Wer was zu verschweigen hat ist wahrscheinlich ein Straftäter

Verwendung von Krypto-Handys und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

In einer Aufsehen erregenden Entscheidung hatte die 25. Große Strafkammer des Landgerichtes Berlin statuiert, daß aus der Überwachung des Kommunikationsdienstes EncroChat gewonnene Kommunikationsdaten einem Beweisverwertungsverbot unterliegen und dabei auch das Thema Anfangsverdacht thematisiert. LG Berlin vom 01.07.2021 – (525 KLs) 254 Js 592/20 (10/21).

Das Kammergericht hat diese Entscheidung aufgehoben und die Anklage zur Verhandlung vor einer anderen großen Strafkammer des Landgerichtes zugelassen (Ooups!) –  Beschl. v. 30.08.2021 – 2 Ws 79/21

Anfangsverdacht aufgrund Kommunikationsschutz

Wahrscheinlich interessiert das nur Strafverteidiger?

Mitnichten! Auch für den rechtstreuen Bürger ist wichtig zu wissen, wann ein Anfangsverdacht anzunehmen ist, der beispielsweise für Durchsuchungsmaßnahmen ausreichender Grund ist.

Das Landgericht hatte – für mich überzeugend – ausgeführt:

(a) Dass Straftäter häufig ein besonderes Interesse am Schutz ihrer Kommunikation gegen staatliche Zugriffe haben und deshalb schwer zu überwachende Kommunikationswege — etwa die VoIP-Telefonie über Messenger-Dienste oder den Tor-Browser — bevorzugen, ist allgemein bekannt. Ein genereller Schluss aus einem besonderen Sicherungsbedürfnis auf ein strafbares Verhalten wäre aber genauso unzulässig, wie etwa allein der Besitz von typischerweise bei Einbrüchen oder Fahrraddiebstählen genutzten Werkzeugen (Brechstangen, Bolzenschneider) nicht den für eine Durchsuchung nötigen Anfangsverdacht liefern kann.

(b) Verschlüsselungstechnologien sind auch deshalb für sich gesehen kein tauglicher Anknüpfungspunkt für einen Tatverdacht, weil ihre Nutzung aus staatlicher Sicht nicht etwa unerwünscht ist, sondern im Gegenteil zum Schutz vertraulicher Daten vor den Zugriffen Dritter gestärkt werden soll. So heißt es in der Digitalen Agenda der Bundesregierung für 2014-2017 (S. 3), einfach zu nutzende Verschlüsselungsverfahren müssten gefördert werden, um „die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale des digitalen Wandels zu erschließen“.

Ich hatte diese Passagen bei der Lektüre nur überflogen, Selbstverständlichkeiten nimmt man kaum noch wahr.

Umso mehr habe ich mir die Augen gerieben über die Argumentation des 2. Strafsenats:

Schon die Nutzung der mit Verschlüsselungstechnik versehenen, hochpreisigen Endgeräte begründete im Übrigen jedenfalls vor dem Hintergrund der französischen Ermittlungsergebnisse in den Ausgangsverfahren wegen der Beteiligung am organisierten illegalen Betäubungsmittelhandel einen entsprechenden Anfangsverdacht gegen die Nutzer solcher — für eine konventionelle Kommunikation eher ungeeigneter — Geräte.

Über 32 tausend Nutzer in 121 Ländern sehen sich nun dem Anfangsverdacht ausgesetzt. Auch die Mitarbeiter besonders sicherheitsrelevanter Unternehmen, die hochpreisige Endgeräte für die unkonventionelle Kommunikation nutzen.

Tausende redliche Bürger unter Anfangsverdacht

Das Kammergericht weist darauf hin, daß nach Einschätzung der französischen Behörden 60 % der Teilnehmer das verschlüsselte Kommunikationssystem zu kriminellen Zwecken nutzten. Fast 13 tausend Teilnehmer nutzten das System dann wohl zu nicht kriminellen Zwecken – vom Kammergericht mit dem Makel des Anfangsverdachtes belegt und beispielsweise einen Durchsuchungsbeschluß rechtfertigend. Aber der ist ja heutzutage bei vielen Amtsgerichten leicht zu erlangen: Sie wollen eine Durchsuchung live erleben?

Wo mag der Senat wohl die Preisgrenze sehen, was ist der Schutzbereich einer konventionellen Kommunikation?

