Das Ungerechte an der Gerechtigkeit

Bild Knüppel im SackAls ich in Konstanz studierte, war ich nicht besonders von ihm angetan. Nun, wir sind beide älter geworden, und einiges lese ich heute mit Staunen:

Bernd Rüthers, Das Ungerechte an der Gerechtigkeit, 3. Aufl. 2009

Verfassungsrecht: Mit den Regeln spielt man nicht

Die sogenannten „sozialen““ Grundrechte sind, bei Licht gesehen, kaschierte Forderungen, gegebenenfalls auf Kosten anderer zu leben. Das Gleiche gilt für die Rechte auf Wohnung, auf Bildung und auf Arbeit. Der Steuerzahler soll das alles richten. Der reale Sozialismus ist genau mit dieser Mentalität in den Konkurs gefahren.

Die Vision eines Schlaraffenlandes läßt sich nicht durch die Aufnahme solcher Wünsche und Heilserwartungen in die Verfasssungsurkunde realisieren. Arbeitsplätze, Wohnungen, saubere Luft und Umwelt – solche berechtigten Wünsche werden nicht durch Akte der Verfassungsggesetzgebung erfüllt. Was von der Aufnahme von Wunschbildern in den Verfassungstext zu halten ist, hat F. Lasalle in dem genannten Vortrag[1] anschaulich formuliert: „Gott behüte meine Herren! Wenn Sie in Ihrem Garten einen Apfelbaum haben und hängen nun an denselben einen Zettel, auf dem steht: Dies ist ein Feigenbaum! – ist denn dadurch der Baum zum Feigenbaum geworden? Nein, und wenn Sie … alle Einwohner des Landes herum versammeln und feierlich beschwören ließen: dies ist ein Feigenbaum – der Baum bleibt, was er war, und im nächsten Jahr wird sich’s zeigen, da wird er Äpfel tragen und keine Feigen“.

Das Fazit in der Diskussion um eine grundlegende Verfassungsreform lautet: Die Verfassung ist notwendig eine in sich stimmige Einheit. Sie kann nicht beliebig manipuliert oder angereichert werden, ohne daß das Grundkonzept verändert oder sogar verdorben wird. Und gerade dazu besteht weder in der Staats- noch in der Arbeitsverfassung ein Anlaß. Im Gegenteil: Wir werden die Stabilität und die Leistungskraft dieses bewährten rechtlichen Ordnungsgefüges brauchen.

Nun, Dieter Hildebrandt paßt immer:

Statt zu klagen, daß wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, daß wir nicht alles bekommen, was wir verdienen.

Rüthers, a.a.O., S.149:

Ist es vielleicht so, daß der offene Diskurs, der Streit verschiedener Gerechtigkeiten um Vorrang und Geltung, ein Kernstück des demokratischen Rechtsstaates ist? Er garantiert nicht eine, sondern die Konkurrenz der vielen Gerechtigkeiten. Die Proklamation einer einzigen, staatlich sanktionierten Gerechtigkeit birgt das Risiko einer Weltanschauungsdiktatur. Denn es gibt kein Gerechtigkeitsmodell ohne „ideologische“ Grundlage. Wir Deutsche haben das in kurzer Folge mehrfach leidvoll erlebt.

  1. [1]Ferdinand Lasalle, Über Verfassungswesesen, 16.04.1862

Großeltern haften nur ausnahmsweise auf Kindesunterhalt für Enkel

… und zwar nur ersatzweise, wenn weder der barunterhaltspflichtige Elternteil noch der Elternteil, bei dem das Kind lebt, den Kindesunterhalt zahlen können. Die gesetzliche Regelung, dass der betreuende Elternteil gegenüber dem barunterhaltspflichtigen Elternteil seine Unterhaltspflicht im Regelfall vollständig durch Betreuung erbringt und sein Erwerbseinkommen nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen hat, gilt nicht gegenüber den Großeltern. Denn die Großeltern haften gegenüber den Eltern nur nachrangig auf Kindesunterhalt. So auch Beschluss des OLG Hamm vom 25.10.2012 – II-6 WF 232/12 –. Weiterer Schutz der Großeltern: Für Sie gilt ein erhöhter Selbstbehalt in Höhe von gegenwärtig 1.600,00 €. Von dem übersteigenden Betrag ist grundsätzlich die Hälfte für den Kindesunterhalt einzusetzen. Vor einer Inanspruchnahme z.B. der Eltern des barunterhaltspflichtigen Elternteils ist mit Rücksicht auf den Familienfrieden abzuchecken, was die Eltern des betreuenden Elternteils verdienen. Die Großeltern haften nämlich nur anteilig in Abhängigkeit von Ihren Einkommen, bzw. im Verhältnis Ihrer Einsatzbeträge. Es sind die Einkünfte aller vier Großeltern und der Ehepartner bzw. Lebensgefährten von Bedeutung und zu ermitteln.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze, ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner.

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Ehegattennachzug aus dem Ausland – Ehegattenunterhalt

Nicht nur in Deutschland sondern auch im Ausland soll es hübsche potenzielle Ehegatten geben. Gerade im Urlaub ist man im Kopf freier für die Braut- oder Bräutigamschau. Was liegt da näher, als sich im Ausland im Urlaub grenzenlos zu verlieben? Dann kommt die/der Verlobte oder auch schon Ehegatte vielleicht nach Deutschland, um die Ehe hier zu führen. Und wenn es doch nicht gut geht im Alltag, ist nach Jahren wieder Schluss: Trennung und Scheidung folgen vielleicht. Wenn es keine Scheinehe war, die eheliche Lebensgemeinschaft also wirklich geführt wurde, besteht je nachdem, ob es ehebedingte Nachteile bzw. zu betreuende Kinder gibt, wie lange die Ehe dauerte und welche ehevertraglichen Regelungen es zum nachehelichen Unterhalt gibt, ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt.

In Hinsicht auf die ehebedingten Nachteile ist aber zu berücksichtigen, dass der zugezogene Ehegatte ohne Ehe womöglich im Ausland viel geringere Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten als in Deutschland gehabt hätte.

In einem solchen Fall hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.01.2013 – XII ZR 39/10 – dargetan, dass dies zu berücksichtigen ist. Er hat die Unterhaltsbefristung und Ablehnung weiteren Unterhalts bestätigt mit der Erwägung, dass die Ehefrau hier in Deutschland ein höheres Arbeitseinkommen hat, als sie es bei einem Verbleib in ihrem Heimatland voraussichtlich erzielt hätte. Der angemessene Bedarf richtet sich – so der Bundesgerichtshof – nach den Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten, die sich dem Ehegatten bei einem Verbleib in seinem Heimatland geboten hätten, ist aber mindestens so hoch, wie das unterhaltsrechtliche Existenzminimum (gegenwärtig 800,00 € monatlich).

Dies ist konsequent. Denn für den nachehelichen Unterhalt gilt der Grundsatz der Eigenverantwortung und dass er unter Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten bzw. der Ehedauer dem Ausgleich ehebedingter Nachteile dient. Dann ist aber maßgeblich, was der Ehegatte ohne Ehe und ehebedingten Zuzug verdient hätte.

Ratsam ist es, sich um einen vorsorgenden Ehevertrag, am besten vor Eheschließung oder noch bevor es kriselt, zu bemühen und Dauer und Höhe des nachehelichen Unterhalts bzw. einen Unterhaltsverzicht oder Teilverzicht zu regeln.

Der Verfasser, Rechtsanwalt Andreas Schulze ist Fachanwalt für Familienrecht und Partnerschaftsgesellschafter der Rechtsanwälte Dr. Schmitz & Partner.

