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Regierungsversagen Waffengesetz

Keine Zeit für die Vorbereitungen

Regierungsversagen: Da werden Gesetze erlassen und die Verwaltung kann sie nicht umsetzen.

Das 3. WaffRÄndG vom 17.02.2020 ist am 20.02.2020 in Teilen in Kraft getreten, wir berichteten: Inkrafttreten WaffG.

Während für die meisten Änderungen ein Inkrafttreten erst am 01.09.2020 vorgesehen ist, hatte es der Gesetzgeber mit dem Inkrafttreten des geänderten § 5 Abs. 5 Satz 1 WaffG besonders eilig. Dort ist die Regelanfrage beim Verfassungsschutz geregelt.

Regierungsversagen bei der Umsetzung

Seit dem 20.02.2020 muß die Waffenbehörde vor der Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis bei der Verfassungsschutzbehörde nachfragen. Geplant, bzw. von Protagonisten des Verfahrens gewollt, ist die Anfrage seit vielen Jahren; wir berichteten bereits im August 2013 über den Antrag Niedersachsens im Bundesrat: Denn sie wissen nicht, was sie tun. Die aktuelle Gesetzesänderung war seit August 2019 in den parlamentarischen Beratungen, ein Gesetzentwurf der Bundesregierung: 3. WaffRÄndG. Es bestand also ausreichend Zeit zur Planung des Gesetzesvorhabens und der Abstimmung der Behörden untereinander.

Dumm nur, daß die Waffenbehörden nicht ausreichend Zeit hatten, um die Gesetzesänderung umzusetzen und die Regelanfrage technisch umzusetzen.

Behörden können rechtzeitige Erteilung der Jagdscheine nicht gewährleisten

In Nordrhein-Westfalen soll es eine Weisung des Innenministeriums geben, wonach auf unbestimmte Zeit keine Waffen mehr in eine WBK jeder Art einzutragen sind bis die Abfrage beim Verfassungsschutz eingebunden ist. Austragungen werden noch vorgenommen. Auch aus anderen Bundesländern haben wir ähnliches gehört.

Das führt auch zu ziemlich abstrusen Ergebnissen. Beispielsweise kennen wir einen Fall, in dem der Antragsteller noch vor Inkrafttreten den Voreintrag erhalten hat, also die waffenrechtliche Erlaubnis noch ohne Regelanfrage erfolgte und nun die Waffenbehörde die Eintragung der Waffe in die WBK ablehnte. Die Eintragung der Waffe stellt natürlich keine waffenrechtliche Erlaubnis dar und löst auch unter dem neuen Waffengesetz keine Regelanfrage aus.

Auswirkungen für Jäger

Richtig schlimm wird es aber für Jäger. Der Jahresjagdschein erteilt die Erlaubnis bis zum 31.03. eines Jahres, danach ist der Inhaber nicht mehr im Besitz eines gültigen Jagdscheins. Die Verlängerung setzt nun nach neuer Rechtslage die Regelanfrage voraus, zu der die Behörden noch nicht in der Lage sind. Einige Landkreise haben bereits gewarnt, daß eine rechtzeitige Ausstellung der Jagdscheine dieses Jahr nicht gewährleistet werden kann. Wer dann nach dem 31.03. die Jagd ohne gültigen Jagdschein ausübt, macht sich bekanntlich strafbar. Dumm nur, das das BJagdG eine Jagdpflicht kennt. Darüber hinaus bestehen unter Umständen keine wirksamen Erlaubnisse für Waffen und Munition.

Das hätte die Regierung wissen und bei den Beratungen auf ein späteres Inkrafttreten hinwirken müssen. Die Spitze des Verwaltungsapparates kennt die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort und deren Möglichkeiten nicht. Das nennt man Regierungsversagen.

Kein Erlöschen der Jagdpachtverträge

Aber es gibt auch eine Entwarnung. Entgegen anders lautenden Gerüchten erlischt der Jagdpachtvertrag in diesen Fällen nicht. § 13 BJagdG ist eindeutig, der Jagdpachtvertrag erlischt nur wenn

  • der Jagdschein unanfechtbar entzogen worden ist oder
  • wenn die Gültigkeitsdauer des Jagdscheines abgelaufen ist und
  • entweder die zuständige Behörde die Erteilung eines neuen Jagdscheines unanfechtbar abgelehnt hat oder
  • der Pächter die Voraussetzungen für die Erteilung eines neuen Jagdscheines nicht fristgemäß erfüllt.