Sicherlich wird sich der BGH und voraussichtlich auch das BVerfG damit beschäftigen.

Mich jedenfalls, gruselt es gewaltig.

Grafik Mandantenzufriedenheit

Mandantenzufriedenheit

Ein herzliches Dankeschön!

 

Wir wollten wissen, wie es um die Mandantenzufriedenheit aussieht:
Grafik der Bereitschaft die Kanzlei weiterzuempfehlen bei 100%

Herzlichen Dank an unsere Mandanten, die den Fragebogen zur Mandantenzufriedenheit ausgefüllt haben und uns damit wertvolle Hinweise für die Zukunft geben.

Besonders stolz sind wir auf die oben wiedergegebene Auswertung. Verbesserungsvorschläge haben wir, soweit uns möglich, übernommen. Auch dafür unseren herzlichen Dank!

Wir hätten ehrlich gesagt nicht erwartet, daß die Online-Akte auf derart breite Zustimmung stößt:

Grafik zur Nutzung der Online-Akte

Vielleicht wissen noch nicht alle Mandanten um die Möglichkeiten der Online-Akte? Sprechen Sie uns darauf an!

Über den Online-Zugang ist unsere Akte für Sie jederzeit und überall erreichbar – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.

Sicherlich müssen wir diese für die Mandanten kostenlose Option noch breiter bewerben. Wir behalten das im Auge.

1/3 der Befragten beantwortete die Frage, ob ihnen Kaffee oder andere Getränke angeboten worden seien, mit: „Ich war nicht in der Kanzlei“. Sicherlich zum Teil Corona geschuldet aber auch ein deutlicher Trend für die Zukunft.

Sie müssen uns nicht in der Kanzlei aufsuchen. Sprechen Sie mit uns über die alternativen Möglichkeiten!

Für unsere Leistungen erwarten wir ein Äquivalent in Geld. Nahezu alle Befragten waren sehr zufrieden mit der Preistransparenz. Ein geringer Teil war nur „zufrieden“, aber eben nicht „sehr zufrieden“. Sprechen Sie uns bitte gleich im ersten Gespräch auf die anfallenden Kosten an! Häufig können wir die insgesamt anfallenden Gebühren nicht voraussehen. Im Regelfall können wir aber für die erforderlichen nächsten Schritte einen Preis nennen. Auch dies gehört zur Mandantenzufriedenheit.

Noch lieber als der Fragebogen ist es uns jedoch, wenn Sie uns direkt Ihre Kritik oder Ihr Lob in einem persönlichen Gespräch mitteilen. Mit großer Freude hören wir immer wieder von „neuen“ Mandanten, daß sie auf Empfehlung eines „alten“ Mandanten zu uns gelangt sind. Für uns die schönste Form der Anerkennung.

Wie auch immer: Sprechen Sie mit uns!

Sie erreichen uns über diverse Kanäle: Hier!

 

Bild einer Geldkiste mit Polizeibeamten

Dr. Herzog & Kollegen

Dr. Herzog & Kollegen betrügerisch unterwegs

Betrüger haben sich einiges einfallen lassen und sind als Dr. Herzog & Kollegen bzw. Dr. Herzog & Partner aus Köln unterwegs;

  • nicht nur, daß sie ein ziemlich überzeugendes Mahnschreiben vor allem an ältere Mitbürger verschicken. Man muß schon vom Fach sein, um zu erkennen, daß es ein ausgemachter Betrug ist.
  • Sogar eine Website Dr. Herzog & Kollegen haben sie ins Netz gestellt. Natürlich ohne Impressum. Schön gemachte Seite, da kann sich so manch realer Kollege eine Scheibe von abschneiden.

Die Rechtsanwaltskammer Köln warnt vor den Betrügern und hat Strafanzeige erstattet: Rechtsanwaltskammer Köln warnt vor Schreiben einer nicht existierenden Rechtsanwaltskanzlei „Dr. Herzog & Partner“

Nicht nur für unsere Mandanten gilt: Wir sind Ihr Ansprechpartner wenn Sie unberechtigte Mahnschreiben erhalten – Kontakt

Wenn Sie mißtrauisch sind, ob Ihr Korrespondenzpartner Rechtsanwalt ist (wir schauen auch des öfteren nach), es gibt ein kostenloses amtliches Anwaltsverzeichnis, in dem Sie sich informieren können, ob jemand (noch) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist.

