So wird aus einem Wehrdienstleistenden ein Verbrecher

Bild einer Patrone

Man nehme einen Wehrdienstleistenden, der vor 10 Jahren eine Patrone widerrechtlich in Besitz genommen hat. Die Tat ist verjährt. Nicht jedoch der Besitz der Patrone.

Das Waffengesetz ist nicht anwendbar, die Strafvorschrift wird dem Kriegswaffenkontrollgesetz entnommen. Es ist ein Verbrechenstatbestand mit Freiheitsstafe von einem bis zu fünf Jahren; in minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das Waffengesetz würde einen Strafrahmen bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsehen; jedoch als Vergehen, nicht Verbrechen.

Einzelheiten zu dieser „Merkwürdigkeit“ finden Sie auf unserem Spezialangebot „Deutsches Waffenrecht„.

Kriegswaffenkontrollgesetz und gefährliche Souvenire

Genau genommen heißt das KWKG – Kriegswaffenkontrollgesetz

„Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes (Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen)“ und in der Kommentierung heißt es dazu:

Daher bestimmt sich sein Schutzzweck in erster Linie auch nach dessen Ziel und dient somit der Verhinderung von Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere einen Angriffskrieg vorzubereiten, vereinfacht gesagt: Der Friedenssicherung.

Sofort denkt man an Atombomben, Chemiewaffen, Biologische Waffen und dergleichen mehr. Auch das ist Gegenstand des Gesetzes.

Woran man nicht denkt: Wir schickten und schicken unsere Kinder zur Bundeswehr und dort haben sie Umgang mit Schußwaffen und lernen schießen. Bei Jägern und Sportschützen heißt eines der bei der NATO verwandten Kaliber: .223 Remington. In der NATO nennt man es 5,56 x 45, es ist das „neue“ Nato-Kaliber. Zum Thema: Kaliberidentische Munition

Und damit fangen die Probleme an. Mit 18 „tickt“ man anders. Es ist schick, trotz der sehr scharfen Bestimmungen der Bundeswehr, sich eine der Patronen als Erinnerung aufzuheben; mancher trägt eine leere Hülse an einer Kette um den Hals.

Die leere Hülse ist unproblematisch. Nicht jedoch die scharfe Patrone aus alten Bundeswehrtagen.

Während der verbotene Erwerb vielleicht schon längst verjährt ist, bleibt der Besitz strafbar; ist ein Dauerdelikt.

Na ja, wird schon nicht so schlimm werden?

Die Patrone unterfällt regelmäßig nicht dem Waffengesetz; das allein würde schon eine beachtliche Sanktion nach sich ziehen.

Sehr wahrscheinlich hat sie nach deutscher Definition einen Hartkern und unterfällt damit dem KWKG. § 22a KWKG sieht für die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren vor, es handelt sich also um ein Verbrechen, nicht „nur“ ein Vergehen. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Ziemlich harter Tobak für die Jungs.

Irgendwie erinnert mich das an die USA, wo die zurückgekehrten Kriegsteilnehmer, wenn sie nicht bereits 21 Jahre alt sind, kein Bier trinken dürfen.

Ich denke, hier besteht Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Die unbedingt notwendige Friedenssicherung bedarf dieser Sanktionen nicht.

Ja, was haben wir denn da?

Der Beitrag wurde ursprünglich am 11.10.2012 auf dem Blog Waffenrecht in Berlin veröffentlicht. Die gestern hier veröffentlichte Entscheidung des VG Stuttgart v. 13.08.2013 ist Anlaß, hier die zuvor von derselben Kammer erlassene Entscheidung erneut vorzustellen:

Das Betretensrecht der Behörde und der damit verbundene Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG, ist seit Jahren Gegenstand heißer Diskussionen. Auf der einen Seite

  • die rechtschaffenen Waffenbesitzer, die sich kriminalisiert fühlen und zu Recht darauf verweisen, daß auch bei einem Schwerkriminellen die Wohnung nicht ohne richterlichen Durchsuchungsebeschluß dursucht werden darf, der voraussetzt, daß bestimmte Tatsachen die Durchsuchung erforderlich machen.
  • auf der anderen Seite die Argumentation, daß Waffen schließlich eminent gefährlich sind und Winnenden die tödliche Gefahr vor Augen geführt hat. Wer nichts zu verbergen habe, könne schließlich auch eine Beschau durch die Behörde erlauben – eine geringe Belästigung im Hinblick auf die Gefahren.