Fachanwälte als Regierungsbeauftragte in Berlin gesucht

Satire

Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurde berichtet, daß die Erfolgsgeschichte der Regierungsbeauftragten fortgesetzt werden soll. Die CDU – Politikerin Barbara John war als Beauftragte der Berliner Senats von 1981 bis 2003 sehr erfolgreich als Ausländerbeauftragte tätig.

Im Oktober 2012 wurde der erste Opferbeauftragte des Landes Berlin bestellt. Die Bestellung war ausgesprochen erfolgreich und rentierte sich zugleich für den ehrenamtlich tätigen Rechtsanwalt in dieser Funktion.

Diese Erfolgsgeschichte soll fortgesetzt werden. Zunächst sollen diese Positionen[1] ausgeschrieben werden:

  • Mieterbeauftragter des Landes Berlin
  • Arbeitnehmerbeauftragter des Landes Berlin
  • Kapitalmarktbeauftragter des Landes Berlin
  • Beauftrager für Gewerblichen Rechtsschutz (Abmahnbeauftragter)

Die weiteren Fachanwaltschaften sollen nach den Wahlen sukzessive berücksichtigt werden.

Voraussetzung ist die Zulassung als Rechtsanwalt in Berlin und die Verleihung des entsprechenden Fachanwaltstitels. Die Tätigkeit ist zwar ehrenamtlich (eine Aufwandsentschädigung wird gewährt), der Werbeeffekt jedoch beachtlich. Welcher Anwalt kann beispielsweise von sich berichten, daß er über ein unmittelbares Vortragsrecht beim Senator verfügt?[2] Beispielhaft soll die Bewerbung für den Opferschutzbeauftragten des Landes Berlin wiedergegeben werden, die für die neuen Regierungsbeauftragten entsprechend erfolgen soll:

Screenshot Website SenJus Opferbeauftragter

Mit ein wenig Geschick können Sie die Position nutzen, um publicity-trächtige Mandate zu akquirieren:

Tagesspiegel

Quelle: Berliner Tagesspiegel v. 19.10.2012

Der Aufruf war erfolgreich, Roland Weber vertritt die Nebenklage für die Schwester des Opfers.

Jedem potentiellen Mandanten können Sie berichten, daß Sie aufgrund Ihrer Stellung als Regierungsbeauftragter besonders geeignet sind und andere Rechtsanwälte nicht über diese Stellung innerhalb der Justiz verfügen. Sie sollten sich allerdings auch schon ein paar Argumente auf die Fragen der Mandanten einfallen lassen, ob Sie denn noch der unabhängige Vertreter der Interessen Ihres Mandanten sind und ob Sie nicht widerstreitende Interessen vertreten.


Anmerkung: Dr. Schmitz & Partner unterhalten ein eigenes Referat für Geschädigte von Gewaltopfern: Tatopfer.de

We are not amused!

Für uns gilt die Charta der Rechte des Mandanten!

II. das Recht auf einen persönlich und wirtschaftlich, auch von staatlicher Gewalt unabhängigen Anwalt,

III. das Recht auf einen Anwalt, der von Weisungen und Einflüssen Dritter frei ist,

IV. das Recht auf einen der absoluten Verschwiegenheit- auch gegenüber Gerichten und Behörden- verpflichteten Anwalt, dessen Vertraulichkeit im persönlichen, telefonischen und schriftlichen Verkehr gewährleistet ist,

V. das Recht auf einen Anwalt, der sorgfältig und ausschließlich die Interessen des Mandanten und keine widerstreitenden Interessen vertritt,

  1. [1]Selbsverständlich werden weibliche Bewerber und Schwerbeschädigte bei gleicher Qualifikation bevorzugt
  2. [2]Zudem erhalte er ein Auskunftsrecht gegenüber den Strafverfolgungsbehörden und ein unmittelbares Vortragsrecht beim Justizsenator.(Link zur Berliner Zeitung v. 17.07.2012)