 

Frosch zieht einen Trolly hinter sich her

Umbenennung Berliner Amtsgerichte

Mit Pressemitteilung  vom 30.07.2021 erklärt Justizsenator Dr. Dirk Behrendt, daß zum 01.08.2021

  • das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in Amtsgericht Kreuzberg und das
  • Amtsgericht Pankow/Weißensee in Amtsgericht Pankow umbenannt ist.

Nunmehr tragen alle Amtsgerichte der Hauptstadt nur noch den Namen des Ortsteils im Titel, in dem sie ihren Sitz haben.

Aus unserem Sitz im Ortsteil Grunewald vertreten wir Sie nicht nur vor den Berliner Amtsgerichten :-)

Auch bei uns wird es demnächst eine Umbenennung geben: Aus der Wissmannstraße wird die Baraschstraße.

 

 

 

Auslagenentscheidung bei Einstellung

Liebe Kollegen Rechtsreferendare in Nordbayern,

gestern hatte ich das besondere Vergnügen, vor einem Amtsgericht in Oberfranken zu verteidigen. Es ging um ein harmloses Kinderspielzeug, das von Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter als verbotene Waffe klassifiziert wurde und tateinheitlich um das Führen eines zu langen Messers (15,5 cm).

Einstellung § 153 II StPO

Nachdem das von uns angeregte Gutachten ergab, daß die Zwille nicht dem Waffengesetz unterliegt, stellte der Richter das  Verfahren ein:

1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Angeschuldigten[1]  Ratlos Rudi mit Zustimmung der
Staatsanwaltschaft und mit Zustimmung des Angeschuldigten gemäß § 153 Abs. 2 StPO
eingestellt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse.

Der Richter Dr. X war über die Beschwerde und die Aufhebung durch das Landgericht echt erbost (zur Geschichte siehe den Link oben) und kam nach kurzer Verhandlung zum erwarteten Urteil. In einer persönlichen Anmerkung nach der Urteilsverkündung ließ er seinem Unmut freien Lauf:

Warum ich es nicht bei der Einstellung belassen hätte? Die notwendigen Auslagen des Angeklagten seien doch von seiner Kostenentscheidung umfaßt, der Kostenbeamte hätte die Verteidigungskosten als notwendige Auslagen des Angeklagten festgesetzt. Meinen Einwand, dies stimme nicht, fegte er mit dem Argument vom Richtertisch, er wisse es besser, er sei schließlich Ausbilder einer Referendararbeitsgemeinschaft und bringe dies so seinen Referendaren bei.

Notwendige Auslagen des Angeklagten

Falls Sie zu den glücklichen Teilnehmern der AG gehören:

  • Werfen Sie einen Blick in das Gesetz: § 464a Abs. 1 Satz 1 StPO definiert den Begriff der Kosten. Die Anwaltsgebühren gehören (mit Ausnahme der Pflichtverteidigergebühren) nicht zu den Kosten und Auslagen des Gerichtes.
  • § 467 Abs. 1 StPO bestimmt den Regelfall, wonach die Auslagen der Staatskasse zur Last fallen.
  • Schauen Sie bitte in die Kommentierung, bspw. Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, 63. Aufl. 2020, § 467 StPO, RN 20:

Werden der Staatskasse nur die Verfahrenskosten auferlegt, so darf das, auch wenn es sich zweifelsfrei um einen Fall des I handelt, nicht dahin ausgelegt werden, dass auch die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten gemeint sind (m. w. N.).

  • Und auch die Kommentierung zu § 464 StPO (a. a. O.) ist eindeutig:

Rn. 12: Beim Fehlen einer ausdrücklichen Auslagenentscheidung verbleiben die notwendigen Auslagen bei demjenigen, dem sie entstanden sind.

 

Moral von der Geschicht: Nicht alles was ein promovierter Amtsrichter in der Arbeitsgemeinschaft erzählt ist richtig. Sie machen nichts falsch, wenn Sie grundsätzlich über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten entscheiden.

  1. [1]nachdem der Richter zuvor einen Strafbefehl erließ, ist diese Bezeichnung natürlich, wie Sie sicherlich wissen, völlig daneben § 157 StPO