Wer nichts zu verbergen hat? Ist das der Maßstab? Dann brauchen wir das Grundrecht nicht. Wer nichts zu verbergen hat, kann jederzeit die Durchsuchung seiner Wohnung dulden. Der Umkehrschluß zeigt, daß, wer die Durchsuchung nicht zulassen will, etwas zu verbergen hat.

Die Rechtsprechung versucht mittlerweile mit der sperrigen (schlampigen) Norm umzugehen:

Waffengesetz
§ 36 Aufbewahrung von Waffen oder Munition
(1) Wer Waffen oder Munition besitzt, hat die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhanden kommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Schusswaffen dürfen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis erfolgt, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) 1) oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen Mitgliedstaates des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Mitgliedstaat) entspricht.
(2) Schusswaffen, deren Erwerb nicht von der Erlaubnispflicht freigestellt ist, und verbotene Waffen sind mindestens in einem der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) entsprechenden oder gleichwertigen Behältnis aufzubewahren; als gleichwertig gilt insbesondere ein Behältnis der Sicherheitsstufe B nach VDMA 2) 3) 24992 (Stand Mai 1995). Für bis zu zehn Langwaffen gilt die sichere Aufbewahrung auch in einem Behältnis als gewährleistet, das der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995) oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen EWR-Mitgliedstaates entspricht. Vergleichbar gesicherte Räume sind als gleichwertig anzusehen.
(3) Wer erlaubnispflichtige Schusswaffen, Munition oder verbotene Waffen besitzt oder die Erteilung einer Erlaubnis zum Besitz beantragt hat, hat der zuständigen Behörde die zur sicheren Aufbewahrung getroffenen oder vorgesehenen Maßnahmen nachzuweisen. Besitzer von erlaubnispflichtigen Schusswaffen, Munition oder verbotenen Waffen haben außerdem der Behörde zur Überprüfung der Pflichten aus den Absätzen 1 und 2 Zutritt zu den Räumen zu gestatten, in denen die Waffen und die Munition aufbewahrt werden. Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit betreten werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

Diese Vorschrift hat wohl mehr Ärger eingebracht als Vorteile. Man streitet über die Gebühren für die behördliche Nachschau, im Extremfall einer Behörde 320 €, die der rechtschaffene Besitzer zu tragen hat, und dergleichen mehr.

Manche lesen aber in den oben zitierten § etwas hinein, was dort definitiv nicht zu entnehmen ist:

Nimmt die Waffenbehörde im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle neben der Kontrolle der Aufbewahrungsverhältnisse zugleich einen Abgleich der im Waffenschrank vorgefundenen mit den auf den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen vor, werden die der Waffenbehörde von § 36 Abs. 3 Satz 2 WaffG (juris: WaffG 2002) gesetzlich eingeräumten Kontrollbefugnisse nicht überschritten.(Rn.73)
Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart v. 06.12.2011 – 5 K 4898/10

Absätze 1 und 2 regeln die Aufbewahrungspflichten, zu deren Überprüfung die Behörden Nachschau halten dürfen. Die Kontrolle der Waffen ist gesetzlich definitiv nicht vorgesehen. Aber die Begründung des Urteils in den Randziffern 73ff ist beeindruckend. Ich halte das für Sophismus. Aber ich muß neidvoll zugeben: Handwerklich excellent!

