Falsch gesparte Anwaltskosten

Der Mann erhält einen Bußgelbescheid über 500 € zzgl. Gebühren und Auslagen nach dem Waffengesetz. Selbst der Laie sieht dem abstrusen Bescheid seine Sinnleere an.

Dafür muß man nicht zum Anwalt, das Geld ist besser anders angelegt, denkt sich der angebliche Waffensünder. Er kauft sich eine Ausgabe des WaffG und begründet seinen Einspruch gegen den Bescheid. Das macht er richtig gut und – man glaubt es kaum – die Behörde erkennt den Unsinn und hebt den Bescheid auf. Gleichzeitig erläßt sie einen neuen Bußgeldbescheid über 1.000 € zzgl. Gebühren und Auslagen. In der Begründung liest der Mann:

Gemäß Ihrem Einspruchsschreiberi, in dem Sie Bezug auf das Waffengesetz nehmen, ist Ihnen das Waffengesetz durchaus bekannt.

Sie haben somit wider besseren Wissens und somit vorsätzlich gehandelt.

Ich habe noch nie einen Mandanten derart fassungslos vor mir sitzen gesehen. Bestimmt hat mich ein Mandant noch nie so fassungslos auf ein Stück Papier starren sehen.

Die Staatsanwaltschaft hat die Akte kommentarlos an das Gericht duchgewunken.

Bin gespannt, wie das Gericht auf den Beiordnungsantrag in einer OWi-Sache reagiert.

Verstoß gegen das WaffG vor laufender Fernsehkamera des RBB?

Da reibt man sich die Augen und guckt nochmal:

Der RBB berichtet in seiner Fernesehsendung am 22.08.2009 vom Internationalen Bikertreffen in Gusow das vom Motorradclub Born to be wild aus Frankfurt/Oder veranstaltet wurde.

Jemand, der sich als Berliner Landesbeamter vorstellt und szenetypisch gekleidet ist, zeigt stolz seinen „Peacemaker“, ein feststehendes Messer mit beachtlicher, jedenfalls 12cm überragender Klingenlänge, das er offen trägt.

Im Bericht wird auf einen Fachmann verwiesen – der aus Sicherheitsgründen unerwähnt bleiben muß – und richtig feststellt, daß das Führen des Messers keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Hat er wirklich recht? Ist es eine Ordnungswidrigkeit oder kann sich der nette Rocker von nebenan auf § 42a Abs. 3 WaffG berufen?

Ein berechtigtes Interesse nach Absatz 2 Nr. 3 liegt insbesondere vor, wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient.
Zitat § 42a III WaffG

Hier ist ja wohl schon fraglich, ob es sich nicht um Brauchtumspflege handelt. Frieden herzustellen (Peacemaker!) ist aber sicherlich ein allgemein anerkannter Zweck, oder?

Die ganze Vorschrift dürfte verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht werden. Keiner weiß, was ein berechtigtes Interess ist, welches die allgemein anerkannten Zwecke sind, die auch nur beispielhaft genannt sind.

Wieder einmal offenbart sich die ungenügende Qualität der Waffengesetze. Der gesetzestreue Bürger wird bei Verstößen gegen waffenrechtliche Meldevorschriften mit dem Entzug seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse bedroht und aus gut unterricheteter Quelle haben wir gehört, daß die im oben genannten Fall herbeigerufene Polizei keine Veranlassung zum Einschreiten sah und meinte, die Berliner Polizei sei für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit zuständig.

Die Verteidigungsstrategie des Beamten dürfte jedenfalls klar sein ;-)

Sensation?

Am Donnerstag, den 20.08.2009 um 11:42h erreichte mich die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes mit dem Betreff „Zur Einschraenkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung„. Der Blog des Beck-Verlages titelt in Großbuchstaben:

SENSATION! BVerfG: Geschwindigkeitsmessungen, Abstandsmessungen etc. mit Video und Film (und auch Foto?) sind verfassungswidrig
Quelle: beck-blog

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Augustinus

Manchesmal möchte man verzweifeln. Man kämpft mit ausgeklügelten Schriftsätzen, wohl durchdacht. Die Urteilsbegründung geht mit keinem Wort auf die Argumente ein.

