
  2. -thh
    -thh sagte:

    „Es kommt überhaupt nicht darauf an, ob man die Software auch legal nutzen kann, was ziemlich wahrscheinlich ist. Der Erwerb und Besitz des Programmes ist legal.“

    Nach § 202c Abs. 1 Nr. 2 StGB („sich oder einem anderen verschafft“) trifft das nicht zu.

    • RA Jede:
      Ich danke Ihnen für diesen klugen Hinweis. § 202c StGB ist durch das 41. Strafrechtsänderungsgesetz 2007 eingefügt worden und auch unter Strafverteidigern noch nicht allgemein ins Bewußtsein eingedrungen. :-)

      Sie können sich sicher vorstellen, daß ich die Vorschrift als völlig mißlungen betrachte und davon überzeugt bin, daß sie verfassungsrechtlich nicht haltbar ist. Wieder der untaugliche Versuch des Gesetzgebers, die Strafbarkeit möglichst weit vorzuverlagern.

    • Auch darauf kommt es aber nicht an. Klicken Sie auf den Link der Vorschrift und Sie werden feststellen, daß der Gesetzgeber nicht den Erwerb, etc. unter Strafe stellt, sondern den Erwerb zur Vorbereitung einer Straftat. Schon vom Wortlaut der Norm her bedarf es also mehr als Erwerb, herstellen, pp. Dual-Use-Software fällt schon nicht unter den objektiven Tatbestand der Norm.
    • Das BVerfG hat in 2 BvR 2233/07 Verfassungsbeschwerden gegen die Vorschrift nicht zur Entscheidung angenommen. Genau mit dem von mir verwandten Argumenten: Bei Dual-Use-Software ist schon der objektive Tatbestand nicht gegeben. Für die anderen Programme verweist der Senat darauf, daß wenigstens bedingter Vorsatz vorzuliegen habe:

      Andererseits setzt die Feststellung gerade des voluntativen Elements des Eventualvorsatzes in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit im Einzelfall konkrete tatsächliche Anhaltspunkte voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2008 – 2 StR 50/08 -, juris Rn. 4; Beschluss vom 26. August 2003 – 5 StR 145/03 -, juris Rn. 46, 49 m.w.N.; vgl. auch Beschluss vom 16. April 2008 – 5 StR 615/07 -, juris Rn. 5).

      74
      b) Hinsichtlich des Beschwerdeführers F… oder seiner Mitarbeiter ist nach diesen Maßstäben auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht zu sehen, dass diese das subjektive Merkmal der Vorbereitung einer Straftat nach § 202a oder § 202b StGB erfüllen, soweit sie objektiv unter den Tatbestand des § 202c Abs. 1 Nr. 2 StGB fallende Programme beschaffen oder diese innerhalb des Unternehmens weitergeben. Hervh.hier

    Antworten
  3. Ingo Eberhard
    Ingo Eberhard sagte:

    Das Signal, welches durch diese Aktionen gegeben wird, ist in der Tat fatal:

    Wie sollen noch nachvollziehbare Grenzen gezogen werden, wenn es sich immer weiter durchsetzt, dass die Strafverfolgungsbehörden auf Grund von „Erfahrungen“ aus legalem Verhalten auf illegales Verhalten schließen dürfen?

    – wer Geld verdient, hinterzieht auch Steuern
    – wer Auto fährt,…
    – wer Müll produziert,…

    Unschuldsvermutung Ade.

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