Regierungsversagen auf breiter Front

Im übrigen braucht man wohl keine hellseherischen Fähigkeiten, um vorauszusagen, daß auch die Frist bis zum 01.09.2020 , dem Inkrafttreten der übrigen Neuregelungen, den Beteiligten nicht ausreichen wird.

Da gibt es zum Beispiel ein Tool für die Waffenbehörden und Waffenhändler, den XWaffe-Dolmetscher, der bei der Erfassung neuer Daten oder der Bearbeitung von Bestandsdaten dabei hilft, die Waffendaten im korrekten XWaffe-konformen Format einzugeben und zu vervollständigen.

Die Behörde bewirbt dieses Produkt wie folgt:

Beachten Sie bitte, dass der XWaffe-Dolmetscher von der Fachlichen Leitstelle mit einem sehr geringen Budget betrieben wird. Aus diesem Grund können die Funktionalitäten und das Design nicht mit gewerblichen Programmen oder Übersetzungs-Tools multinationaler Unternehmen konkurrieren.
Der XWaffe-Dolmetscher führt keine Plausibilitätsprüfung der eingegebenen Daten durch. Aus diesem Grund lässt er beispielsweise Munitionsbezeichnungen/Kaliber zu, die niemals in die betreffende Waffe passen würden.

Wie? Wenn ich neue Aufgaben für Behörden schaffe, muß ich auch ausreichende Mittel zur Verfügung stellen?

Wie viele neue Mitarbeiter sind vom Himmel in die Flure der Waffen- und Jagdbehörden gefallen? Wie lange dauert deren Ausbildung?

Purer Aktionismus.

Update:

Auch der Deutsche Jagdverband hat sich der Sache nun angenommen:

DJV protestiert gegen Verzögerung der Jagdscheinverlängerung

 

Denn sie wissen nicht, was sie tun

Regelabfrage – Ein jahrealter Traum wird wahr!

So haben wir zum Thema Regelabfrage schon im August 2013 getitelt: Denn sie wissen nicht was sie tun und haben dort die Hintergründe des Trennungsgebotes Geheimdienste/Polizei beleuchtet.

Endlich ist es vollbracht: Das 3. WaffRÄndG hat die Regelabfrage der Waffenbehörden beim Geheimdienst eingeführt. Alle Scham ist verpufft, der Geheimdienst erhält Einzug in die Amtsstuben der Polizei. Er entscheidet ohne wirksame richterliche Kontrolle, ob jemand eine waffenrechtliche Erlaubnis erhält.

Das ist bekannt und gewollt. Der Bundesrat hat das „Problem“ gesehen und die Entscheidung getroffen, daß Unrecht hinzunehmen sei. Auch darüber haben wir bereits berichtet: Regelanfrage Verfassungsschutz

Aus der dort verlinkten Drucksache des Bundesrates:

Dass der Antragsteller zudem in dem gesonderten Verfahren – gegebenenfalls mit vorgeschaltetem In-camera-Verfahren – an dort geltenden Beweislastregeln scheitern kann, ist eine Folge der gesetzgeberischen Abwägung zwischen öffentlicher Sicherheit und individuellem Rechtsschutz.

Mit anderen Worten: Die Geheimdienste müssen sich vom Gericht nur im Ausnahmefall in die Karten gucken lassen und der Bürger, der sich dem Vorwurf ausgeliefert sieht, ein Extremist zu sein, erhält keinen Rechtsschutz.

Datengrundlage für eine Entscheidung

Dann muß die öffentliche Sicherheit ja sehr gefährdet sein. Die Bedrohung durch legale Waffenbesitzer mit extremistischen Hintergrund muß signifikant sein? Landauf, landab erklären alle, Polizeibehörden inclusive, daß von legalen Waffenbesitzern keine Gefahren ausgehen. Schauen wir uns das Datenmaterial an.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle hat die Bundesregierung dazu befragt (BTDrS 19/14931, Seite 29f)

In wie vielen Fällen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung vor dem Hintergrund einer geplanten Verschärfung des Waffenrechts durch die Bundesregierung (www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/waffenrecht-verschaerfung-100.html) in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 eine waffenrechtliche Erlaubnis entweder nach § 4 Absatz 1 Nr. 2 i: V. m. § 5 Absatz 2 Nr. 2, 3 WaffG versagt oder nach § 45 Absatz 1, 2 i. V. m. § 5 Absatz 2 Nr. 2, 3 WaffG zurückgenommen oder widerrufen, weil der Antragsteller die erforderliche  Zuverlässigkeit deshalb nicht besaß, weil er einer verbotenen Organisation oder Partei angehörte (§ 5 Absatz 2 Nr. 2 WaffG unterstützte (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

Sind die Zahlen statistisch relevant, rechtfertigen sie einen gesetzlichen Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger?

Schauen wir uns die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer vom 4. November 2019 an:

Der Vollzug des Waffengesetzes ist nach Artikel 83 des Grundgesetzes eigene Angelegenheit der Länder. Auf Bundesebene erfolgt keine systematische Erfassung der Gründe für Versagungen oder Aufhebungen waffenrechtlicher Erlaubnisse durch die zuständigen Landesbehörden. Daher liegen der Bundesregierung keine Informationen zu Fallzahlen im Sinne der Fragestellung vor

Fazit: Wir haben keine Zahlen, die Bedrohungslage ist gefühlt richtig, wir machen ein Gesetz.

Begründung des Bundesrates zur Regelabfrage

Das liest sich wirklich gruselig. Hat der Bundesrat bessere Zahlen, genauer, überhaupt Zahlen? Selbstverständlich nicht. Aber das hier ist der Kern der Begründung und mich fröstelts arg:

Angesichts der enormen und zunehmenden Gefahren, die von einem legalen Waffenbesitz, insbesondere von Rechtsextremisten, ausgehen, bedarf es dringend der Regelung, dass eine Speicherung als Extremist bei einer Verfassungsschutzbehörde des Bundes oder der Länder zur Tatbestandserfüllung der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ausreicht. Nur so kann sichergestellt werden, dass dort, wo relevante sicherheitsbehördliche Erkenntnisse zu extremistischen Bestrebungen vorliegen, die aus nachrichtendienstlichen Gründen nicht vorgehalten werden können und allein deshalb notwendige rechtliche Konsequenzen unterbleiben, in das waffenbehördliche Verfahren zur Versagung oder Entziehung einer Erlaubnis eingeführt werden können.
BRDrS 363/19

Allein die Speicherung bei den Schlapphüten reicht. Aus nachrichtendienstlichen Gründen werden alle Informationen, die einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Eintragung dienen könnten, nicht bekannt gegeben werden. Was für eine unüberprüfbare Machtfülle für Behörden, die gerade von den Untersuchungsausschüssen lächerlich gemacht werden.

Muß der Geheimdienst Extremisten offenbaren?

Na, dann aber wengistens die Verpflichtung für die Geheimdienste, die Regelabfrage zutreffend zu beantworten? Wir hatten schon gewitzelt, daß dies die effektivste Art ist, um Auskunft darüber zu erhalten, ob man entsprechend beim Geheimdienst verzeichnet ist.

Natürlich nicht. Der Geheimdienst wird anhand seiner Interessen entscheiden, ob er den Verdachtsfall bekannt gibt oder nicht. Nachrichtendienstliche Gründe werden zum Maßstab für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis, für die nach unserer Rechtsordnung ein Rechtsanspruch besteht, sofern die Voraussetzungen für die Erteilung gegeben sind.

Besonders pikant ist die Eintragung der Entscheidung im Bundeszentralregister. Der vermeintliche Extremist wird im Bundeszentralregister eingetragen und kann sich nicht erfolgreich wehren. Was wird wohl sein Dienstherr zu einer solchen Eintragung sagen?