Bild einer Karrikatur

Gier macht blind – Mindestgebühr von 210 € für verdachtsunabhängige Vor-Ort-Waffenkontrolle rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat am 13.08.2013 -5 K 2177/12 – entschieden, daß diese Gebühr zu hoch ist. Man war sich wohl seiner Sache zu sicher, nachdem dasselbe Gericht bereits in zwei Entscheidungen die Rechtmäßigkeit der Erhebung einer Gebühr für derartige Kontrollen bestätigte. Damals waren es 50 € bzw. 46,67 €

Eine der Entscheidungen kommentierten wir: Ja, was haben wir denn da?

Allerdings, damals hatten die Kläger die Höhe der Gebühren nicht beanstandet!

Nun erachtet das Verwaltungsgericht den von der Stadt Stuttgart in ihrer Verwaltungsgebührensatzung enthaltenen Gebührenrahmen im Hinblick auf die angesetzte Mindestgebühr in Höhe von 210 EUR für rechtswidrig.

Was war passiert?

Der Kläger ist Jäger und Waffenbesitzer. In seiner Waffenbesitzkarte sind eine Lang- und eine Kurzwaffe eingetragen. Im Januar 2012 hatten Mitarbeiter der Stadt Stuttgart bei ihm vor Ort eine verdachtsunabhängige Waffenkontrolle nach § 36 Abs. 3 des Waffengesetzes durchgeführt. Die Kontrolle hatte zu keiner Beanstandung geführt. Für die Kontrolle setzte die Stadt gegen den Kläger – bei einem Gebührenrahmen von 210 EUR bis 420 EUR – eine Gebühr in Höhe von 210 EUR fest. Nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens hat der Kläger gegen den Bescheid im Juli 2012 Klage erhoben.

Er macht gegen die Gebühr im Wesentlichen geltend, dass es sich bei der Kontrolle nicht um einen gebührenpflichtigen Verwaltungsvorgang handele. Er habe die Überprüfung nicht veranlasst und diese liege auch nicht in seinem Interesse. Die Gebühr sei zudem zu hoch festgesetzt. Eine zwischen fünf und zehn Minuten dauernde Überprüfung der sicheren Unterbringung seiner zwei Waffen und der Munition rechtfertige eine derart hohe Gebühr nicht. Die Stadt macht dagegen geltend, dass die Rechtmäßigkeit der Gebührenerhebung für verdachtsunabhängige waffenrechtliche Vor-Ort-Kontrollen vom Gericht bereits bejaht worden sei. Der festgesetzte Gebührenrahmen von 210 EUR bis 420 EUR sei angesichts des mit der Kontrolle verbundenen Verwaltungs- und Personalaufwands angemessen und kostendeckend kalkuliert.
Quelle: Pressemitteilung VG Stuttgart v. 06.08.2013 (Bericht über die für den 13.08.2013 anstehende mündliche Verhandlung)

Die Entscheidung ist politisch interessant. Hätte die Behörde die Kosten durch interne Kalkulationen belegen können, wäre die Entscheidung wohl anders ausgefallen. Die Urteilsgründe werden interessant sein – sind aber noch nicht veröffentlicht.

Die Festsetzung des Gebührenrahmens war demgemäß entgegen dem Gesetz nicht durch die entstehenden Kosten bestimmt, sondern beruhte auf anderen – welchen? – Gründen. Gier oder der politische Wille, den Waffenbesitzer durch überhöhte Gebühren zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisse zu veranlassen?

Ach ja, pure Dummheit ist auch noch eine mögliche Variante.

Welche Positionen haben die Bundestagsparteien zum Waffenrecht?

1,4 Millionen Wähler in Deutschland sind legale Waffenbesitzer und besitzen knapp 5,5 Millionen Waffen.

Der Deutsche Jagdverband hat die Positionen der Parteien grafisch aufbereitet. Grün sind die Positionen markiert, die mit dem Standpunkt des Verbandes übereinstimmen. Ein Klick auf das Bild und Sie sehen die Grafik viel größer.

 

Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2013

Ausführliche Informationen finden Sie mit einem Klick: