Erscheinen vor Polizei ist Zeugenpflicht

Zeugenpflicht

„(3) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. …“

So will es das Gesetz (§ 163 Abs. 3 StPO) – nunmehr. Eingefügt durch das im Eilmarsch von der Bundesregierung durchgepeitschte Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens

Wer den Begriff  „Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft“ noch nicht kennt: früher waren das die Hilfspersonen. Damals wie heute Polizeibeamte ab einem gewissen Dienstgrad.

Was hat sich geändert mit der Zeugenpflicht?

Bisher mußte ein Zeuge nur vor dem Richter oder dem Staaatsanwalt erscheinen. Aufgrund zweier juristischer Staatexamina hinreichend befähigt zu erkennen, ob der Zeuge vielleicht als Beschuldigter in Betracht kommt und ihn dann entsprechend über seine Schweigerechte zu informieren.

Bisher schon haben Polizeibeamte Zeugen vernommen. Nun jedoch muß ein Zeuge der Ladung der Polizei nachkommen. Wir haben dazu schon früher unsere Ansicht verbreitet:

Wir müssen hier wohl nicht weiter ausführen, daß man schneller vom Zeugen zum Beschuldigten werden kann, als das Papier in die Schreibmaschine des vernehmenden Polizeibeamten eingespannt ist.

Wie wird man sich in Zukunft verhalten?

Bei entsprechenden Fällen haben wir den Mandanten bisher empfohlen freundlich abzusagen.

In Zukunft werden wir uns für den Zeugen melden und schriftlich darauf verweisen, daß ihm ein Auskunftsverweigerungsrecht – § 55 StPO zusteht und wir daher bitten, von der Ladung abzusehen. Der Polizeibeamte wird in vielen Fällen auf das Erscheinen des Zeugen gleichwohl bestehen.

Der Zeuge wäre dann sehr schlecht beraten, ohne seinen Rechtsbeistand zum Termin zu gehen. Bisher haben wir die Zeugen nur zu den seltenen Vernehmungen durch die Richter und Staatsanwälte begleitet. Künftig werden wir unseren Mandanten dann auch Geleitschutz zur Polizei anbieten.

Bei jeder einzelnen Frage des Polizeibeamten muß entschieden werden, ob die Beantwortung der Frage dem Zeugen oder einem seiner Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Ohne Hellseher zu sein: Das werden lange Vernehmungen. Nicht umsonst ist es bisher nur selten vorgekommen, daß die Richter oder Staatsanwälte zur Vernehmung laden.

Im Zweifel entscheidet dann über die Fragen dann doch wieder der Staatsanwalt, wie der neue Absatz 4 der Norm vorschreibt:

Die Staatsanwaltschaft entscheidet

1. über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen, …

3 Kommentare
  1. Andreas Jede
    Andreas Jede sagte:

    Das Ganze war in der letzten Legislaturperiode schon einmal auf dem Tisch. Seinerzeit hat die Bundesregierung den Vorschlag wie folgt vom Tisch gewischt:

    Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag nicht zu.

    Er würde zu einer Verlagerung von Kompetenzen auf die Polizei führen und damit die Sachherrschaft der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren weiter zurückdrängen. Der Umstand, dass eine bindende Ladung nur bei Vorliegen eines Auftrags oder eines Ersuchens der Staatsanwaltschaft möglich sein soll, führt nicht zu einer anderen Beurteilung, da auch eine allgemeine Erklärung des Auftrags oder des Ersuchens zulässig sein soll. Die Bundesregierung hat Bedenken, dass von dieser Möglichkeit in der Praxis in weitem Umfang Gebrauch gemacht würde.

    Das angestrebte Ziel einer effizienteren Führung von Ermittlungsverfahren dürfte sich mit der vorgeschlagenen Regelung dagegen nur in begrenztem Umfang erreichen lassen, da die Polizei lediglich zur verpflichtenden Ladung der Zeugen, nicht aber zur Verhängung der Ordnungsmittel nach den §§ 51, 70 StPO bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Aussageverweigerung befugt ist. Gerade bei „problematischen Zeugen“ wird sich daher eine Einschaltung der Staatsanwaltschaft häufig ohnehin nicht vermeiden lassen.

    Was gestern noch in den Augen der Bundesregierung falsch war ist heute ohne weitere Erläuterung richtig?

    Antworten

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