Ich kann mich an meine Jugendzeit erinnern, in der die Leute wegen der Regelanfrage auf die Straße gingen und Steine flogen. Scheinbar trifft es jetzt nur die bösen Waffenbesitzer. Immerhin ca. 1. 5 Millionen rechtstreue Bürger.

Merkt denn keiner, daß es nicht um Waffenbesitzer geht, sondern um eine grundsätzliche Regelung? Daß schon heute in den Lagezentren Geheimdienste sitzen? Die Behörden zündeln schon seit Jahren am Trennungsgebot. Beispielsweise ist das GTAZ grenzwertig, wo im Interesse der Terrorabwehr Auswertemitarbeiter der Nachrichtendienste und der Polizei unter einem Dach tätig werden.

Meine Bewertung: Sie wissen nicht, was sie tun.

Geräteschuppen mit Werkzeug, das auch als Waffe benutzt werden kann.

Wie können Sie es wagen, Herr Ministerpräsident?

Ich gehöre zu denen!

Ich bin Jäger und habe – wie mehr als 380.00 andere auch – einen Jagdschein gelöst. Es gibt ca. 1,5 Millionen legale Waffenbesitzer in Deutschland. Ich benutze die Waffen für das wohl älteste Handwerk der Welt. Der Bundesrat hat in seiner 980 Sitzung am 20.09.2019 seinen Beschluß zum 3. WaffRÄndG auf den Weg in den Bundestag gebracht. Dort mußte ich lesen, daß ich eine Gefahr bin und werde in einem Atemzug mit Rechtsextremisten genannt:

Angesichts der enormen und zunehmenden Gefahren, die von einem legalen Waffenbesitz, insbesondere von Rechtsextremisten, ausgehen, bedarf es dringend der Regelung, dass eine Speicherung als Extremist bei einer Verfassungsschutzbehörde des Bundes oder der Länder zur Tatbestandserfüllung der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ausreicht.

Von mir gehen enorme und zunehmende Gefahren aus? Was bilden sich die die Damen und Herren Mitglieder der Landesregierungen, aus denen sich der Bundesrat zusammensetzt, ein? Ich verbitte mir diese Unverschämtheit.

Es betrifft Sie nicht?

Wirklich nicht? Was meinen Sie, wie lange wird es noch dauern, bis die Gegner des individuellen Straßenverkehrs folgenden Satz in und durch den Bundesrat bringen?

Angesichts der enormen und zunehmenden Gefahren, die von Nutzern des Individualverkehrs, insbesondere von Rechtsextremisten, ausgehen, bedarf es dringend der Regelung, dass eine Speicherung als Extremist bei einer Verfassungsschutzbehörde des Bundes oder der Länder zur Tatbestandserfüllung der Regelvermutung der straßenverkehrsrechtlichen Unzuverlässigkeit ausreicht.

Es bedarf wohl keiner Erläuterungen, daß ein Kraftfahrzeug als gefährliche Waffe eingesetzt werden kann. Die jüngere Geschichte kennt leider einige Beispiele.

Mir fallen da noch einige Lebensbereiche ein, die von enormen und zunehmenden Gefahren geprägt sind. Wollen wir auch die Zigtausende unter Generalverdacht stellen, die ein paar Fußballschuhe im Schrank haben? Am letzten Wochenende gab es in Berlin einen Schiedsrichterstreik wegen der zunehmenden Gewalt auf den Spielplätzen. Schiedsrichter werden geschlagen und mit dem Helikopter ins Krankenhaus gebracht.

Ich verwahre mich dagegen, unter Generalverdacht gestellt zu werden. Wir brauchen keine Verschärfungen des Waffengesetzes oder des Straßenverkehrsgesetzes. Auch das Verbot von Keramikmessern oder spitzer Küchenmesser ist nicht erforderlich.

Und gegen meinen Nachabarn, der viele gefährliche Werkzeuge in seinem Gartenschuppen aufbewahrt, muß man auch keine neuen Gesetze erfinden. Ja, einige derartige Werkzeuge sind von Attentätern schon verwandt worden, derartige Gefahren nehmen zu und auch Extremisten – des rechten oder linken Spektrums – haben Zugriff auf derartige als Waffen einsetzbare Werkzeuge.

