Wörtlich: Das EGVP macht wirklich Spaß

Neulich in einer Sitzung des Berliner Amtsgerichts L:

[…]

Richterin:

„Herr Rechtsanwalt, leider waren Ihrem Schriftsatz die Anlagen nicht beigefügt. Ich habe aber dem EGVP Protokoll entnommen, dass sie bei Gericht eingegangen sind. Wenn es für das Urteil auf die Anlagen ankommt, werde ich den Hinweis geben, dass Sie die Anlagen erneut versenden.“

Ich:

„Sie sollten lieber mit Ihrer Geschäftsstelle sprechen!“

Protokollführerin:

*schüttelt Kopf und grinst*

Ich:

„Oder mit den Wachtmeistern…“

Richterin:

„Besser Sie schicken es nochmal.“

ich:

„Dann schicken wir es gerne nochmal [kurze Pause] per EGVP.“

Richterin:

*langes Gesicht*

Klageerhebung bei einem süddeutschen Landgericht:

17.06.:

Kontrolle, ob das ausgewählte Landgericht am EGVP System teilnimmt

„Hurra, eines von 5 (!) teilnehmenden Gerichten in diesem süddeutschen Flächenland erwischt!“

Klageschrift per EGVP gesendet, Eingang auf Server bestätigt!

„Alles paletti!“

19.06.:

EGVP-Software zeigt immer noch das rote Ausrufungszeichen, d.h. der Empfänger hat die Nachricht noch nicht abgeholt.

„Vielleicht die Pfingstferien in dem Bundesland oder Fronleichnam?“

24.06.:

Immer noch nicht abgeholt! Anruf beim Landgericht: Zentrale versucht, mich mit dem zuständigen Wachtmeister zu verbinden – *lustige Musik* – Zentrale:

„Der meldet sich gerade nicht.“ *das erklärt einiges…* „Ich werde ihm wegen des EGVP Bescheid geben. Zur Sicherheit gebe ich Ihnen seine Durchwahl“ *mmmh*

5 Minuten später ist das Ausrufungszeichen weg.

*Hurra*

Ausblick:

Im Kern bleibt zu hoffen, dass man das EGVP seitens der Gerichte bis zum 01.01.2022 im Griff hat. Zu diesem Datum tritt nämlich § 130d ZPO in Kraft:

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln.Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

Wobei das zugrunde liegende Änderungsgesetz ironischer weise „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ heißt…

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