Ich starre lange auf den Bildschirm. Der Bildschirmschoner schaltet sich ein und zeigt als Lauftext mein Motto:

Wenn Dein letzter Tag Dich nicht als Sieger vorfindet, soll er Dich noch als Kämpfer treffen!
Augustinus

Heute ist so ein Tag und ich suche die Quelle des Zitates. Ich dachte immer, ich hätte es aus den Bekenntnissen. Weit gefehlt! Das vollständige Zitat aus den Predigten:

Si non te inveniet dies ultimus victorem, inveniat vel pugnantem, non captum et addictum (Sermo 22,8).

Trifft dich der letzte Tag nicht als Sieger an, so möge er dich doch wenigstens als Kämpfer antreffen und nicht als Gefangenen und Ergebenen.

Die Passage bezieht sich auf die Sünde, meine Herren Richter: Das Gericht muß das tatsächliche und rechtliche Vorbringen zur Kenntnis nehmen, soweit es erheblich ist!

Dann wird es unser Mandant mit der Legende des Müllers von SANS,SOUCI. halten:

Gewiß, Euer Majestät, das könnten Euer Majestät wohl tun, wenn es – mit Verlaub gesagt – nicht das Kammergericht in Berlin gäbe.

Quellenfreigabe

Die Anonymisierung war offensichtlich unzureichend. Der Stil ist nicht nur in Berlin bekannt. Mehrere Kollegen sprachen mich darauf an:

Das kann ja nur Gerhard Jungfer gewesen sein!

Der im Beitrag Fundsache gepostete Schriftwechsel stammt vom Kollegen Jungfer, der ihn mir 2002 zu Verfügung stellte, als ich begann, mich gegen die unsinnige Forderung nach Vorlage der Vollmacht zu wehren.

Der Vollständigkeit halber: Das Geschäftszeichen des Schreibens vom 24.05.2002 des Generalstaatsanwalt bei dem Landgericht Berlin (bitte stets angeben): 1451 E Bd. IIa Bl.4

Um den Zusammenhang beizubehalten hier nochmals die Auszüge aus dem Briefwechsel:

Wir Strafverteidiger haben es uns mittlerweile angewöhnt, bei jedem Meldeschriftsatz Vollmachten beizulegen.
Im Grunde genommen ist dies „unwürdig“.

Wir hätten weder die englische Revolution gebraucht, noch die große französische Revolution, noch die Paulskirche, wenn wir als Anwälte nicht einen Anspruch darauf hätten, dass unser Wort als Wort gilt.
Wir brauche also keine Vollmachten einzureichen.
Ich werde mich in Zukunft zu den Akten melden, ohne eine Vollmacht einzureichen.
Ich beantrage:
Alle Dienststellen, die Ihnen unterstehen, darüber zu unterrichten, dass ein Anwalt keine Vollmacht einreichen muß, wenn er eine Akteneinsicht beantragt.

Interessant ist die wohl bei den Staatsanwaltschaften in Vergessenheit geratene Antwort des Generals:

… Ich darf Ihnen versichern, dass hier völlige Übereinstimmung mit Ihnen in dieser Rechtsfrage besteht.

Da ich davon ausgehen muß, dass den Dezernenten die Rechtslage bekannt ist, habe ich gemeint, von dem von Ihnen am Schluß Ihres Schreibens erbetenen Hinweis absehen zu können. Sollte es gleichwohl im Einzelfall zu Problemen kommen, meine ich, dass es dann dem jeweiligen Verteidiger obliegt, entsprechend vorstellig zu werden.

So eine Renovierung der Kanzlei bringt mache Dinge wieder ans Licht, die man vergaß. Das Vergessen ist weit verbreitet. Eine ausführliche Darstellung mit Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung und Literatur finden Sie auf unserer Website