Dem 3. WaffRÄndG hatten wir bereits einen eigenen Beitrag gewidmet und auf den sich ständig aktualisierenden Link des Dokumentationssystems des Deutschen Bundestages verwiesen: DIP 3. WaffRÄndG

Auch das Thema Regelanfrage beim Verfassungsschutz haben wir gegeißelt. Nicht zum ersten Mal, schon vor fünf Jahren wiesen wir auf die Ungeheuerlichkeit hin: Gesetzentwurf Regelanfrage.

Wir bleiben dran.

Regelanfrage Verfassungsschutz – WaffG

Blanker Zynismus

Mit Beschluß vom 20.09.2019 hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (3. WaffRÄndG) auch die alte Forderung nach der Regelanfrage wiederholt.

Die Anfrage beim Verfassungsschutz soll die Regel werden

Die Regelanfrage soll kommen. Die was? Ganz einfach: Wenn der Bürger seine Rechte wahrnimmt und einen Antrag auf Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis stellt, wird künftig automatisch eine Auskunft bei den Verfassungsschutzbehörden – also den Geheimdiensten – den Schlapphüten – eingeholt. Die Begründung (BRDrS 363/19):

Angesichts der enormen und zunehmenden Gefahren, die von einem legalen Waffenbesitz, insbesondere von Rechtsextremisten, ausgehen, bedarf es dringend der Regelung, dass eine Speicherung als Extremist bei einer Verfassungsschutzbehörde des Bundes oder der Länder zur Tatbestandserfüllung der Regelvermutung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ausreicht. Nur so kann
sichergestellt werden, dass dort, wo relevante sicherheitsbehördliche Erkenntnisse zu extremistischen Bestrebungen vorliegen, die aus nachrichtendienstlichen Gründen nicht vorgehalten werden können und allein deshalb notwendige rechtliche Konsequenzen unterbleiben, in das waffenbehördliche Verfahren zur Versagung oder Entziehung einer Erlaubnis eingeführt werden können. Die
Bestimmung wird wie bisher im Katalog der Unzuverlässigkeitsgründe angesiedelt, die bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zur Folge haben, dass eine Person die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht besitzt (Regelunzuverlässigkeit). Es handelt sich um eine widerlegbare Vermutung (sogenannte Regelvermutung).

Jeder Rechtsextremist bekommt jetzt auf preiswerte und einfache Art und Weise Auskunft darüber, ob er als Rechtsextremist beim Verfassungsschutz verzeichnet ist. Er stellt einen Antrag auf Ausstellung des Kleinen Waffenscheins und die Waffenbehörde fragt beim Verfassungsschutz nach. Liegen dort Erkenntnisse vor und der Verfassungsschutz berichtet darüber (das muß er nach dem Gesetzentwurf nicht) erhält der Rechtsextremist keinen Kleinen Waffenschein und erhält die Begründung und einen Eintrag im Führungszeugnis.

Der Verfassungsschutz wird sich – schon aus Quellenschutzgründen – sehr genau überlegen, ob er der Waffenbehörde seine Erkenntnisse mitteilt.

Was soll dann das Ganze? Es wird viele rechtstreue Bürger von ihrem Recht abhalten. Vor allem das Risiko der Eintragung im Führungszeugnis ist rechtlich unkontrollierbar.

Es gibt verständlicherweise kein durchsetzbares Recht auf Auskunft über den Datenbestand beim Verfassungsschutz.

Regelanfrage mit negativem Ergebnis

Aber was macht der rechtstreue Bürger wenn die Auskunft negativ ist und man sicher ist, das stimmt nicht?

