NRW Disziplinarverfahren

Es laufen derzeit gegen 14 Beamte NRW-Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Zusammenhang mit rechtsextremen Chats.

Rechtsextreme Chats

Genaues erfährt man nicht. Jedenfalls keine Tatsachen über die Dienstvergehen, dafür aber mehr als genug Meinung und Polemik. Bilder sollen in diesen Chats rumgereicht worden sein, teilweise widerlicher Art. Anstatt nun aber besonnen zu reagieren und zu ermitteln, überbieten sich die Protagonisten mit Forderungen und Bewertungen.

Wir werden das aufarbeiten, radikal und bis ins kleinste Detail

sagte der zuständige CDU-Innenminister Reul im Landtag in Düsseldorf. Hat der Begriff „radikal“ hier eine eigene Bedeutung oder sollte er nur die Brücke zu den vermuteten rechtsradikalen Verbindungen darstellen? Es soll radikal aufgearbeitet werden. Wer sich die Bedeutung des Wortes „radikal“ vergegenwärtigt wird deshalb befürchten müssen, daß bei der Aufarbeitung einiges auf der Strecke bleiben wird. Radikal eben.

Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst

Reul berichtete in der Sitzung, daß gegen 14 Polizeibeamte Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst eingeleitet worden seien.

Da steigt der Blutdruck des Verteidigers. Das Ziel des Disziplinarverfahrens steht bereits fest. Das Landesdisziplinargesetz – LDG NRW sieht als Disziplinarmaßnahmen gegen aktive Beamte vor:

  1. Verweis (§ 6)
  2. Geldbuße (§ 7)
  3. Kürzung der Dienstbezüge (§ 8)
  4. Zurückstufung (§ 9) und
  5. Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10).

Damit hat der oberste Dienstherr das Ergebnis der Disziplinarermittlungen bereits vorgegeben, die ihm nachgeordneten Beamten des Disziplinarverfahrens werden sich gebunden fühlen.

Kein rechtsstaatliches NRW-Disziplinarverfahren

Stellen Sie sich das vor, Sie sind Beamter und sehen sich einem Disziplinarverfahren ausgesetzt, in dem der oberste Dienstherr bereits das Ergebnis, das Ziel, vorgegeben hat: Sie sollen aus dem Dienst entlassen werden.

Der Minister ignoriert das Landesdisziplinargesetz – LDG NRW, § 21:

Zur Aufklärung des Sachverhalts sind die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dabei sind die belastenden, die entlastenden und die Umstände zu ermitteln, die für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme bedeutsam sind.

Ich fürchte, die Beamten im NRW-Disziplinarverfahren werden kein faires Verfahren erleben.

Dabei ist die rechtsstaatliche Verfahrensweise klar vorgegeben. Zunächst wird das Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag eingeleitet. Dann ist der Sachverhalt aufzuklären, die Umstände (s.o.) sind zu ermitteln. Als Ergebnis dieses Prozesses ergeht die Entscheidung über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nach pflichtgemäßem Ermessen.

Dabei ist sicherlich zu berücksichtigen, daß auch derjenige aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Aber eben als Entscheidung am Ende eines rechtsstaatlich geordneten Verfahrens. Hier hatten die Betroffenen noch nicht einmal die Gelegenheit, sich in der Anhörung zu äußern.

Es ist eine Schande, daß ein Innenminister in Deutschland meint, daß dieser Weg abgekürzt werden kann. Par ordre du mufti.

Die Aussagen Reuls sind einem Bericht der Tagesschau vom 17.09.2020 entnommen: NRW-Minister zu Polizeiskandal

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