Hohn oder Verzweiflung?

§ 244 StGB regelt u.a. die Bestrafung des Diebstahls mit Waffen. Es besteht wohl bei allen Fachleuten dahingehend Einigkeit, daß die Regelungen dort völlig mißlungen sind.

Viele Urteile dazu sind vernichtend:

Chaotisierung des Rechts
Prof. Schlothauer, StV 2004, 655
Mit den Mitteln herkömmlicher Auslegungstechnik (ist) eine umfassende, sachgerechte Lösung … nicht zu erreichen.
BGHSt 52, 257, 266

Was dem Waffenbegriff des § 1 WaffG unterfällt, ist auch nach § 244 StGB eine Waffe, was umgekehrt nicht gelten muß. Und was keine Waffe ist, ist schnell ein „anderes gefährliches Werkzeug“. Das führte bis zum 04.11.2011 zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten.

§ 244 StGB differenziert nach

  • Waffe
  • anderes gefährliches Werkzeug
  • sonst ein Werkzeug oder Mittel, um …

Wer eine Banane klaut, sollte kein Taschenmesser dabei haben oder erst die Banane klauen und dann das Taschenmesser ;-)

Seit knapp 13 Jahren bestand die Vorschrift.

Unter der Überschrift

Na endlich!
haben wir die Gesetzesänderung gegeißelt, mit der ein höheres Strafmaß für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte eingeführt wurde.

Mit dem selben Gesetz ist dann auch endlich § 244 StGB geändert worden. Aber nicht so, wie es die Praktiker erhofften. Es ist einfach seit dem 05.11.2011 ein Absatz III eingefügt, der besagt: „In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.“

Der Gesetzgeber hat das so begründet:

In § 244 Absatz 3 StGB soll eine Strafzumessungsregelung für den minder schweren Fall eingeführt werden. Damit wird § 244 StGB vergleichbaren Vorschriften, wie etwa § 250 StGB, angepasst. Das Fehlen einer solchen Regelung erweist sich nämlich insbesondere im Hinblick auf § 244 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a StGB als problematisch, der allein das Mitsichführen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges beim Diebstahl unter erhöhte Strafandrohung stellt, was dazu führt, dass vom Anwendungsbereich des § 244 StGB unter Umständen auch Taten erfasst werden, die nur einen geringen Unrechtsgehalt aufweisen. Schwierigkeiten bereitet insbesondere das Beisichführen von Alltagsgegenständen, von denen viele auch als Mittel zur Gewaltanwendung oder –androhung eingesetzt werden könnten (z. B. Schlüssel oder Gürtel). In der Rechtsprechung und Literatur wurde zur Begrenzung des Anwendungsbereiches der Strafnorm teilweise versucht, bei der Auslegung des Begriffes „gefährliches Werkzeug“ einschränkende subjektive Kriterien heranzuziehen (s. z. B. OLG Celle, Entscheidung vom 17. April 2007 – 32 Ss 34/07; OLG Frankfurt, Entscheidung vom 8.8.2006 – 1 Ss 177/06, StraFo 2006, 467; Erb JR 2001, 206; Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT/2, 30. Auflage § 4 Rdn. 262 b). Diesen Versuchen ist der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 3. Juni 2008 (3 StR 246/07BGHSt 52, 257) unter Verweis auf den Wortlaut der Norm, auf systematische Argumente sowie auf den Sinn und Zweck der Regelung entgegengetreten. Die Abgrenzung muss demzufolge allein nach objektiven Kriterien erfolgen, für die es eine Vielzahl von Lösungsansätzen gibt, von denen sich noch keiner durchgesetzt hat. Um sicherzustellen, dass in jedem Einzelfall eine angemessene Strafe verhängt werden kann, bedarf es einer Strafzumessungsregelung für den minder schweren Fall.
BRDrS 646/10

 

Diskutiert wurde das nicht. Die Plenarprotokolle weisen keine Diskussionen aus. Der Bundesrat meinte lediglich, daß die Neuregelung zu weit gehe.

Lediglich im Rechtsausschuß war die Fraktion DIE LINKE der Ansicht:

(sie) führte aus, dass eine Strafbarkeitslücke nicht ersichtlich und das Gesetzesvorhaben „symbolisch“ sei. Durch eine Erhöhung des Strafrahmens würden ohnehin keine Täter abgeschreckt. Die Änderungen bedeuteten im Ergebnis zudem eine Schlechterstellung der Einsatzkräfte, da bisher Tathandlungen gegen diese durchgängig mit höheren Strafdrohungen bewehrt seien. Der Gesetzentwurf beinhalte lediglich einen positiven Aspekt, nämlich die Einführung des minder schweren Falles im vorgesehenen neuen § 244 Absatz 3 StGB, der gleichwohl einen niedrigeren Strafrahmen vorsehen sollte.
BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN habe sich dem angeschlossen.
BtDrs 17/6505

Der Vorsitzende Richter am Landgericht Arnoldi, StRR 2012, 197 bemerkt zum Thema: „Angesichts solcher Gesetzesfassung verkümmert obergerichtliche Auslegung zum „Ringen um Zentimeter“

Er kommentierte eine Entscheidung des OLG Köln – III RVs 258/11 – v. 10.01.2012, wonach auch ein „Schweizer Offiziersmesser“ mit einer Klingenlänge von 6 cm ein gefährliches Werkzeug ist, und es nicht auf die innere Haltung des Täters zur Verwendung des Werkzeuges ankäme. Bei-sich-führen reicht!

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