Sich in sein Unglück fügen! Der Bundesrat hat das Problem auch gesehen und sehr zynisch diese Begründung abgegeben:

Das Rechtsschutzversprechen des Artikels 19 Absatz 4 GG wird dadurch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Im Waffenrecht gilt das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Das heißt, der Besitz, das Tragen und so weiter von Waffen ist grundsätzlich verboten und wird nur im Einzelfall und unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Bei Verboten mit Erlaubnisvorbehalt liegt die Beweislast dafür, dass Ausschlusskriterien nicht eingreifen, beim Antragsteller und nicht bei der Behörde. Dem nachrichtendienstlich als Extremist gespeicherten Antragsteller wird die waffenrechtliche Erlaubnis nicht grundsätzlich versagt. Ihm wird aber zugemutet, die Rechtmäßigkeit der Erhebung und Speicherung seiner personenbezogenen Daten in einem gesonderten gerichtlichen Verfahren
rechtsstaatlich einwandfrei überprüfen zu lassen. Dass das eine Verzögerung des waffenrechtlichen Erlaubnisverfahrens bedeutet, ist hinzunehmen. Dass der Antragsteller zudem in dem gesonderten Verfahren – gegebenenfalls mit vorgeschaltetem In-camera-Verfahren – an dort geltenden Beweislastregeln scheitern kann, ist eine Folge der gesetzgeberischen Abwägung zwischen öffentlicher Sicherheit und individuellem Rechtsschutz.

Rechtsschutz gegen die Auskunft?

Das muß man sich vor der schwallartigen Entleerung des Mageninhaltes auf der Zunge zergehen lassen:

Dass der Antragsteller zudem in dem gesonderten Verfahren – gegebenenfalls mit vorgeschaltetem In-camera-Verfahren – an dort geltenden Beweislastregeln scheitern kann, ist eine Folge der gesetzgeberischen Abwägung zwischen öffentlicher Sicherheit und individuellem Rechtsschutz.

Im Klartext: Wer nicht nachweisen kann, daß er nicht in die Datei des Verfassungsschutzes gehört, hat Pech gehabt. Der Gesetzgeber stellt den Rechtsschutz des Bürgers hinten an.

Trennungsgebot und Regelanfrage

Hält denn keiner mehr das Trennungsgebot für verfassungsrechtlich geboten? Die Schlapphüte dürfen, was den Polizeibehörden verboten ist. Das ist solange o.k. wie die dabei erlangten „Erkenntnisse“ nicht an die Polizeibehörden zurückfließen. Im Ergebnis nutzen nun die Polizeibehörden die Ergebnisse der ihnen nicht erlaubten Erkenntnismittel und Methoden.

Bin ich der Einzige, der sich darüber aufregt? War das nicht einer der großen Systemfehler des Nationalsozialismus,  die geballten Kompetenzen beim Reichssicherheitshauptamt und der Gestapo? Warum schreien die Linken nicht auf, wo bleibt das Gezeter der Alt-68er?

Guy, ZRP 1987, 45 (48) hat die eine Seite sehr schön auf den Punkt gebracht:

… Sinn des Trennungsgebots: Polizeiliche Befugnisse sollen durch den Bereich der Gefahrenabwehr und der Aufklärung von Straftaten begrenzt werden; außerhalb dieses Bereichs soll es eben keine polizeilichen, sondern nur nachrichtendienstliche Mittel geben. Eben dies wird durch das Trennungsgebot sichergestellt. Die polizeilichen Mittel werden aus dem „Vorfeld“ heraus gehalten; damit wird dieses aber nicht unbeobachtet gelassen, sondern von den Nachrichtendiensten mit begrenzten Mitteln aufgeklärt.

Polizei keine nachrichtendienstlichen Mittel, Nachrichtendienste keine polizeilichen Mittel. Wer daran rührt, legt Hand an an rechtsstaatliche Grundsätze unseres Landes.

Foto Rhinozeross

Gesetzentwurf Regelabfrage Verfassungsschutz

Foto StraßenschildWir forderten bereits: Finger weg vom Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizeibehörden! im Beitrag

Denn sie wissen nicht was sie tun

Nun also wieder ganz plakativ neu aufgewärmt[1]:

Verschärfung des Waffenrechts gefordert
Der Bundesrat dringt auf eine Verschärfung des Waffenrechts. Ziel ist es, den Waffenbesitz von Personen aus dem extremistischen Spektrum besser kontrollieren und eindämmen zu können, wie aus einem entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesrates (18/1582) hervorgeht.

Danach sollen die Waffenbehörden verpflichtet werden, bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung auch bei den Verfassungsschutzbehörden Informationen einzuholen.
Quelle: Heute im Bundestag Nr. 290 v. 03.06.2014

Die Gesetzesbegründung führt aus:

Im Zuge der Ermittlungen um die sogenannte „Zwickauer Terrorzelle“ ist offenbar geworden, dass es gut organisierte Strukturen rechtsextremistischer Gewalttäter gibt, die bereit sind, zur Durchsetzung ihrer Ziele gezielt Waffengewalt einzusetzen. In diesem Zusammenhang sind in mehreren Ländern anlassbezogene Abgleiche der Daten von bekannten Rechtsextremisten mit den Daten der legalen Waffenbesitzer durchgeführt worden. Bei diesen Datenabgleichen wurde festgestellt, dass eine – wenn auch geringe – Anzahl von Personen über waffenrechtliche Erlaubnisse verfügte, obwohl bei den Verfassungsschutzbehörden Erkenntnisse vorlagen, wonach diese Personen verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen oder unterstützen und daher die Voraussetzungen der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Absatz 2 Nummer 3 WaffG erfüllten.
Quelle: Bundestagsdrucksache 18/1582

Es stellen sich auf Anhieb ein paar Fragen:

  • Wieviele Personen?
  • Wievielen der Personen wäre eine Erlaubnis nicht erteilt worden?
  • Ist die Regelanfrage geeignet, den Zugang extremistischer Personen zu erlaubnispflichtigen Waffen zu verhindern oder zu erschweren?
  • Würde der Verfassungsschutz die Anfrage in allen Fällen wahrheitsgemäß beantworten?
  • Wie wehre ich mich gegen die Behauptung, ich verfolge oder unterstütze verfassungsfeindliche Bestrebungen?
  • Was kostet die Durchführung des Gesetzes?

Das sind nur die ersten Gedanken, die Liste läßt sich sehr lang fortsetzen. Unter dem oben genannten Beitrag haben wir unsere rechtspolitischen Bedenken ausgeführt.

Die Stellungnahme von Nico Catalano, stellvertretender Vorsitzender von prolegal e.V finden Sie: hier!

Die Stellungnahme der Bundesregierung zeigt auch deren mangelnde Begeisterung:

Die Bundesregierung unterstützt Maßnahmen, die geeignet und erforderlich sind, dem Waffenbesitz von Personen aus dem extremistischen Spektrum entgegenzuwirken. Im Einzelfall ist die Berücksichtigung von Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden bereits nach aktueller Rechtslage möglich und gemäß Ziffer 5.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz in bestimmten Fällen auch vorgesehen. Ein Verfahren, in dem Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden gemäß der Intention des Gesetzentwurfs künftig in jede Zuverlässigkeitsprüfung einbezogen werden sollen, bedarf zunächst weiterer Prüfung, auch um den mit diesem Verfahren verbundenen Verwaltungsaufwand begrenzt zu halten.
Das Gesetzgebungsvorhaben sollte deshalb aktuell zunächst zurückgestellt werden. Es bleibt den Ländern unbenommen, womöglich in der Praxis bestehende Vollzugsdefizite bei der Durchführung des geltenden Rechts – auch im Hinblick auf Ziffer 5.5 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz – zu beseitigen.
Quelle: Bundestagsdrucksache 18/1582

Den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens können Sie hier verfolgen: Dokumentation BTDrS 18/1582

Nachtrag 15:00 Uhr

Der sogenannte NSU hat die Bundesrepublik über Jahre hinweg unerkannt mit gezielten feigen Mordanschlägen terrorisiert.
Quelle: Innenminister NW Boris Pistorius, Protokoll Bundesrat 921. Sitzung Seite 88B

Spekuliert da jemand mit unserem schlechten Gedächtnis? Wir haben ja gerade die Straftaten aufgrund des Versagens der Verfassungsschutz- und Strafverfolgungsbehörden nicht wahrgenommen, so daß von Terror nicht einmal im Ansatz gesprochen werden darf.

  1. [1]Der alte Antrag fiel der Diskontinuität anheim